Ich habe es getan – ich habe mich endlich wieder einmal in einer ansprechend grossen Menschenmenge bewegt – was für ein Wahnsinnsgefühl! Wieder einmal habe ich Bratwurstduft eingesogen, für den ich nicht selbst in der eigenen Küche verantwortlich war. Wieder einmal durfte ich andere Leute sehen, beobachten, mit ihnen herzhaft lachen und ausgiebig «dorfe».

Die lächelnden Gesichter zu sehen, ist wunderbar

Ausnahmsweise haben mich nicht einmal die Warteschlangen vor den Verpflegungsständen und den Toiletten gestört. Endlich konnte ich wieder echtes, schönes Lächeln auf Gesichtern sehen und nicht nur aufgrund der Augenstellung erahnen. Ich spürte endlich auch in der Menge wieder Wärme und Nähe. Und das fühlte sich gut an – sehr gut sogar! Ich durfte wieder Hände schütteln – und das Schönste war, wirklich niemand machte mindestens einen Schritt rückwärts oder einen grossen Bogen um mich, kaum stand ich gefühlte fünf Meter in der Nähe. Denn das nehme ich inzwischen wirklich persönlich. Wenn diese extremen «bleibe mir ja vom Leib»-Reaktionen allzu offensichtlich sind, werfe ich manchmal im Vorbeigehen verstohlen einen kurzen Kontrollblick in einen Spiegel, weil ich Teufelshörner oder eine grosse Warzennase in meinem Gesicht vermute. Oder ich strecke meine Nase unauffällig in die Nähe meiner Achsel-höhlen, um eine peinliche Duftnote auszuschliessen.

Nähe und Wärme zuzulassen haben wir nicht verlernt

Menschen brauchen andere Menschen – diese vielen zufriedenen Gesichter zu sehen, hat es mir bestätigt. Auch bei mir ist das so, wahrscheinlich bin ich ein Herdentier – aber mich interessieren auch Geschichten von anderen Menschen. Sie können so überraschend oder eben wohltuend anders sein. Und manchmal öffnen solche spontanen Gespräche auch bei eigenen Baustellen ganz plötzlich neue Perspektiven. Dieser Sonntag gibt mir die Gewissheit, dass wir die Nähe, die Wärme, das Spontane und den Austausch noch nicht verlernt haben. Ich hoffe inständig, dass wir dies alles bald wieder ausgiebig und uneingeschränkt leben können. Und ich wünsche mir aus tiefstem Herzen, dass das unpersönliche Kopfnicken bald wieder einem warmen Händedruck Platz machen wird, der begleitet ist von einem strahlenden Lächeln mit Augenkontakt. Diese schöne Gewohnheit dürfen wir niemals aufgeben!

Der Blick wanderte nicht nur auf den Sägemehlring

Sie haben richtig erraten. Ich war am Kantonalen Schwingfest in Aarberg. Ich habe diese Stimmung schon immer geliebt, aber dieses Mal habe ich die Atmosphäre mit all meinen Sinnen aufgesogen! Natürlich war der Sieg von Wenger Kilu noch das berühmte Sahnehäubchen dieses Tages. Einfach hammermässig! Als Oberländerin fühle ich mich Kilu natürlich sehr verbunden, «das isch haut echli üse», auch wenn wir einander – zugegeben – nicht persönlich kennen. Nun ja, ich hätte tatsächlich auch gut mit Stucki Chrigu als neuen Besitzer des Prachtmunis leben können. «Wiu das isch eifach one Gmögige» – auch wenn er aus dem Seeland stammt. Aber nun will ich noch ganz ehrlich sein und ich bin mir sicher, die beiden werden es mir verzeihen. An diesem Sonntag habe ich das Treiben in der Menschenmenge mindestens so häufig beobachtet, wie das Treiben im Sägemehl – einfach, weil es so schön war!