Seit dem 1. Januar 2022 muss Gülle im Kanton Thurgau mit emissionsmindernden Techniken ausgebracht werden. Zwar gilt für das sogenannte Schleppschlauch-Obligatorium wegen Lieferengpässen der erforderlichen Gerätschaften eine Übergangsfrist von einem Jahr. Doch in den vergangenen Tagen dominierte das Bild von Schleppschlauchverteilern auf den Wiesen. Bauern, die mit dem Breitverteiler güllen, sah man auf der Zugfahrt von Winterthur nach Romanshorn kaum.
Bestandteil des Massnahmenplans Ammoniak
Das Schleppschlauch-Obligatorium im Thurgau ist Teil des im Jahr 2020 verabschiedeten Massnahmenplans Ammoniak. Bis ins Jahr 2030 muss die Thurgauer Landwirtschaft ihre Ammoniakemissionen um 18 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 2015 senken. In Zahlen ausgedrückt ist das eine Reduzierung auf 2146 t Ammoniak (ausgehend von 2591 t im Jahr 2015).
Über die Einführung der Schleppschlauch-Pflicht waren nicht alle glücklich. Widerstand regte sich vor allem im Oberthurgau. Dort tat sich eine Gruppe von Bauern zusammen, um gegen das Obligatorium mittels politischem Vorstoss zu intervenieren. So weit kam es dann aber nicht, weil der Nationalrat im Juni 2021 eine schweizweite Schleppschlauch-Pflicht auf Anfang 2024 beschloss.
Im Thurgau hoffte man, dass sich der Kanton diesem Termin anschliessen würde. Dieser hielt jedoch an der Inkraftsetzung auf den 1. Januar 2022 fest und gewährt eine Übergangsfrist bis zum 1. Januar 2023. Wer die erforderlichen Gerätschaften noch nicht besitzt, muss eine Kaufbestätigung vorlegen können, die vor dem 31.12.21 datiert ist.
Kurzentschlossene kauften häufig Schleppschuh
Bei der Jakob Hofer AG, ein Landmaschinenhändler mit Standorten in Opfershofen, Oberaach und Muolen bekam man das Ultimatum des Kantons im letzten Quartal stark zu spüren. Denn es gab einige Bauern, die es bis zum Schluss darauf ankommen liessen, dass das Schleppschlauch-Obligatorium erst auf Anfang 2024 kommen würde. Georg Bolliger vom Standort Oberaach im Oberthurgau sagt: «Wir hatten gegen Ende 2021 viele Anfragen und Bestellungen. Vielfach sind die Bauern zu uns gekommen, ohne zu wissen, was sie eigentlich wollen.»
Ein häufiges Problem war, dass die neue Technik nicht auf die Druckfässer auf den Betrieben passte, weil diese beispielsweise zu alt sind. Die meisten Kurzentschlossenen hätten sich für einen Schleppschuh entschieden, weil es für diesen noch Subventionen gibt. «Eigentlich ist es mir lieber, wenn die Bauern zu uns kommen, weil sie etwas kaufen wollen und nicht, weil sie es müssen», sagt Bolliger.
Bevölkerung ist sensibilisiert
Vor dem Obligatorium wurden rund 50 Prozent der Thurgauer Gülle mit dem Schleppschlauch ausgebracht, sagt Christof Baumgartner, Milchviehberater am BBZ Arenenberg. Mehr Anfragen bezüglich Beratung habe man im letzten Quartal 2021 nicht gehabt.
Er erzählt aber von einem anderen, interessanten Phänomen: Allem Anschein nach ist nämlich bei der Thurgauer Bevölkerung angekommen, dass Bauern seit diesem Jahr mit Schleppschlauch güllen müssen. Baumgartner sagt, ein Landwirt sei bereits vom kantonalen Amt für Umwelt kontaktiert worden, weil es Beschwerden bezüglich Güllen ohne Schleppschlauch oder -schuh gab. Dieser Landwirt habe zudem von Berufskollegen berichtet, die deswegen nun vor allem vor und nach dem Eindunkeln mit dem Prallteller güllen. «Offenbar ist die breite Bevölkerung bereits sensibilisiert», meint Baumgartner.
Drei Bauern - drei Systeme
Das letzte Jahr mit dem Breitverteiler
«Ich stand dem Schleppschlauch-System lange Zeit skeptisch gegenüber. Der Grund liegt in unserem Aufstallungssystem. Wir halten 50 Milchkühe in einem Boxenlaufstall. Das Stroh geht in die Güllegrube, dadurch haben wir eine dicke Vollgülle. Dieses Jahr gülle ich noch mit dem Breitverteiler. Ab 2023 werde ich mein 8000er-Fass mit einem Schleppschuh aufrüsten. Wegen der langen Lieferzeiten ist das dieses Jahr noch nicht möglich.» [IMG 2]
Erstmals mit Schleppschlauch
«Wir haben einen Schleppschlauchverteiler gekauft, der jetzt das erste Mal im Einsatz ist. Zuvor haben wir mit einem Möscha-Verteiler gegüllt. Diesen werden wir weiterhin auf Wiesland mit vielen Bäumen nutzen. Wir halten über 100 Kühe in einem Laufstall mit Tiefboxen. Mir macht die Futterverschmutzung Sorgen.
In Ackerkulturen ist der Schleppschlauchverteiler sicher problemlos einzusetzen, im Wiesland sind die Nachteile leider nicht zu übersehen.» [IMG 3]
Schleppschlauch hat sich durchgesetzt
«Wir güllen seit zehn Jahren mit dem Schleppschlauch, letztes Jahr haben wir zusätzlich noch einen Schleppschuh gekauft. Die Güllerei im Lohn konnten wir stetig ausbauen. Es zeigt sich, dass die Investitionen in die emissionsarme Gülleausbringung rentieren: Die letzten beiden Wochen waren wir fast pausenlos am Güllen.
Die Auslagerung an den Lohnunternehmer hat für den Landwirt zum Vorteil, dass er keine teuren Gerätschaften kaufen und warten muss.» [IMG 4]

