Seit zirka einem Monat bleibt der Regen gröstenteils aus. Der April zeigt sich im Vergleich zu den Vorjahren besonders warm und trocken. Schäden sind bis jetzt nicht im grossen Ausmass feststellbar. Doch die aktuelle Situation belastet das Gemüt der Bauern und lässt Erinnerungen an die Trockenjahre 2003 und 2018 aufkommen.
Für etablierte Wiesen und Weiden ist die aktuelle Lage aber noch nicht heikel, weiss Andreas Lüscher, Leiter der Forschungsgruppe Futterbau und Graslandsysteme bei Agroscope. Doch dies könne sich schnell ändern, sollte es weitere vier bis fünf Wochen nicht regnen.
Bis 80% Einbussen bei Grasarten möglich
«Die Wiesenbestände entwickeln sich aktuell sehr gut. Zwar bremst die Trockenheit das Graswachstum mittlerweile etwas ab. Die Vorteile des schönen und warmen Wetters haben bis jetzt jedoch überwogen, was zu einem Entwicklungsvorsprung gegenüber einem durchschnittlichen Jahr führt.»
«Wird es einen weiteren Monat nicht regnen, ist mit Verlusten zu rechnen.»
Andreas Lüscher, Leiter der Forschungsgruppe Futterbau und Graslandsysteme bei der Forschungsanstalt Agroscope.
Sollte der Regen allerdings einen weiteren Monat ausbleiben, erwartet Andreas Lüscher deutliche Ertragseinbussen: «Ein Monat ohne Niederschlag hatte in Feldversuchen noch keine ertragsmindernden Auswirkungen. Wird es aber einen zweiten Monat nicht regnen, dann ist mit Verlusten zu rechnen.» Bei Grasarten können es im betroffenen Aufwuchs 60 bis 80 Prozent Minderertrag sein, bei Kleearten 10 bis 20 Prozent – je nach Wasserverfügbarkeit und Bodenbedingungen.
Robuste Mischung sollten gewählt werden
In der Regel erholen sich die Wiesen und Weiden aber sehr schnell, wenn es wieder regnet. Auf Wetterextreme lässt sich mit Diversifizierung im Futterbau reagieren, weiss Andreas Lüscher. Im Kunstwiesenfutterbau ist die richtige Wahl der Mischung entscheidend. Der Futterbauexperte empfiehlt Mischungen mit robusten Arten. Unter Gräsern können der Rohr- und Rotschwingel sowie das Knaulgras lange Trockenperioden gut überstehen. Unter den Kleearten eignet sich vor allem die Luzerne durch ihr tiefes Wurzelwerk für niederschlagsarme Gebiete. Der Weiderotklee ist bei eher trockenen Verhältnissen dem Weissklee vorzuziehen.
Trockenresistente Mischungen: Für trockene Standorte eignen sich beispielsweise Mattenklee-Gras- oder Luzerne-Gras-Mischungen.
Aber Achtung! Nicht auf allen Flächen sollte die gleiche Mischung ausgesät werden, warnt Lüscher. «Die trockenresistenteren Mischungen sind zwar bei Trockenheit ergiebiger als Mischungen für frische Verhältnisse, sie bringen aber bei einem normalen oder feuchten Jahr weniger Ertrag und sind nicht so vielseitig verwendbar.»
Die Witterung im Folgejahr ist bei der Ansaat im Herbst nicht vorhersehbar und kann von Jahr zu Jahr sehr stark variieren. Der Experte rät deshalb nur auf einem Viertel der Fläche trockenheitsresistente Arten, den grössten Teil aber mit Mischungen für ein durchschnittliches Jahr anzubauen. Dies gelte auch für Ackerkulturen im Futterbau. Falls die Wiesenerträge bei Trockenheit zu gering ausfallen, können Körnerleguminosen und Getreide oder Mais und Sorghum eine Alternative darstellen. «Denn je mehr Standbeine man hat, desto weniger Risiko geht man ein», so Lüscher.
Minimale Bodenbearbeitung: Neben der richtigen Wahl der Mischung hat eine oberflächliche Bodenbearbeitung einen positiven Effekt. Das Verdunsten des Wassers an der Ober-fläche wird gebremst, während die intakten Kapillaren in den tieferen Bodenschichten die Wasserversorgung der Pflanzen fördern.
Wie sollte jetzt auf Trockenheit reagiert werden?
Die erste Mahd wurde bereits durchgeführt oder steht noch an. Damit ein möglicher Schaden durch Trockenheit nicht allzu gross ausfällt, empfiehlt es sich, das Management zu optimieren.
- Bestände nicht übernutzen: «Viele Landwirte machen den Fehler das Gras zu kurz zu schneiden oder zu übernutzen», weiss Andreas Lüscher. Eine Übernutzung reduziert aber die Wurzeln und Reserven der Pflanzen und stresst sie. Zudem fördert die Übernutzung filzbildende Gräser mit sehr flachgründigen Wurzeln. Lange Gräser hingegen können extreme Sonnenbestrahlung abmildern und erlauben während der Hitzeperiode den Wurzeln tiefer in die Erde vorzudringen, was die Pflanzen zu einer besseren Wasseraufnahme befähigt. Eine zurückhaltende Nutzung wirkt sich positiv auf den Wiederaustrieb nach dem Trockenstress aus. «Die Wurzeln sind tiefreichend, die Pflanze besitzt genügend Reserven und ist robuster», so Lüscher. Der Futterbauexperte empfiehl deshalb das Gras bei Trockenheit möglichst nicht zu nutzen, sondern zuzuwarten, bis es wieder grün ist. Zudem sollten die Schnitte reduziert und auf einer Höhe zwischen 8 bis 10 cm gehalten werden.
- Keine N-Düngung: Während der Trockenheit wird die Verwertung von Stickstoff durch die Pflanzen schlecht ausgenutzt. Nach der Trockenheit zeigt sich ein Stickstoff-Überschuss im Boden, weshalb der Experte von einer Stickstoff-Düngung während einer Trockenperiode abrät.
- Bewässerung: Eine Bewässerung kann sich auf Wiesen gut auswirken. Da sie aber mit viel Aufwand und Kosten verbunden ist, wird eher davon abgeraten.
- Übersaat: Eine Übersaat zur Reparatur nach Trockenstress empfiehlt Andreas Lüscher nur bei Naturwiesen und in Extremfällen. «Eine Nachsaat ist häufig nicht nötig, da sich die Pflanzenbestände sehr gut erholen, sobald es regnet.» Unmittelbar von der Trockenheit betroffen sind eher Neuansaaten, die bei anhaltender Trockenheit vertrocknen könnten, ergänzt Lüscher.
- Angepasste Tierzahl: Laut Lüscher sei es am wichtigsten, die Tierzahl auf dem Betrieb der Leistung der Wiesen und Weiden anzupassen. Stimmt die Tierzahl für ein Durchschnittsjahr, können in guten Jahren Futtervorräte für die schlechteren Jahre angelegt werden.
Aussicht auf Regen ist unsicher
Am Wochenende sind gebietsweise Schauer möglich, besonders über den Bergen, berichtet Patrick Stierli von MeteoSchweiz. Flächendeckend nass dürfte es aber nicht werden. Für die kommende Woche sind die Aussichten noch recht unsicher: «Immer wieder kann mit Niederschlag gerechnet werden.» Ob diese ergiebig und flächen-deckend sind, liesse sich noch nicht vorhersagen, gänzlich ausschliessen könne sie Stierli aber nicht.