Vor knapp zwei Monaten fiel der Entscheid: Die Agrimesse 2021, die vom 4. bis 7. März geplant war, findet nicht statt. Wir haben Messeleiter Christoph Studer gefragt, wie dieser Beschluss reifte und ob er durch Corona die Zukunft der Messen gefährdet sieht.
Wann haben Sie beschlossen, die Ausgabe 2021 der Agrimesse abzusagen?
Christoph Studer: Grundsätzlich haben wir versucht, den Entscheid möglichst lange offen zu lassen. Aber im Verlauf des Novembers haben wir gesehen, dass auch wir wieder betroffen sein könnten, deshalb haben wir kurz vor Ende 2020 die Absage beschlossen, auch um für die Aussteller Klarheit zu schaffen.
War auch eine Verschiebung auf einen späteren Zeitpunkt im Jahr ein Thema?
Ja, das haben wir auch in Betracht gezogen, aber Ende Februar, Anfang März ist der ideale Zeitpunkt für die Messe. Wir haben überlegt, einen Monat zu schieben, was an der Unsicherheit nichts geändert hätte. Eine Durchführung im Sommer kam nicht in Frage aufgrund der Arbeitsbelastung der Besucher, Herbst wurde ebenfalls verworfen, weil wir den bisherigen Rhythmus beibehalten wollen.
Haben Sie Formate wie eine Online-Agrimesse geprüft?
Auch das war ein Thema, wir beschäftigten uns ja schon länger mit dem Einfluss der Digitalisierung auf Landwirtschaft und Messewesen. Aber eine Online-Veranstaltung könnte diese Messe niemals ersetzen. Zudem wären umfangreiche Investitionen nötig, um das gut zu machen.
Die Agrimesse 2020 wurde nach eineinhalb Tagen geschlossen. Nun liegen eineinhalb Absagen hinter Ihnen, was bedeutet das für die Messe finanziell?
Die finanzielle Frage wurde 2020 schnell zum Thema. Glücklicherweise hatten wir eine Versicherung und wir haben auch noch etwas dazu beigetragen, so dass wir den Ausstellern die vollen Kosten für die verbliebenen 60 Prozent Ausstellungszeit zurückerstatten konnten.
Und wie gross sind die Kosten für die Ausgabe 2021?
Wir und unsere Aussteller haben jetzt dank der rechtzeitigen Absage deutlich weniger Ausgaben, als wenn wir angefangen hätten, im Messeareal Infrastruktur zu stellen und dann hätten abbrechen müssen.
«Es gibt keinen digitalen Ersatz für die Qualität des Austausches an Messen.»
Wie beurteilen Sie die wirtschaftliche Lage Ihrer Aussteller nach einem Jahr Covid?
Da masse ich mir natürlich kein Urteil an. Aber was man hört, war die Landwirtschaft glücklicherweise weniger betroffen, als andere Branchen. Es gibt sicher Einzelfälle, die es schlimm trifft, aber im grossen Ganzen können wir zufrieden sein, wie es in der Landwirtschaft gelaufen ist. Ich gönne es allen in der Branche, dass die Leute in dieser schwierigen Zeit festgestellt haben, was die Bauern für die Gesellschaft leisten. Das freut mich sehr.
Wie geht es dem Messeplatz Thun in dieser schwierigen Zeit?
Es ist für sie natürlich nicht einfach. Seit letztem März hat eigentlich nichts mehr stattgefunden auf dem Gelände. Aber dank der gesunden Struktur und der Liquidität besteht im Moment noch keine Gefahr für die Existenz des Messeplatzes.
Glauben Sie trotz der vielen Absagen noch an die Zukunft des Messewesens, so wie es heute betrieben wird?
Sicher, daran glaube ich sehr stark. Es gibt keinen digitalen Ersatz für die Qualität der direkten Begegnungen und des Austausches am Treffpunkt Messe. Wir hoffen, dass das nach dem Ende der Corona-Krise umso mehr wieder stattfinden wird. In diesem Optimismus bestärken uns auch die Reaktionen von Ausstellern und Besuchern.