Am 1. Januar 2024 tritt das Schleppschlauch-Obligatorium schweizweit in Kraft. Den Bauern bleiben also noch maximal elf Monate, um sich einzurichten, wenn sie es nicht schon sind – kurz: ob sie die nötige Technik selber oder gemeinsam anschaffen oder ob sie die Güllerei an Lohnunternehmer auslagern. 

Anreize besser als Verbote

Wer noch nicht ausgerüstet ist, sollte sich sputen, denn die Lieferzeiten für die Gerätschaften sind teilweise lang. Aber sind sich alle dessen bewusst? Die BauernZeitung hat im grössten Agrarkanton, Bern, nachgefragt. Karin Oesch, Geschäftsführerin des Berner Bauernverbands (BEBV), sagt: «Ob die Bauern im Kanton Bern ausgerüstet sind, ist schwierig zu beurteilen, da uns keine konkreten Zahlen vorliegen.» Die Problematik mit den Lieferfristen sei dem BEBV bekannt.

«Der Berner Bauernverband erwartet von den zuständigen Stellen, dass dies bei der Umsetzung der Kontrolle berücksichtigt wird, beispielsweise mit dem Nachweis einer Bestellung.»

Karin Oesch, Geschäftsführerin Berner Bauernverband

Oesch hält fest, dass man ein Anreizsystem dem Obligatorium vorgezogen hätte. «Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Nationalrat im Sommer 2021 keine Korrektur vorgenommen hat und ein Obligatorium beschlossen wurde, anstatt mit dem Anreizsystem weiterzufahren.»

Zwei Motionen abgelehnt Beim Schleppschlauch-Obligatorium gibt es keine Anpassungen Thursday, 15. December 2022 Vor allem für Betriebe, welche mehrere Ausbringsysteme brauchen, sei die Situation schwierig. «Es kommen zusätzliche Investitionskosten auf die Betriebe zu, welche nicht abgegolten werden.» Letztendlich müsse jeder Betrieb selber entscheiden, ob er zukünftig durch einen Lohnunternehmer güllen lasse, selber ein Schleppschlauch-System anschaffe oder ein solches überbetrieblich genutzt werde.

Brunner Spezialwerkstatt AG präsentiert Innovation

Dass die Zeit für die Anschaffung neuer Gerätschaften drängt, bekommen die Landmaschinenhändler zu spüren. Einige werden dabei richtig innovativ, wie sich am Neujahrsapéro der Bossert GmbH im schaffhausischen Neunkirch zeigte. Dort stellte die Brunner Spezialwerkstatt AG aus Schwarzenbach im Kanton St. Gallen ihr eigens entwickeltes und patentiertes System «Schleppfix» vor.

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Konstrukteur und Firmeninhaber Thomas Hollenstein erklärte: «Schleppfix funktioniert ohne Ablaufschläuche und hydraulisch rotierenden Verteilkopf, entsprechend gering ist der Verschleiss.» Der einfach anbaubare und eher leichte zweiteilige Balken lässt sich beidseitig nach vorne einklappen und kann einfach an jedes Druck- oder Pumpfass angebaut werden. Der vorhandene Druck des Fasses oder der Pumpe reicht aus, damit die Gülle über zwei Schläuche zu den Verteiltellern gelangt. 

So funktioniert der Schleppfix
Beim Schleppfix wird die Gülle unter hoher Fliessgeschwindigkeit in die Kanäle  geleitet. Eine spezielle Schar mit Kufe sorgt dafür, dass die Gülle direkt und gleichmässig auf die Bodenoberfläche abgelegt wird. Dabei lässt sich die Ausbringmenge auch über die Anpassung des Verteiltellers bestimmen. Die Gülle kann entweder mit der einfachen Schar im Abstand von 30 cm oder mit 15 cm (Doppelschar) abgelegt werden. Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass der Schleppfix auch im Hang eine sehr genaue Verteilung gewährleistet.

Mahnung und Verzeigung bei Missachtung

Abo Schleppschlauch-Obligatorium «Bei der Umsetzung kommuniziert jeder Kanton selber und nach eigenem Fahrplan» Saturday, 28. May 2022 Bereits seit einem Jahr gilt das Schleppschlauch-Obligatorium in den Kantonen Thurgau und Luzern. Vonseiten des Thurgauer Landwirtschaftsamts heisst es, im ersten halben Jahr habe es viele Anfragen gegeben, vor allem zu den Ausnahmeflächen. Vereinzelt kam es zu Beanstandungen. Jürg Fatzer, Geschäftsführer des Verbands Thurgauer Landwirtschaft, führt aus: «In den meisten Fällen konnten die Bauern glaubhaft darlegen, dass sie den Schleppschlauch bestellt haben, aber die Gerätschaften noch nicht ausgeliefert wurden.» Die wenigen, die das Obligatorium missachtet hätten, seien ermahnt worden und hätten sich dann daran gehalten.

Aber welche Folgen hat es, wenn ein(e) Landwirt(in) das Schleppschlauch-Obligatorium trotz Ermahnung nicht einhält? Die BauernZeitung hat im Kanton Thurgau nachgefragt.

«Für die Missachtung des Schleppschlauch-Obligatoriums gibt es weder einen Bussen­katalog noch ein Sanktionsreglement.»

Roland Ilg, Abteilung Luftreinhaltung und Klima beim Departement Umwelt Kanton Thurgau

Bei fehlender Einsicht nach der ersten Ermahnung komme es zur Verzeigung beim zuständigen Bezirksamt. Dieses werde die Strafe für den Verstoss gegen die Umweltschutzgesetzgebung aussprechen. «Erfahrungen über das Strafmass gibt es noch nicht, da noch kein entsprechendes Urteil vorliegt.»