Nirgends dem Himmel so nah, nirgends der Stadt so fern und trotzdem immer wieder Zeichen setzend in der Geschichte des Kantons Zürich: Das ist Sternenberg. Bis 2014 die höchstgelegene Gemeinde des Kantons, seither Teil der Gemeinde Bauma. Diese Fusion hat ein Buchprojekt ausgelöst. Neben dem historischen Teil von Markus Brühlmeier umfasst dieses aktuelle Porträts von Ursula Eichenberger und Fotos von Tom Kawara,

Immer etwas Eigenes

Das Buch ist genauso einzigartig wie das Gebiet im Tössbergland, am östlichen Rand des Kantons. Auf der offiziellen Website der Gemeinde Bauma ist auch heute, im April 2020, sechs Jahre nach der Fusion, nur das alte Gebiet der Gemeinde Bauma dargestellt. Sternenberg ist zumindest kartenmässig noch nicht integriert. Vermutlich kein Zufall. Sternenberg war immer etwas Eigenes, und wird das wohl auch bleiben. Mittenhinein in diesen Ort und seine Geschichte versetzt das Buch «Sternenberg». In den lebendigen historischen Geschichten wird nicht nur dieser etwas spezielle Ort im Zürcher Tössbergland erlebbar, sondern damit verbunden die Geschichte der Landwirtschaft seit etwa 1700.

Die Kirche steht im Dorf

Über die Geschichte Sternenbergs schreibt Markus Brühlmeier spannend und eingängig. Auf jeden Fall nicht im Stil eines trockenen Geschichtsbuches, sondern eher eines süffigen Krimis. Warum erhielten die «Bergleute» kurz nach 1700 eine eigene Kirche? Nicht zuletzt, weil sie aus Protest gegen den weiten Weg in die nächstgelegene Kirche nach Wila vielfach nach Ost ins Tal abstiegen, nach Fischingen, in den Hinterthurgau, und dort im Kloster den katholischen Gottesdienst besuchten. Für den Grossen Rat in Zürich ein unhaltbarer Zustand. Und so erhielten die Sternenberger die lange geforderte Kirche.

Die landwirtschaftliche Entwicklung miterleben

In seinen Texten greift Brühlmeier einzelne Ausschnitte aus der rund 300-jährigen Geschichte auf – und schreibt damit nebenbei auch eine spannende Geschichte der Landwirtschaft im Tössbergland, die natürlich ähnlich auch für das Toggenburg oder das Appenzell gilt. Sein Blick ins alltägliche Leben der «Bergleute» im 18. Jahrhundert, sein Text zur Verbindung von Landwirtschaft mit Heimarbeit, oder seine Schilderungen der Sternenberger als innovative Landwirte, die zum Beispiel ihrer Zeit weit voraus bereits Kartoffeln gegen den Hunger pflanzten, vermitteln das Gefühl, hautnah an dieser Entwicklung teilzuhaben. Eine Entwicklung, bei der Sternenberg auch heute wieder teilweise Zeichen setzt für die Zukunft.

Berührende Bilder

Während der historische Teil mit ebensolchen Bildern dokumentiert ist, bilden Fotos des Zürcher Fotografen Tom Kawara einen eigenständigen Teil des Buches. Sie berühren durch die Direktheit. Es bleibt keine Distanz. Die Betrachtenden werden ins Bild hineingesogen werden. Sie sind mittendrin, ob das nun im Sternschnuppenregen sei, den Kawara über Sternenberg eingefangen hat, bei der Aufführung des Laientheaters, in der Schule oder der Gemeindeversammlung, im Wald oder an der Schnittstelle zwischen Himmel und Erde. Und natürlich ist da auch diese frappierende Nähe zu den porträtierten Menschen auf dem Sternenberg oder zu deren Tieren.

Teil eines Ganzen

Die Texte zu diesen Porträts hat Ursula Eichenberger geschrieben. Auch diese Texte bilden einen eigenständigen Teil des Buches, und sind doch Teil des Gesamtwerkes. Erneut ist die Landwirtschaft ein zentrales Thema. Landwirtschaft an der Schnittstelle zwischen Markt, Landschaftsschutz und Innovation. Wie bei Brühlmeier und den Bildern von Kawara geht es beim Lesen von Eichenbergers Texten direkt hinein in das Leben auf dem Berg. Man wird zum Teil dieser «Bergleute», der Bauernfamilie, der Holzarbeiter, der Viehschau oder, wenn man mit der Autorin eintaucht in das Herz der Gegend, der «Sterne».