Die Blauzunge wütet. In der Schweiz sind über 1000 Betriebe betroffen, mit entsprechenden Folgen für die Tiergesundheit und auch den Tierhandel. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) ist laut einer Mitteilung mit der Zulassungsbehörde Swissmedic übereingekommen. Angesichts der grossen Dringlichkeit und der Vielzahl von betroffenen Tierhaltungen wird eine sogenannte Allgemeinverfügung zu erlassen.

Impfung erfolgt durch die Bestandestierärzte

Diese Bestimmung erlaubt es Bund und Kantonen, «alle Massnahmen zu treffen, die nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft und der Erfahrung angezeigt erscheinen, um das Auftreten und die Ausdehnung einer Tierseuche zu verhindern». Die Allgemeinverfügung schafft die Grundlage, dass Vertriebsfirmen von Tierarzneimitteln Impfstoffe gegen BTV-3 importieren und Tierarztpraxen damit beliefern dürfen.

Die Impfung erfolgt laut BLV durch die Bestandestierärzte im Auftrag der Tierhaltenden. Der Impfstoff soll die Tiere zwar nicht vor der Infektion schützen, könne aber zu milderen Krankheitsverläufen und zu einer Reduktion der Sterblichkeit führen. «Die Impfung gegen BTV-3 wird empfohlen, erfolgt jedoch auf freiwilliger Basis und auf Kosten der Tierhaltenden», schreibt das BLV.

«Im Sinne des Schutzes der Schweizer Tierbestände»

Ende August 2024 wurden in der Schweiz erstmals Fälle von BTV-3 nachgewiesen. Die Krankheit wird über Gnitzen (kleine Mücken) verbreitet. Die Infektion mit dem Blauzungenvirus des Serotyps 3 verursacht insbesondere bei Schafen schwere Symptome. Dazu gehören Fieber, Entzündungen der Schleimhäute, Lahmheit und Aborte. Die Sterblichkeit kann sehr hoch sein.

Bei Rindern verläuft die Krankheit oft milder. Beim Viehandel zeigt man sich erfreut über die Nachricht. «Das ist im Sinne des Schutzes der Schweizer Tierbestände», so Peter Bosshard vom Viehhändlerverband. Er hofft, dass damit nun auch der Tierverkehr wieder vereinfacht werde, was auch dringend nötig sei.

Viehhandel deutlich erschwert

Der Handel habe sich ganz klar verkompliziert, erklärt Hans Peter Wolf, Geschäftsführer der ASF Tiervermarktung AG in Sursee LU, auf Anfrage der BauernZeitung. Die Tiere aus Seuchenbeständen seien – obschon die Krankheit nicht von Tier zu Tier übertragen werden kann – nur sehr schwer oder teilweise gar nicht handelbar. «Unser Hauptproblem in diesem Bereich ist, dass die Kantone für den Vollzug zuständig sind und es daher alle individuell und somit anders lösen. Der Handel mit Tieren ist durchlässig und hört nicht an den Kantonsgrenzen auf. Wir fordern deshalb geschlossen eine einheitliche Lösung auf schweizerischer Ebene.»


«Man freut sich, wenn alle Tiere leben»

Bisher schien das Virus besonders bei Schafen eine hohe Sterblichkeitsrate zu zeigen. Wie ein deutscher Bericht vom Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag zeigt, kann auch ein Rinderbetrieb von einer hohen Sterberate betroffen sein. Insgesamt 16 Milchkühe verlor ein Landwirt der deutschen Nordseeinsel Föhr infolge des Virus. Das sind mehr als ein Zehntel seines Bestandes.

Besonders betroffen gewesen seien ältere Kühe. «Inzwischen freut man sich, wenn man in den Stall kommt und alle Tiere leben», sagt der Landwirt gegenüber dem Zeitungsverlag. Die Symptome seien vielfältig gewesen. Oft sei den Tieren das Aufstehen schwergefallen, einige hätten Fieber und rote Augen bekommen. Auch die Milchleistung seiner Herde sei zurückgegangen. «Selbst heute liegen wir bei der Milchproduktion noch 25 Prozent unter der Menge, die die Tiere vor der Krankheit gegeben haben», so der Landwirt.

Lange dachte man, dass die Überträgermücken aufgrund der Wasserbarriere nicht auf die Insel gelangen. Mithilfe des Windes können die Mücken aber auch lange Strecken überwinden.

BTV-12 in den Niederlanden

Bereits seit vergangenem Jahr kursiert der Serotyp 3 der Blauzungenkrankheit in den Niederlanden. Wie die Onlineredaktion AHO mitteilt, konnte nun der neue Serotyp 12 in den Niederlanden nachgewiesen werden. Festgestellt wurde das Virus letzte Woche bei einem Schaf und einer Kuh mit ihrem Kalb. Bisher war dieser Serotyp in den Niederlanden noch nie aufgetreten.
In Ländern ausserhalb Europas ist er jedoch stark verbreitet. Ein Impfstoff für den Serotyp steht derzeit nicht zur Verfügung. Zur Erfassung der Situation wurden nun zusätzliche Untersuchungen veranlasst. Per sofort werden alle Proben mit Verdacht auf Blauzungenkrankheit weiter untersucht, um festzustellen, ob es sich um BTV-3 oder einen anderen Serotyp, wie zum Beispiel BTV-12, handelt. fmo