2020 trat im Kanton St. Gallen die neue Verordnung über die selbstständigen Anteilsrechte und das Alpbuch in Kraft, wodurch es auch Anpassungen im elektronischen Grundbuch gab. Die Grundbuchämter in den Gemeinden wurden verpflichtet, die Alpbücher zu bereinigen, die Grundstücknummern zu erfassen und die Anteilsrechte festzuhalten, wo das nicht bereits gemacht wurde.
Alle Rechnungen an eine Adresse
Dies hatte zur Folge, dass die Gebäudeversicherung (GVA) die Rechnungen der Alpgebäude nicht mehr einzeln, sondern sämtliche Rechnungen einer Alpkorporation an den jeweiligen Präsidenten schickte. Diese Praxisänderung war vor eineinhalb Jahren der Auslöser des öffentlichen Streits über die Eigentumsverhältnisse von Alpgebäuden im Toggenburg.
Nun bot die GVA Hand für eine Lösung, damit die Rechnungen wieder direkt den einzelnen Gebäudebesitzern geschickt werden. Dafür ist eine Vollmachtunterzeichnung der Alpkommission nötig. Das Treffen zwischen den Alpkorporationspräsidenten und der GVA fand am 1. Mai 2023 statt. Elias Tschümmy, Präsident der Alpkorporation Sellamatt, spricht von einem guten Anlass. «Der Direktor der GVA sowie Leute vom Rechtsdienst und vom Kundendienst waren dabei und haben unsere Fragen beantwortet.» Tschümmy hat die Erklärung im Namen seiner Korporation unterschrieben. Der Entscheid dazu fiel an der Hauptversammlung im März einstimmig, erzählt er.
Die meisten Alpkorporationen haben unterschrieben
Elias Tschümmy begrüsst, dass die GVA den Alpkorporationen mit einer Sonderlösung entgegenkam. «Dass wir letztes Jahr alle Rechnungen selber verteilen mussten, war ein riesiger bürokratischer Aufwand.» Die Alpkorporation Sellamatt ist die grösste im Obertoggenburg. Die Korporation zählt 120 Alpgenossen. 80 Alpgebäude gibt es auf der 760 ha grossen Alp, auf der um die 1100 Stück Vieh gesömmert werden.
Die meisten Alpkorporationen hätten die Vollmachtserklärung unterzeichnet, berichtet Tschümmy. Eine, die es nicht tat, ist die Alpkorporation Flis. An der HV im März wurde argumentiert, mit der Unterzeichnung gebe man zu, nicht mehr Eigentümer der Gebäude zu sein, weil in der Vollmachterklärung von Alpgebäudenutzern und nicht -besitzern die Rede ist. Tschümmy sagt dazu: «Für uns stimmt die Lösung mit der GVA. Aus meiner Sicht ist das eine Sache zwischen den Gebäudebesitzern und der GVA und hat nichts mit dem Grundbuch zu tun.»
«Aufruhr war nötig»
Zum ganzen Streit um die Eigentumsverhältnisse, der medial hohe Wellen geworfen hatte, sagt Elias Tschümmy: «Es brauchte schon etwas, damit der Kanton St. Gallen sich bewegte.» Sicher seien auf den Grundbuchämtern auch Fehler passiert. Mit den vom Kanton präsentierten Lösungsvorschlägen und Musterverträgen sowie der Übergangsfrist zur Überarbeitung der Alpstatuten habe man einen Konsens finden können, findet er. «Bei uns stand bereits in den Statuten, dass kein Baurecht erteilt wird», erklärt er und weiter:
«Wir wissen ja, wer die Schöpfe gebaut und das Geld in die Hand genommen hat. Wir können das auch weiterhin selber regeln.»
Elias Tschümmy, Präsident Alpkorporation Sellamatt
Tschümmy ist der Meinung, dass sich die Alpkorporationen mit der Situation arrangieren könnten, wenn sie es wollten. «Das Zivilgesetzbuch wird man wegen unseren Alpen nicht ändern.» Mit den eigenen Reglementen und Statuten würden die Korporationen besser fahren, ist er überzeugt. Natürlich gebe es Einzelne, die mit der Situation nicht zufrieden seien. Aber im Grossen und Ganzen habe sich die Stimmung wieder beruhigt.
Kommentar: Es gibt sie doch, die Moderaten
In der Berichterstattung über das Debakel bei den Alp-gebäuden im Toggenburg kamen bisher vor allem die Kritiker zu Wort. Am Anfang sicher berechtigterweise. Das finden auch jene Alpkorporationen, die sich kaum zum Streit über die Eigentumsverhältnisse von Alpgebäuden äusserten und sich in der öffentlichen Diskussion zurückhielten.[IMG 2]
Ihre Sicht der Dinge ist aber genauso wichtig und verdient genauso Gehör. Nur so ist es für Aussenstehende möglich, ein Gesamtbild von der allgemeinen Stimmung zu erhalten. Und diese hat sich anscheinend im Grossen und Ganzen wieder beruhigt. Das sagt Elias Tschümmy, Präsident der Alpkorporation Sellamatt, der grössten Alpkorporation im Toggenburg. Es wird immer zwei Sichtweisen geben und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.
Der Kanton St. Gallen hat aus seinen Fehlern gelernt und mehr als nur einen Schritt auf die Alpkorporationen zugemacht. Das darf an dieser Stelle auch mal gesagt werden. Es liegt nun an den Alpkorporationen respektive deren Mitglieder, zu entscheiden, wie sie in Zukunft mit dem Eigentum an Alpgebäuden umgehen wollen. Dieser Entscheid fällt an der Alpkorporationsversammlung. Mehr Demokratie geht nicht. s.giger@bauernzeitung.ch

