Klimawandel, Arbeitskräftemangel und der Wolf - die Berglandwirtschaft steht vor grossen Herausforderungen. «Jährlich geht die Anzahl Sömmerungsbetriebe um zwei Prozent zurück, wachsen hunderte Hektaren Futterflächen ein», schreibt die Naturschutzorganisation Pro Natura in einer Medienmiteilung.

Betriebsaufgaben, gleichzeitig Intensivierung

Vor allem Schafalpen mit weniger als 50 Tieren würden eingehen, weil sie zu abgelegen sind, die Infrastruktur ungenügend ist, sich keine Betriebsnachfolge findet oder Hilfskräfte und Finanzen für den Herdenschutz fehlen. «Gleichzeitig wird die Nutzung auf grösseren Betrieben intensiviert. So hat die Anzahl gesömmerter Schafe trotz Rückgangs der Betriebe in den letzten Jahren kaum abgenommen», hält Pro Natura fest. 

Bessere Informationsgrundlagen gefordert

Für Rinderalpen, die wegen Wassermangels aufgegeben werden, sieht die Naturschutz-Organisation neues Potenzial: «Solche Alpen würden sich teilweise für die Beweidung durch Schafe eignen, mit guten Voraussetzungen für Herdenschutz», wird Sara Wehrli, Pro Natura-Expertin für grosse Beutegreifer zitiert.

Sowohl Alpaufgaben als auch Intensivierung verschärften die Biodiversitätskrise: «Während aus Naturschutzsicht wertvolle Flächen auf Schafweiden trotz Sömmerungsbeiträgen verlorengehen, führt auf Rinderalpen der Einsatz von Hochleistungsrassen mit Zufütterung von Kraftfutter zu Überdüngung, der Ausbau von Zufahrtsstrassen schädigt Lebensräume und Artenvielfalt», hält Pro Natura-Agrarexperte Marcel Liner fest.

Aufgrund mangelhafter Datenlage bei Bund und Kantonen sei zudem nicht bekannt, wie gut Weideverbote in Gebieten mit empfindlichen Pflanzen umgesetzt würden. Die Kantone müssten daher unbedingt bessere Informationsgrundlagen schaffen.

«Ernsthafte Diskussion»

Pro Natura würde es begrüssen, «wenn sich Nutztierhaltende, Bund, Kantone und Umweltverbände zu einer ernsthaften Diskussion über die Sömmerungspraxis zusammensetzen würden». Ziel sollte es sein, prioritär zu erhaltende Alpen festzulegen und die Alpwirtschaft dort finanziell zu fördern, wo klare Vorgaben des Arten-, Biotop- oder Landschaftsschutzes festgelegt wurden. Beweidung mit Schafen habe beispielsweise nicht überall einen positiven Einfluss auf die Biodiversität - zum Beispiel oberhalb der Baumgrenze. Dort würden weidende Wildtiere durch Nutztiere verdrängt oder mit Krankheiten angesteckt.

Nur auf sinnvollen Flächen

Für Pro Natura ist deshalb klar: In Zukunft müsse die Sömmerungspraxis ganzheitlicher angeschaut werden. «Die Aufgabe einzelner Alpbetriebe darf kein Tabu sein.» Dafür könnte der Bund die Tierhaltenden bei der Erstellung einzelbetrieblicher Schutzkonzepte finanziell unterstützen.