Der Strukturwandel schreitet voran. Wenn familienintern die Nachfolge fehlt, kommt es oft zur Betriebsauflösung mit parzellenweiser Verpachtung der Flächen und Stilllegung der Wirtschaftsgebäude.

Zwei geben Gegensteuer

[IMG 2] Zwei Institutionen versuchen Gegensteuer zu geben. Die Hofübergabestelle der Kleinbauernvereinigung und die Stiftung zur Erhaltung bäuerlicher Familienbetriebe mit der Vermittlungs- und Beratungsstelle «Hofnachfolge». Diese führt im November mehrere Informationstagungen durch. Ziel ist es laut Geschäftsführer Jakob Vogler, Betriebsleiterpaare ohne familieninterne Nachfolge dazu zu motivieren, die Möglichkeiten und Auswirkungen der ausserfamiliären Übergabe vertieft zu prüfen. Damit könne verhindert werden, dass sich die jahrzehntelange Arbeit einfach in Nichts auflöse oder schleichend zerstört werde. Ganz zentral ist laut Vogler die rechtzeitige Auseinandersetzung mit den eigenen Wünschen und Bedenken, allzu oft würden diese Fragen verdrängt. Wir haben Vogler im Vorfeld zu den Informationstagungen ein paar Fragen gestellt.

Herr Vogler, gibt es mehr Leute, die einen Betrieb suchen oder solche, welche die Höfe abtreten wollen?

Jakob Vogler: Ganz eindeutig viel mehr Leute, die etwas suchen.

Warum ist das so?

Es gibt natürlich verschiedene Gründe auf beiden Seiten. Landwirt ist der schönste Beruf. Man konnte jetzt gerade wieder lesen, dass mehr junge Leute in die Ausbildung einsteigen. Auf der anderen Seite gibt es eine Überalterung der Betriebsleiter und einen Aufstau bei den Hofübergaben, ein Drittel der Betriebsleiter ist über 55-jährig. Deshalb gibt es in den nächsten Jahren eher noch mehr Betriebe, auf denen Entscheide über die Zukunft des Betriebs gefällt werden müssen.

Wartet man tendenziell zu lang, um sich ernsthaft mit der Übergabe auseinanderzusetzen?

Ja, oft wird die ernsthafte Auseinandersetzung hinausgezögert und dann die schnellstmögliche Lösung gewählt, und das ist in der Regel die Betriebsauflösung mit parzellenweiser Verpachtung. Es braucht mindestens zwei Jahre für einen geordneten Übergabeprozess an ausserfamiliäre Interessierte. Oft dauert es zuvor schon ein Jahr, bis nur familienintern geklärt ist, wie man vorgehen will. Erst dann kann die Suche nach einer Übernehmerin beginnen, das braucht manchmal zwei Anläufe.

Ist der soziale Druck der landhungrigen Nachbauern nicht auch ein Faktor, der zur parzellenweisen Verpachtung führt?

Das trifft zu für Gebiete mit knappem Landangebot. In verschiedenen Regionen gibt es aber einen Gegentrend. Viele Bauernfamilien sind komplett am Anschlag und können gar nicht mehr Fläche bewirtschaften. Im Berggebiet zieht man sich teilweise auf Gunstlagen zurück und die Landschaftspflege wird in Zukunft nicht mehr überall gewährleistet sein. Es gibt auch viele Suchende, die gar nicht mehr so riesige Höfe wollen, weil z. B. die Partnerin noch voll extern arbeiten will.

Was müssen Hofsuchende mitbringen, um ihre Chancenzu erhöhen?

Eine gute Ausbildung, aus unserer Sicht mindestens ein EFZ-Abschluss oder mehr und vor allem langjährige Erfahrung in der Landwirtschaft. Auch nach der Lehre sollten Interessierte auf verschiedenen Betrieben gearbeitet haben. Ich merke, dass Abtreter meist Leute bevorzugen, die nicht einfach mit einer Kurzausbildung kommen und einsteigen wollen.

Was sind die Vorteile für Abtretende, wenn sie sich für eine ausserfamiliäre Hofübergabe entscheiden?

Ganz sicher, dass der Hof weiterbewirtschaftet wird und belebt bleibt, statt dass der Stall leer steht und die Tenne mit Wohnwagen gefüllt ist. Es bleibt bestehen, was man 30, 40 Jahre vehement beschützt hat. Es gibt immer mehr Betriebsleitende, die lieber einen Nachbarn haben, mit dem sie zusammenarbeiten, als einen grösseren Betrieb, auf dem sie einen Angestellten brauchen, zumal es heute bekanntlich sehr schwierig ist, gute landwirtschaftliche Angestellte zu finden.

Wie muss man sich den Ablauf vorstellen als Abtretende?

Bevor die ersten Bewerber(innen) auf den Betrieb kommen, muss man sich grundsätzlich für den Weg entscheiden sowie die rechtlichen und finanziellen Abklärungen machen, z. B. will ich weiter auf dem Betrieb arbeiten und/oder wohnen. Wir versuchen dann, diejenigen Interessierten auszuwählen, welche auf den Betrieb passen könnten, und stellen den gegenseitigen Kontakt her.

Die Kurse finden wie folgt statt:
Solothurn: 18. November; Ganterschwil (St. Gallen): 23. November; Muri (Aargau): 25. November, jeweils 9.30–16 Uhr. Infos und Anmeldung hier oder unter Tel. 061 971 71 23.