Meine Brüder und ich sind im Alter, wo wir gerne über früher reden. Einer von ihnen erzählte, was er mit seinem Sohn alles einkaufte für das 1. August-Happening mit den Enkelkindern. Wir Alten fanden die Menge und die Eigenschaften der Raketensortimente (Kugel-, Heul- und Knallraketen), der Knallbomben Double Bang und Triple Bang sowie Knatterbällen, der Böller, Bombetten und mehrfarbigen Fontänen übertrieben. Zudem scheint es, die Lärmobjekte – mit dem Nebeneffekt von herrlich funkelnden Sternenbouquets – sind vor allem für Leute, die Englisch verstehen. Eigenschaften werden beschrieben mit «magic, thunder King», flashing oder  big thunder», «starry night» und «crazy chicken». Knallerbsen sind offensichtlich schweizerisch; sie werden als Knalltüfeli bezeichnet. 

Politische Korrektheit

Mein ältester Bruder meinte, er sei jeweils eifersüchtig gewesen auf einen Schulkameraden von «z Franze Wisis Sepp», der um den 1. August herum seine Hosentaschen stets voller Frauenfürze hatte. Ui, gebiete ich Einhalt, ist es heute politisch noch korrekt, Frauenfürze zu sagen? Sollten wir die Knalldinger in Männerfürze umtaufen? Einer meiner Brüder schlägt als Lösung «Genderfürze» vor. Zudem sagt er, heute würden Frauenfürze eh als «Lady Cracker» bezeichnet. Ach so, und ich glaubte immer, Cracker seien zum Essen … Wir waren so richtig in Fahrt mit unserem Rückblick auf den 1. August vor Jahrzehnten droben im Bergbauerndorf.

Mit wenig zufrieden

Wenn ich denke, erinnerte ich mich, dass wir zufrieden waren mit bengalischen Zündhölzern in drei Farben. Die Eltern wiesen uns an, ein Kind nach dem anderen solle ein Zündholz nehmen, das der Vater entfachte. Welche Glückseligkeit, so ein brennendes Stäbchen Holz rund 15 Sekunden zu drehen, das erst noch in Rot oder Grün strahlte. Weil jeweils nur ein Zündholz brannte und das nächste erst aus dem Schächtelchen genommen werden durfte, wenn das vorhergehende verbrannt war, dauerte die Freude recht lange. Wir hatten Zeit. Zum Abschluss setzte Vater ein «Zigerstöckli», wie wir Vulkane damals nannten, auf einen Holzpfosten. Wir Kinder total verklärt und voller Fragen: Wie können aus dieser Verhüllung Sterne spicken? Wie sind diese dort drin angeordnet? Es war für uns eine Erfahrung wie das Radio, wenn wir die Eltern fragten, wo denn der Mann sei, der aus dem mit von Hand gewebten Lautsprecherstoff überzogenen Loch sprach. Einer unserer Cousins glaubte wohl nicht, was ihm seine Eltern erzählten, und schnitt eines Tages ein so grosses Loch in den Stoff, damit er seine Bubenhand hineinstecken und hinter die Kulissen fühlen konnte.

Becher mit Schweizerkreuz

Zurück zum 1. August. Es gab Jahre – ich nehme an, wenn meine Eltern einen oder zwei Franken mehr aufwenden konnten – dann schlug Vater noch eine kleine Sonne an den Holzpfosten, die sich zu unserer Freude drehte und Sterne in die Nacht hinaus warf. Übrigens habe ich gesehen, dass es diese Sonnen noch gibt. Heutzutage werden sie Riesenfeuerwerksonnen genannt, kosten pro Stück 49 Franken und brennen rund 45 Sekunden. Wohl etwa doppelt so lange wie unsere damals. Was wir allerdings besassen, waren rote Plastikleuchtbecher mit dem Schweizer Kreuz. Und wieder die Frage: Ist das heute noch erlaubt? Becher aus Plastik? Mir egal! Als mein Geburtshaus geräumt wurde, habe ich die übrig gebliebenen zehn Becher mitgenommen. Sie sind zwar arg lädiert, aber ich stelle sie weiterhin auf und lege ein gewöhnliches Rechaudkerzchen hinein. Ich verzichte auf rote Kerzen mit Schweizer Kreuz. Zum Andenken an unsere Eltern, die sich so etwas nie hätten leisten können.