Die Blauzungenkrankheit breitet sich weiter aus. Insgesamt 956 von den Serotypen 3 und 8 betroffene Tierhaltungen (Stand 7. Oktober) zählt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Das sind knapp 300 Betriebe mehr als in der Vorwoche.

Jura und Aargau weiterhin am stärksten betroffen

Am stärksten betroffen vom Serotyp 3 ist weiterhin der Kanton Jura mit 173 Betrieben, gefolgt von den Kantonen Aargau (119), Thurgau (108), Basel-Landschaft (93) und Bern (84). Aufgrund der nicht immer leicht erkennbaren Symptome und der Tatsache, dass sich einige der Herden auf der Weide befinden, wird von der Branche zudem eine nicht zu unterschätzende Dunkelziffer an erkrankten Tieren vermutet.

Die Anzahl der Überträgermücken würde sich zwar durch die tieferen Temperaturen im Winter reduzieren, doch ein erneuter Ausbruch der Seuche im nächsten Frühjahr sei leider möglich. Das erklärt Christian Gersbach, Direktor der Klinik für Wiederkäuer am Tierspital Zürich am Fachabend zur Blauzungenkrankheit des Strickhofs.

Übertragung über die Gebärmutter auf Jungtiere möglich 

Um zu überleben, ziehen sich die Mücken nach der Flugsaison nun in die Ställe zurück. Massnahmen zur Bekämpfung der Insekten gelte es aus diesem Grund weiterhin zu betreiben. Neben der Übertragung des Virus über Mücken sei auch eine Infektion der Kälber und Lämmer über die Gebärmutter möglich, so Gersbach.

Tiere, die bis im kommenden Frühling positiv bleiben, sowie dann infiziert geborene Jungtiere bilden weitere Erregerreservoire. «Am besten wäre es, wenn wir im Frühling mit einem Impfstoff loslegen können», so der Klinik-Direktor.

Massnahmen zur Bekämpfung der Mücken:

- Verwendung von Insektenschutzmitteln
- Potenzielle Brutplätze (feuchte und nasse Stellen im Boden, Wasseransammlungen mit Gülle, Mist oder Silosickersaft) trockenlegen. Achtung, Güllegrube und Schwemmkanal nicht vergessen! 
- Einstreu einmal wöchentlich wechseln, um Entwicklungszyklus der Larven zu unterbrechen
- anbringen von Insektenschutznetzen (mind. drei Maschen pro cm)
- Lüfter laufen lassen, um Mücken abzuwehren
- Stalltüren nachts schliessen
- auf Weidegang in der Nacht verzichten
- Transportfahrzeuge bei häufigem Gebrauch regelmässig mit Insektiziden behandeln 


«Die Blauzungenkrankheit hat uns heftig getroffen»

Am Fachabend zur Blauzungenkrankheit berichtete die deutsche Schafhalterin Rilana Jensen vom Seuchenausbruch in ihrem Schafbestand von 1000 Tieren. «Die Blauzungenkrankheit hat uns ziemlich heftig und spontan getroffen», so Jensen. Ungefähr 20 bis 25 % der Schafe hat der Betrieb bereits verloren. Die Seuche könne alle Tiere im Bestand treffen, sowohl gesunde als auch angeschlagene Tiere, so Jensen. Bemerkbar machte sich die Viruserkrankung anhand folgender Symptome:

  • dreckige Schnauze
  • erhöhter Speichelfluss
  • Schaum um und im Maul
  • Lahmheit
  • hängende Ohren
  • Tiere sondern sich von der Herde ab
  • trübe Augen bis Blindheit, dies verschwinde nach der Erkrankung jedoch wieder

Stress der Tiere möglichst vermeiden

Wichtig für die Genesung ist laut Jensen die Vermeidung von Stress. Dazu holte der Betrieb die Schafe von den Weiden in den Stall. Der gesamte Rinderstall wurde zu einem Schafstall umfunktioniert. Da den Tieren durch den erhöhten Speichelfluss das selbstständige Saufen teilweise unmöglich war, wurde ihnen Wasser mithilfe einer gereinigten und desinfizierten Spritze, die eigentlich zur oralen Entwurmung der Tiere dient, verabreicht.

Weil sich die erkrankten Tiere kaum mehr bewegen, empfiehlt Jensen, ihnen Heu und Silage direkt vor die Schnauze zu legen. Sie rät weiter, im ganzen Stall viele Eimer mit Wasser zu befestigen, um den Tieren lange Wege zu ersparen. Aufgrund des vermehrten Speichelflusses sollte das dadurch verschmutze Wasser täglich gewechselt werden. Die Situation im Stall von Rilana Jensen hat sich glücklicherweise seit Beginn des Ausbruchs verbessert. Während zu Beginn jeden Tag tote Tiere geborgen werden mussten, ist die Todesrate auf dem Betrieb nun gesunken.

So gelangen Halter an eine Entschädigung für verendete Tiere:

In Deutschland erhalten die Betriebe laut Rilana Jensen weder für Behandlungskosten noch für verendete Tiere eine Entschädigung. Anders ist es in der Schweiz: Je nach Kanton werden Todesfälle durch die Blauzungenkrankheit mit 60 bis 90 % des Schätzungswertes entschädigt. Eine entsprechende Entschädigung kann mittels eines Formulars beim Kanton beantragt werden. Folgende Punkte müssen für eine Entschädigung erfüllt sein:

- für jedes verendete Tier muss eine tierärztliche Bestätigung einer Erkrankung vorliegen, ein Verdacht reicht nicht aus.
- das Tier muss in der Tierverkehrsdatenbank registriert sein.
- das Tier muss auf Agate korrekt abgemeldet sein.

Wichtig ist zudem das Miteinreichen aller vorhandenen Papiere des Tieres wie Abstammungsausweis, Herdebuchschein und Leistungsausweis.