Wenn es in Dürrezeiten um den Anfang vom Ende der Land- und Forstwirtschaft in Deutschland geht, richtet sich der Blick oft auf Brandenburg: Hier ist es sandig und trocken. Kiefernwälder stehen im Sommer regelmässig in Flammen, und die Arbeit auf dem Acker zieht dicke Staubwolken nach sich. Es scheint, als hätte Pessimismus hier einen besseren Nährboden als Kulturpflanzen. Wäre da nicht 30 km vor der polnischen Grenze der Betrieb von Benedikt Bösel, den er marketingbewusst Gut & Bösel nennt. Den Bedingungen und Menschen begegnet der 37-Jährige mit einem Lächeln.
Etwas fehlte im Job
Benedikt Bösel ist begeistert von seinem Betrieb, von seinen Ideen und seiner Vision. 1000 ha Ackerland, 2000 ha Wald und 30 feste Mitarbeiter brauchen aber mehr, um erfolg- und ertragreich zu sein. Wer nachbohrt, wissen will, ob hinter «syntropischer Landwirtschaft» mehr als nur eine Worthülse steckt, wer den Landwirt des Jahres 2022 kennenlernen möchte, dem sei geraten: Genug Zeit mitbringen.
Es waren besondere Um-stände, die ihn dazu bewegten, den elterlichen Betrieb zu übernehmen und ihn kurz darauf so sehr zu verändern. Nach zehn Jahren in der Finanzwirtschaft erfüllte ihn der gut bezahlte Job nicht mehr, etwas fehlte.
Schwermütige Fragen
Schwermütige Fragen darüber, was ihm im Leben wichtig ist, führten ihn zurück nach Alt Madlitz. Er übernahm den Hof, im Gepäck das noch in alter Zeit abgeschlossene Agrarökonomiestudium. Trotzdem war die Herausforderung, die nicht einmal zwei Jahre später auf ihn zukam, kaum zu bewältigen. Die Dürre 2018 brachte Benedikt Bösel erneut an einen Scheideweg. «Ich habe festgestellt, dass Technologie, die sonst üblich ist und gefördert wird, nicht gegen die Trockenheit hilft. Mir wurde klar, dass ich in die Bodengesundheit investieren muss, sagt er.
Er änderte das Betriebskonzept von Grund auf. Dass er das nicht allein schaffen würde, war ihm klar. «Erst habe ich keine Unterstützung bekommen. Dann habe ich private Mittel eingesetzt, eine GmbH gegründet und erste Kühe gekauft.» Über die GmbH setzt Benedikt Bösel seine Projekte zur multifunktionalen und regenerativen Landnutzung um. Das Unternehmen unter dem Dach Gut & Bösel überzeugte zahlreiche Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft. Ein wesentlicher Teil der Innovationsförderung war damit gesichert.
Hühner unter Bäumen
Heute präsentiert der ehemalige Investmentbanker seine Erfolge mit Stolz. Auf der Weide für die 150 Salers- und Angus-Rinder staubt es, doch Bösels Augen leuchten. Im ganzheitlichen Weidemanagement werden die Tiere zwei- bis dreimal am Tag umgetrieben.
«Sie werden ganzjährig draussen gehalten und mobil geschlachtet. Das Fleisch geht an Restaurants»,
so Bösel.
Als er auf einer seiner Agroforstflächen in den Oberboden greift, wirkt die Erde in seiner Hand erstaunlich humushaltig. Veredelt und vorgezogen werden die Bäume und Sträucher in einer eigenen Baumschule.
Das Kompostierungssystem produziert grosse Mengen an Humus für die Sandböden mit durchschnittlich 30 Bodenpunkten. Für Bösel ist die Mitgliedschaft im Bioverband Naturland nur ein Randthema. Statt des Biologos stellt er sein Konzept mit regenerativen und multifunktionalen Ansätzen in den Vordergrund.
Auf seiner Weihnachtsbaumplantage zum Beispiel befinden sich auch Brombeeren, Himbeeren und Hühner, die den Boden unkrautfrei halten. Geerntet wird nur die Spitze der Bäume, die sich nach wenigen Jahren wieder neu gebildet hat.
