Dabei arbeitet und lebt der Lernende oder die Lehrtochter auf dem Lehrbetrieb. Das ist eine ganz schön grosse Umstellung. Nicht nur muss man sich auf dem Betrieb gut anstellen, nein, man soll sich auch noch in der Familie gut eingliedern. Und das ist gar nicht so einfach. Es gibt viele Lehrbetriebe, die ihre Lehrlinge mit viel Herz empfangen und auch gut zu ihnen schauen. Das Ziel eines Lehrjahres ist es, dass der Lernende von seinem Lehrmeister alle auf dem Betrieb anfallenden Arbeiten erlernt und diese praktisch ausführen kann sowie auch das Warum und Wieso dahinter versteht.

Wieviel Vertrauen soll es sein?

Leider hört man aber immer wieder von Lehrbetrieben, die ihre Lehrlinge nur ungenügend unterstützen und wo diese oft alleine auf dem Betrieb sind. Dort ist der «Stift» meist nur eine billige Arbeitskraft. Kosten tut der wirklich nicht sehr viel, zumindest nicht finanziell gesehen. Für einen Lernenden kann es aber auch eine Chance sein, wenn ihn der Lehrmeister nicht
auf Schritt und Tritt verfolgt, sondern ihm auch Vertrauen schenkt und Verantwortung überträgt. Hierbei ist es oft eine Gratwanderung, wie viel Verantwortung ein Lernender tragen kann oder soll.

Fragen sind wertvoll, für beide Seiten

Als Lehrmeister muss man zudem bereit sein, dem Lernenden die Theorie hinter den täglichen Arbeiten zu erklären. Und wenn ein Lernender mit Fragen kommt, sollte der Lehrmeister diese auch beantworten können. Weiss man
die Antwort zum Beispiel nicht sofort, so kann man auch eine spätere Antwort versprechen. Besonders, wenn die Lernenden die Landwirtschaftslehre nicht direkt nach der obligatorischen Schulzeit beginnen, stellen sie häufig mehr Fragen. Solche Fragen können für einen Lehrmeister auch bereichernd sein. So muss er sich immer wieder selbst überlegen, warum er eine Arbeit so und so macht und nicht anders.

Heute fehlt oft das Vorwissen

Ein Lehrling sollte in alle verschiedenen Aufgaben auf dem Betrieb einen Einblick erhalten. Das heisst, dass dieser dann nicht immer nur Misten muss, sondern auch mal Kälber tränken, melken oder die Futtermischung zubereiten. Oft erwarten Lehrmeister von Lernenden, dass sie bereits alles können, wenn sie auf den Lehrbetrieb kommen. Früher war dies wohl noch eher normal, dass ein Bauernsohn bereits ein gewisses Vorwissen oder Grundverständnis für die Landwirtschaft mitbringt. Heutzutage kommen aber viele Lernende nicht mehr von Landwirtschaftsbetrieben. Für sie ist alles neu und schon gar nicht selbstverständlich. Gerade sie brauchen verständnisvolle Lehrbetriebe. Lernende sind die zukünftigen Landwirte. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass sie in ihrer Ausbildung gut für ihre zukünftige Arbeit gerüstet werden.

Auf das Wohl des Lernenden achten, die Hausordnung einhalten 

Und wie sieht es mit der Versorgung der Lernenden aus? Ihnen wird im Normalfall monatlich 990 Franken vom Lohn für Kost und Logis abgezogen. Bereits zu meiner Lehrzeit aber auch noch heute klagen einige Lernende darüber, dass sie auf dem Lehrbetrieb zu wenig zu essen bekämen. In den meisten Fällen sind Lernende junge Personen, die sich noch im vollen Wachstum befinden. Damit jemand in einem handwerklichen Job seine volle Leistung erbringen kann, braucht er viel Energie. Ein weiterer Klagepunkt einiger Lernenden ist, dass die Chefin die Arbeitskleider, Unterhosen oder Bettwäsche zu selten wäscht. Ich hörte mal von einem Mitlernenden, seine Chefin habe das ganze Jahr seine Bettwäsche nie gewaschen und auch sein Zimmer nie geputzt. Lehrmeisterinnen klagen im Gegenzug darüber, dass Lernende oft zu wenig Wert auf die eigene Körperhygiene legen und man sie mahnen muss, zu Duschen, die Zähne zu Putzen usw. Wozu ist eine Chefin verpflichtet? Und wozu ein Lernender, bezüglich des Zusammenlebens? Rechtlich ist zu diesen Fragen praktisch nichts zu finden. Grundsätzlich ist der Berufsbilder verpflichtet, auf das körperliche, sittliche und geistige Wohl der Lernenden zu achten, und sie gemäss dem Bildungsplan gewissenhaft und verständnisvoll auszubilden. Der Lernende muss im Gegenzug die Hausordnung des Lehrbetriebes beachten.

Damit keine Missverständnisse entstehen, ist es Ideal, die verschiedenen Rechte und Pflichten gemeinsam beim Abschliessen des Lehrvertrages miteinander zu besprechen. Miteinander reden ist auch hier das A und O.