Der Bundesrat soll Massnahmen prüfen, mit denen «der gleichberechtigte Zugang von Frauen zur Stellung der Bewirtschafterin eines landwirtschaftlichen Betriebs sichergestellt werden kann». Dies verlangt Nationalrätin Delphine Klopfenstein Broggini in einem Postulat, über das der Rat demnächst zu befinden hat. «In der Schweiz sind 94 Prozent der Landwirtschaftsbetriebe in Männerhand», schreibt Klopfenstein dazu im eingereichten Text: «Grund dafür ist zweifellos die gängige Praxis und eine ‹patrilineare› Tradition».

Nur wenig Frauen

Klopfenstein sieht deshalb Handlungsbedarf bei der Landwirtschaftspolitik. «Diese ‹Traditionen› der Bauernfamilien werden häufig von der Landwirtschaftspolitik und den landwirtschaftlichen Organisationen übernommen», kritisiert sie. Der Anteil der Bauernbetriebe, die von Frauen geführt werde, sei mit 6 Prozent nach wie vor «extrem klein». Zudem seien die von Frauen geführten Betriebe tendenziell viel kleiner als im Durchschnitt. «Die Landwirtschaft ist wahrscheinlich der Wirtschaftssektor, in dem die Frauen am seltensten Führungspositionen innehaben», moniert Klopfenstein und verweist auf die bedeutende Rolle der Direktzahlungen des Bundes. «Der Bundesrat muss deshalb dafür sorgen, dass diese Beiträge ohne Geschlechterdiskriminierung verteilt werden», verlangt sie.

Bei den Betroffenen findet sie damit aber kaum Unterstützung. «Der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband (SBLV) unterstützt das Ziel, dass Frauen den gleichen Zugang zu landwirtschaftlichen Betrieben haben», sagt SBLV-Vizepräsidentin Gabi Schürch-Wyss. Aber: «Dieses Postulat scheint uns nicht der richtige Weg dafür zu sein, dieses Ziel zu erreichen.»

Im schweizerischen Agrarrecht gebe es keine Diskriminierungen. «Vom Recht her sind Frauen und Männer gleichberechtigt, einen Hof zu übernehmen, falls sie die Voraussetzungen dazu erfüllen», sagt Schürch. Auch habe ein vom Bundesamt für Landwirtschaft im Oktober 2022 veröffentlichter Bericht mit neuen Zahlen gezeigt, dass die Position der Frauen in der Landwirtschaft stärker geworden sei.

Sensibilisierung verstärken

Die Nachfolgeregelung bleibe aber wie bei den Gewerbebetrieben auch Familiensache, hält Schürch fest. Wichtig sei, für das Thema zu sensibilisieren. Dafür brauche es vor allem positive Vorbilder für junge Frauen. Zusammen mit dem Schweizerischen Bauernverband SBV, Prométerre und Agrisano hat der SBLV bereits 2021 eine entsprechende Kampagne gestartet. Eine Information in diesem Sinne müsse aber noch wiederholt werden, so Schürch.