Untersuchungen haben ergeben, dass die Landwirtschaft hinter Verkehr, Industrie und Haushalten an vierter Stelle als Verursacherin von Treibhausgasen liegt, welche das Klima verändern. Die Landwirtschaft ist direkt vom Klima abhängig – und dass sich dieses verändert hat, wurde in vielen Bereichen festgestellt. In Graubünden möchte man etwas zum Schutz des Klimas beitragen. Der Kanton strebt in der klimaneutralen Landwirtschaft eine Vorreiterrolle an und hat deshalb das Projekt «Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden» lanciert. Während einer fünfjährigen Pilotphase mit 50 Betrieben soll herausgefunden werden, welche Methoden praxistauglich sind und am meisten Erfolg versprechen.

Start im Jahr 2021

Während eines Jahres wurden Vorabklärungen gemacht. Mitte Oktober dann konnte das Projekt «Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden» den Medien vorgestellt werden und zwar in der Kuhvilla von Simone und Martin Bläsi auf der Lenzerheide. Innerhalb dieses Projekts werden 50 Landwirt-schaftsbetriebe gesucht, welche bereit sind, verschiedene Massnahmen zugunsten einer klimafreundlichen Landwirtschaft zu testen und auszuwerten. Zur Projektgruppe gehören das Bündner Amt für Landwirtschaft und Geoinformation, der Bündner Bauernverband, Bio Grischun, das Beratungsunternehmen Flury & Giuliani, der Maschinenring Graubünden, der Plantahof sowie die Landwirte Martin Bläsi und Marcel Heinrich aus Filisur.

 

In Kreisläufen arbeiten

Landwirt und Gastgeber Martin Bläsi stellte an der Medienorientierung seine Betriebs philosophie und seinen Betrieb vor. Sein Ziel ist es, möglichst eigenständig zu sein und mit Kreisläufen zu arbeiten. So züchtet er schon seit Jahren Milchkühe der Rasse Kiwi-Cross-Friesian, welche auf seinen Betrieb passen. Es sind Kühe, die möglichst wenig Energie für sich selbst verbrauchen und mit betriebseigenem Futter möglichst gute Leistungen erbringen. So verfüttert Bläsi so wenig wie möglich konserviertes Futter. Das heisst, er beginnt schon früh im Frühling mit der Weide, füttert wenig oder gar kein Futter aus dem Ackerbau und versucht mit Futterzusätzen den Methanausstoss zu senken. Schon lange arbeitet Bläsi mit Pflanzenkohle, indem er sie verfüttert, einstreut oder der Gülle zusetzt. Damit gelingt es ihm, die Ammoniakemissionen zu senken. Auch beim Energieverbrauch hat Bläsi Schwerpunkte gesetzt. So setzt er auf saisonale Abkalbung, denn damit kann er die Kühe gleichzeitig trocken stellen. Während der Galtphase von zwei Monaten braucht er keine Energie fürs Melken. Dank der Vollweide braucht er für seine Tiere weniger konserviertes Futter. In Haus und Stall wird LED-Beleuchtung mit Ionisierung eingesetzt. Bläsi berechnet, tüftelt, probiert seit vielen Jahren viel aus, versucht alles zu optimieren und ist auf dem Weg, seine gesetzten Visionen und Ziele zu erreichen.

 

Ausstoss vermeiden

Berechnungen haben ergeben, dass die Bündner Landwirtschaft rund 270 000 Tonnen CO2- Äquivalent pro Jahr produziert: Aus der Tierhaltung sind dies Methan und Lachgas. Die eingesetzte Energie verursacht den Ausstoss von Kohlendioxid und aus landwirtschaftlichen Böden entweicht Lachgas. Um klimaneutral zu werden, müsste der Ausstoss dieser Schadstoffe vermieden, reduziert oder kompensiert werden.

Im Projekt klimafreundliche Landwirtschaft werden die Bereiche Tierhaltung, Pflanzenbau, Energieproduktion und Energieverbrauch aufgelistet und in verschiedene Module eingeteilt. Die Pilotbetriebe sollen aufgrund ihres Betriebes Massnahmen auswählen können, welche sie durchführen möchten. Sie haben aber auch die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen und umzusetzen. Ziel ist es, Zusammenhänge zwischen Landwirtschaft und Klima zu verstehen, nach eigenen, praxistauglichen Lösungen zu suchen, politische und gesellschaftliche Trends zu nutzen. Die Teilnahme soll freiwillig sein, die Landwirtschaft soll Teil der Lösung der Klimaprobleme werden. Angestrebt wird ein Paradigmenwechsel im Förderansatz.

Das Projekt «Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden» ist schweizweit das erste Projekt, in welchem sich mehrere landwirtschaftliche Organisationen mit finanzieller Unterstützung des Kantons den Herausforderungen des Klimawandels stellen. Das hielt Daniel Buschauer, der Leiter des Bündner Amts für Landwirtschaft, in seinen Ausführungen vor den Medien fest.

Ergebnisse auswerten

Nach der Pilotphase, welche von 2021 bis 2025 dauern wird, folgt die Expansionsphase. Diese dauert von 2026 bis 2030. In der Pilotphase werden Wirkungen und Effekte der umgesetzten Massnahmen abgeleitet sowie Möglichkeiten des Wissenstransfers auf den ganzen Kanton. Ausserdem sollen nach der Pilotphase der Massnahmenkatalog angepasst und marktwirtschaftliche Entschädigungsmechanismen entwickelt werden. Es sollen Fördermodelle und Strukturen zur Weiterentwicklung der Bündner Landwirtschaft im Bereich Klima erarbeitet werden. Der Kanton Graubünden finanziert das Projekt für eine klimaneutrale Landwirtschaft mit 6,4 Millionen Franken. Zwei Drittel der finanziellen Mittel kommen direkt den beteiligten Betrieben zugute. Ein Fünftel der Mittel wird für die Ausbildung der Betriebe aufgewendet.