Junge geben ihm Mut
Fährt Benedikt Bösel durch seinen Wald, kommen ihm viele Kindheitserinnerungen. Trotzdem weiss er, dass der Bestand mit 70 Prozent Föhren langfristig keine Chance mehr haben wird. Um auch der Generation seiner Tochter einen Wald zu hinterlassen, hat er ein Umbauprojekt gestartet. Die Hochschule in Eberswalde und Bösels Team arbeiten daran, einen resilienten Mischwald aufzubauen.
Folgt er den Erläuterungen seines Kollegen, der den Waldumbau leitet, verliert Benedikt Bösel das Staunen nicht: «Er ist wie ein wandelndes Lexikon. Ich bin immer wieder aufs Neue beeindruckt.» Weil er ein Händchen dafür hat, motivierte und kompetente Mitarbeiter für sich zu gewinnen, kann Bösel sich als Manager voll darauf konzentrieren, seinen Betrieb zu gestalten. Dabei macht er zwischen vielen Terminen und Telefonaten Scherze mit Mitarbeitern und Praktikanten. Voller Zuversicht stellt er fest: «Zu sehen, wie viel Freude diese jungen, gut ausgebildeten Menschen an der Landwirtschaft haben, gibt mir extrem viel Mut.»
Betriebsspiegel Gut & Bösel
Name: Benedikt Bösel
Ort: Alt Madlitz, Gemeinde Briesen, Brandenburg (D)
Arbeitskräfte: 30 feste Mitarbeitende, ca. 30 Praktikant(innen) jährlich
Ackerfläche: 1000 ha (Weizen, Roggen, Dinkel, Hafer, Gerste, Sonnenblumen, Luzerne, Lupinen, Erbsen), davon jährlich ca. 550 ha mit Untersaaten und Zwischenfrüchten
Agroforst: 60 ha (fünf Parzellen) mit über 25 000 Bäumen und Sträuchern
Wald: 2000 ha mit 70 Prozent Föhren
Viehbestand: 60 Salers- und Angus-Kühe, 90 Rinder. Im Sommer weiden die Tiere auf mehrjährigen Ackerflächen, im Winter auf Untersaaten und Zwischenfrüchten, 200 Hühner
Weiteres: Bösel hat die Finck-Stiftung gegründet, die Forschungsarbeiten mit diversen Partnern durchführt. Er hat zudem die Firma Landvision gegründet, die Projekte für Agroforst und Weidehaltung umsetzt.
Jetzt bewerben für den Ceres Award
[IMG 4] «Beim Ceres Award geht es um aussergewöhnliche Menschen: Wer gute Betriebsergebnisse erzielt, umweltbewusst und nachhaltig wirtschaftet und das Wohl von Tier und Mensch im Auge behält, ist die ideale Kandidatin oder der ideale Kandidat», heisst es in einer Medienmitteilung des Deutschen Landwirtschaftsverlags in München. Vergeben wird der Preis seit zehn Jahren vom Fachmagazin «Agrarheute», die BauernZeitung ist Medienpartnerin.
Seit Donnerstag, 16. Februar 2023 ist die Ausschreibung für den Preis in den Kategorien Rinderhalter, Schweinehalter, Geflügelhalter, Ackerbauer, Unternehmerin, Energielandwirt und Junglandwirt eröffnet. Teilnehmen können dabei auch Landwirt(innen) aus der Schweiz.
Bereits mehrfach haben sie beim Award gewinnen können. Judith Pfefferli holte sich 2015 die Trophäe für die beste Geschäftsidee. Christian Hurni und Simon van der Veer waren in der gleichen Kategorie 2020 mit ihrer Süsskartoffel-Vermarktungsfirma erfolgreich. 2021 wiederum gewann Bernhard Hänni in der Kategorie Biolandwirt. Gesucht werden 2023 Landwirt(innen), «die durch Unternehmergeist und Denken in Kreisläufen brillieren und Produkte in höchster Qualität produzieren».

