In der heutigen Zeit hört man immer mehr, wie sich Leute darüber beklagen, wie sie auf alles oder vieles verzichten müssen. Doch wie schlimm ist es denn tatsächlich mit dem «Verzichten müssen»? Wenn ich die Generation meiner Eltern anschaue, konnten sie (und ich sage jetzt einfach eine symbolische Zahl, was nebst Arbeit und Familie zur Verfügung Stand) aus zehn Möglichkeiten vier auswählen, wie etwa Verein, Hobby, Ferien usw. Meine Generation hat durch den ganzen Fortschritt und die Globalisierung schon mehr Auswahl und durch die geänderten Arbeitsbedingungen auch mehr Zeit, diese zu nutzen. (Wieder symbolisch: sieben aus 30). Und da liegt doch das Problem. Wir haben nicht weniger Zeit, sondern mehr Auswahl.

Gefühl wird verstärkt

Verdammt, was soll das! Sorry für den Ausdruck. Aber ich sitze gerade im Flieger von Stockholm nach Zürich und die Tusse hinter mir feilt sich seit einer Stunde die Nägel und es wird immer lauter! Die Klauenscheibe meines Vaters wäre jetzt echt Gold wert! Zurück zum Verzicht. Durch Social Media wird das Ganze noch verstärkt. Alle zeigen, was sie haben und machen können, aber nicht, auf was sie verzichten. Das Ganze ergibt dann das trügerische Bild, dass bei den anderen alles besser ist ... nur ich muss verzichten!

Die Frage nach dem Sinn

Ist es denn nötig, ja überhaupt möglich, immer alles machen oder haben zu können? Oder ist es besser, mal das zu schätzen, was man kann und hat? Wenn man sich immer über das identifiziert, worauf man verzichten muss, hat man schon verloren. Daher kommt wohl auch der Spruch vom Fünfer und dem Weggli. Es ist okay, nicht alles zu haben, denn alles, was du hast, hat irgendeinmal dich! Dies hat nichts mit Pessimismus zu tun, sondern mit Realismus! Die Dame hinter mir hat jetzt übrigens perfekte Nägel, dafür auch einen staubigen kalten Kaffee.