Der Fliegen- und Bremsendruck kann in den Sommermonaten für Mensch und Tier verhängnisvoll werden. Wird die durch Insekten verursachte Unruhe in der Herde zu gross, können Kühe beispielsweise nicht in Ruhe wiederkäuen. In der Folge nimmt die Milchleistung ab. Auch verringerte Tageszunahmen sind bei fliegengeplagten Mastrindern zu verzeichnen. Wo sich der Mensch noch ins Haus oder in die Wohnung zurückziehen kann, müssen sich Nutztiere auf der Weide weitestgehend ihrem Schicksal ergeben. Um die Fliegenplage auch für Nutztiere auf ein erträgliches Mass zu reduzieren, können verschiedene Massnahmen helfen.

Biologische Alternativen um den Fliegendruck zu senken

Güllefliegen sind zur biologischen Fliegenbekämpfung sehr nützliche Helfer. Die Güllefliegen siedeln sich nach dem Ausflug auf der Gülleschicht an, wo sie sich von den Larven der ­Stubenfliege ernähren und diese somit dezimieren. Verschiedene Anbieter liefern jeweils etwa 10 000 Güllefliegenpuppen unterschiedlicher Entwicklungsstadien in einem Karton, dem sie nach und nach entfliegen, so schreibt die Fachzeitschrift «Agrarheute» in einem Artikel. Die Puppen reichen für etwa 100 m2 aus.

Ätherische Öle können helfen

Auch der Einsatz von speziellen Pflanzen kann helfen, den Fliegendruck zu reduzieren. Während das duftintensive ätherische Öl der Pflanzen für unsere Nase gut riecht, löst es bei vielen Insekten einen Fluchtreflex aus. Die Tierheilpraktikerin und Drogistin Michelle Krügel ist Teilinhaberin von «üsi drogerie» in Münsingen BE und empfiehlt Landwirten die Nutzung von ätherischen Ölen zur Insektenabwehr. Die Öle haben einerseits ein gutes Wirkspektrum und können durch den Zusatz von Alkohol gut haltbar gemacht werden. Werden die ätherischen Öle im Stall vernebelt, kühlt dies gleichzeitig die Haut der Rinder und Kühe, was diese auch sehr geniessen, so Michelle Krügel.

Die vergessene Urpflanze: Der Farn

Zur Insektenabwehr eignen sich eine Vielzahl an Pflanzen. Generell aber vor allem zitronellige Pflanzen wie beispielsweise Lemongras, Bergamotte, Zitrone, Eukalyptus, Melisse oder Zypresse, weiss die Drogistin. Weitere Pflanzen und Kräuter, die eine vertreibende Wirkung auf Fliegen und Bremsen haben, sind beispielsweise Basilikum, Lavendel, Pfefferminze oder Lorbeer. Im Stall kann der Kräuterduft auch über einen Belüfter verteilt werden. Allerdings ist die Zugluft für besonders milchlastige Kühe nicht geeignet, warnt Michelle Krügel. Der Duft der Pflanzen wird noch effizienter im Stall verteilt, wenn ein sogenannter «Diffuser», also einen Duft-Zerstäuber, genutzt wird. Ein besonderer Tipp der Drogistin ist der Einsatz von Farn: Wird die etwas in Vergessenheit geratene Pflanze büschelweise im Stall aufgehängt, hat sie eine vertreibende Wirkung auf allerlei Ungeziefer. Ein weiterer Vorteil: Farn wächst fast überall. Besonders der Wurmfarn und der Adlerfarn eignen sich besonders gut.

Auch getrocknete Kräuter geben Duftstoffe ab 

Im getrockneten Zustand geben die Pflanzen ebenfalls immer noch Duftstoffe ab. Getrocknete Kräuterbündel können also auch gut vor die Fenster und Türen gehängt werden. Pflanzt man die Kräuter in Töpfe, können diese vor Ein- und Ausgänge gestellt werden und vermindern dort die Zahl der einfliegenden Insekten. Der Duft von Cayennepfeffer oder Chilipulver, in Wasser aufgelöst und in mehrere Schälchen verteilt, kann die Fliegen ebenso vertreiben. Wenn die Öle als sogenanntes «Repellent» direkt auf das Tier aufgetragen werden sollen, um den Insektenschutz auf der Weide zu gewährleisten, ist es sehr wichtig, sie zu verdünnen, betont Michelle Krügel. Wird das ätherische Öl pur auf die Haut gegeben, kann dies je nach Öl zu starken Hautreizungen führen.

Erleichterung beim Melken

Da sich der Geruch im Freien recht schnell verflüchtigt, ist dies oft keine langfristige Lösung. Trotzdem können die Körperpartien, die oft von Fliegen belagert werden, zum Beispiel unter dem Bauch, vor dem Melken eingesprüht werden. Der Duft der ätherischen Öle hält die Fliegen vom Landen ab und der Melkprozess wird deutlich erleichtert. Jedoch sollten die Zitzen nicht direkt besprüht werden, da der Geschmack der Öle die Milchqualität beeinflussen kann. 

Kleinstlebewesen sorgen für weniger Fliegen

In Ställen, in denen mit effektiven Mikroorganismen (EM) gearbeitet wird, wird in der Fachliteratur oft von einer deutlichen Insekten-Reduktion berichtet. In den EM-Präparaten leben hauptsächlich Milchsäurebakterien, Hefen und Photosynthese-Bakterien zusammen, und ernähren sich von den jeweiligen Ausscheidungen des anderen. Die Symbiose der EM verhindere Fäulnis und beschleunige Abbauprozesse. Gezielt eingesetzt, übernehmen die EM somit die natürliche Aufgabe der Fliegen, nämlich die Vernichtung von faulendem organischem Material. Durch die EM werde Fäulnis und Verwesung so beschleunigt, dass Fliegenlarven viel geringere Überlebenschance haben. Auch Michelle Krügel hat diese Erfahrung in ihrer Kundenbetreuung gemacht. Landwirte, die ihren Betrieb mithilfe von EM führen, haben durch den verringerten Larvenbefall deutlich weniger schädliche Insekten auf ihrem Hof. «Den Einsatz von EM kann ich nur befürworten», sagt Michelle Krügel.

 

Betriebliche Massnahmen

Mist- und Güllemanagement: Die Schwimmdecke der Gülle sollte regelmässig durch
Umpumpen oder Umrühren zerstört werden, da diese
ein bevorzugter Brutplatz für Stubenfliegen ist.

Nachtweide: Tieren die fliegen-intensiven Tagesstunden auf der Weise ersparen zu wollen, hilft nur bedingt. Auch wenn sich Fliegen und Bremsen nach der Dämmerung zurückziehen, werden in der Nacht andere Stechmückenarten erst richtig aktiv. Da den Tieren die Nachtruhe somit erschwert wird, ist diese Abhilfe nur eingeschränkt wirkungsvoll.

Sprinkleranlagen: In den heissen Sommermonaten schaffen die Duschen nicht nur Abkühlung für Kühe und Rinder, auch werden weniger Fliegenabwehrbewegungen wie Schwanzwedeln oder Hautzucken beobachtet, wenn Kühe unter der Beregnungsanlage stehen, so schreibt das Magazin «Swissherdbook Bulletin».

Chemische Insektizide: Die chemischen Produkte sind wirkungsvoll und gemeinhin bekannt. Nichtsdestotrotz sind sie meist teuer und es besteht zudem die Gefahr, dass mit dem Einsatz auch willkommene Nützlinge dezimiert oder vernichtet werden