Dossier Agrarpolitik Schleppschlauch-Obligatorium Tuesday, 28. February 2023 Es ist so weit: Das Schleppschlauch-Obligatorium ist seit dem 1. Januar 2024 in Kraft. Doch die Realität hinkt dem Vollzug und dem Gesetz hinterher. Das haben Fachpersonen schon seit Beginn der Diskussion um das emissionsmindernde Ausbringverfahren prognostiziert. Entweder waren Teile oder gar ganze Vorrichtungen nicht mehr lieferbar oder man war sich die exakte Vorschrift betreffend nicht ganz einig.

Nun aber sind die Regeln klar. Eine Vollzugshilfe des Bundes definiert die betroffenen Flächen wie folgt:

  • Hangneigung bis 18 %: Wobei das Kriterium der Hangneigung identisch mit jenem zur Auszahlung von Hangbeiträgen ist.
  • Drei oder mehr Hektaren: Diese Flächen müssen auf dem Betrieb insgesamt drei oder mehr Hektaren umfassen. Folgendes wird dabei nicht mitgezählt, gilt also neben Flächen mit mehr als 18 % Neigung als nicht begüllbar; wenig intensiv genutzte Wiesen, Reben, Permakultur, Obstanlagen, Hochstammfeldobstbäume QII, Einzelflächen von weniger als 25 Aren. Die Kantone können diese Liste mit anderen Kulturen erweitern, die ebenfalls als nicht mit emissionsmindernden Systemen begüllbar gelten.

Diese Ausnahmen vom Schleppschlauch-Obligatorium für bestimmte Flächen können im Einzelfall mit einem schriftlichen Gesuch beim Kanton beantragt werden. Sie müssen technisch oder betrieblich begründet sein.

  • Sicherheit: Zum Beispiel wegen schlechter Bodenstruktur keine sichere Anwendung möglich.
  • Erreichbarkeit: Abgelegene oder schwer zugängliche Flächen.
  • Platz: Falls bestehende feste Bauten wie Mauern oder Masten oder die Geometrie die Bewirtschaftungsbreite oder den Wenderaum zu stark einschränken.

Option der Ausnahmegesuch-Stellung wird genutzt

Diese Option haben offenbar viele Bewirtschaftende genutzt. Laut eigener Umfrage sind bereits Hunderte Ausnahmegesuche bei den kantonalen Ämtern eingegangen.

In der Ostschweiz variiert die Zahl der eingereichten Gesuche (Gesamt- und Teilflächen) stark. Sie reicht von 44 im Kanton Zürich bis 850 im Kanton St. Gallen. Im Thurgau, wo das Schleppschlauch-Obligatorium seit dem 1. Januar 2022 gilt, sind rund 75 Ausnahmegesuche eingegangen. Dort wurde nur etwa ein Drittel der Gesuche gutgeheissen. Aus den anderen Kantonen heisst es, der Grossteil der Gesuche sei bewilligt worden, wenn auch nicht überall Zahlen vorliegen. Stellvertretend dafür sagt Manuel Müller, zuständig für Gewässerschutz in Appenzell Ausserrhoden: «Es gibt nur sehr wenige Betriebe, bei denen keine Lösung gefunden wurde.»

Hier eine Zusammenstellung der Ausnahmebewilligung einiger Kantone:

BE: Es sind 131 Gesuche für Ausnahmebewilligungen eingetroffen. Die Gesuche beziehen sich in der Regel auf mehrere Teilflächen. Die Ausnahmebewilligungen werden je Teilfläche erteilt. Bei 37 Gesuchen, zu insgesamt 126 Teilflächen, wurde für insgesamt 101 Teilflächen eine Ausnahmebewilligung erteilt. Die übrigen 94 Gesuche befinden sich noch in Arbeit.

AR: Etwa ein Sechstel der Betriebe, 104 an der Zahl, haben ein oder mehrere Flächengesuche eingereicht. 90 % der Gesuche wurden bewilligt.

AI: Von den 290 schleppschlauchpflichtigen Betrieben haben rund 90 Betriebe Gesuche eingereicht. Wie viele bewilligt wurden, könne man nicht sagen, heisst es vom Amt für Land- und Forstwirtschaft.

GL: 63 Betriebe haben ein oder mehrere Gesuche eingereicht. Man habe bis 241 Beurteilungsblätter versendet. Ausnahmen wurden für 69 Gesuche für die Gesamtflächen und 60 für Teilflächen erteilt.

GR: Stand November hatten rund 50 Betriebe für 230 Parzellen bzw. Bewirtschaftungseinheiten ein Gesuch gestellt.

SH: 170 Gesuche für Einzelflächen wurden eingereicht. Davon wurden 125 bewilligt, fünf Gesuche waren im November noch pendent.

SG: Der Kontrolldienst KUT hat bis Ende November 2023 rund 850 Ausnahmegesuche beurteilt. Insgesamt konnten rund 600 Gesuche ganz oder teilweise zur Bewilligungserteilung empfohlen werden. Für 100 Gesuche konnte eine Flächenkompensation in Aussicht gestellt und 150 Gesuche wurden abgelehnt.

TG: Rund 75 schriftliche Ausnahmegesuche sind eingegangen. Davon konnten in etwa einem Drittel entsprochen werden.

ZH: 44 Ausnahmegesuche sind eingegangen. Davon wurden 17 Gesuche vollständig bewilligt und zwei nicht bewilligt. Bei den restlichen 25 Gesuchen wurde eine Ausnahme für einen Teil der Flächen bewilligt.

Besichtigung vor Ort

ZG: Im Kanton Zug wurden rund 200 Gesuche von rund 80 Betrieben (das sind 15 % aller Betriebe) eingereicht. Davon seien 50 Gesuche bewilligt worden, sagt Thomas Wiederkehr, Leiter Landwirtschaftsamt Zug. Bei 40 Gesuchen habe es eine Besichtigung vor Ort gegeben.

SZ: 123 Betriebe haben bisher in Schwyz 250 Gesuche eingereicht. Man habe eigentlich mit mehr gerechnet und gehe davon aus, dass sich die Zahl noch laufend erhöhe, sagt Janina Siegwart vom Amt für Landwirtschaft.

OW: Überrascht von den vielen bis Ende August eingereichten Ausnahmegesuchen ist André Windlin, Leiter Amt für Landwirtschaft und Umwelt Obwalden. Die 80 Gesuche für Teilflächen würden nun beurteilt, ohne Kostenfolge. Offenbar würden einige Betriebsleiter davon ausgehen, dass sie dank Ausnahmebewilligungen ganz von der Pflicht befreit werden, wenn der Betrieb nicht mehr als drei Hektaren pflichtige Ausbringflächen aufweist.

NW: Rund 10 % aller schleppschlauchpflichtigen Betriebe hätten in Nidwalden ein Gesuch eingereicht, heisst es beim Landwirtschaftsamt.