Heute müssen Betriebsleitende sehr viel dokumentieren und werden von verschiedenen Seiten – z. B. dem Zuchtverband – mit Daten beliefert. Die eingesetzten digitalen Systeme auf einem Betrieb und bei externen Stellen sind momentan nicht oder nur ungenügend miteinander vernetzt. Für Landwirtinnen und Landwirte bedeutet dies, unzählige Logins im Überblick zu behalten, teils mehrfache Erfassung gleicher Daten und weitere Umständlichkeiten.
Vernetzen für die Automatisierung
Durch sogenannte Farm Management Information Systems, kurz FMIS, lassen sich verschiedene Maschinen, Programme und Plattformen in der Landwirtschaft miteinander vernetzen. Dadurch können zahlreiche Prozesse auf dem Betrieb automatisiert werden. So ist es zum Beispiel möglich, dass durch die Einbindung von Traktoren und Anbaugeräten in das System, Arbeiten wie Mähen, Pflügen, Eggen, usw. automatisch dokumentiert werden, oder die Bestellungen direkt in der Buchhaltung verbucht werden können.
Angebote auf dem Markt
Im deutschsprachigen Raum gibt es zahlreiche Software-Systeme für die Landwirtschaft. Diese sind häufig auf einen bestimmten Bereich, z. B. Ackerbau, spezialisiert. Gesamtbetriebliche Lösungen gibt es nur sehr wenige. Bezogen auf die Funktionsbreite sind momentan die beiden kommerziellen Programme 365 FarmNet und Next Farming führend. Diese sind aber nicht auf die Schweizer Verhältnisse angepasst.
Für die Schweiz ist derzeit erst ein System im Angebot, welches einen gesamtbetrieblichen Ansatz verfolgt. Das ist Barto, ein digitaler Hofmanager, der auf 365 FarmNet basiert und noch mit spezifischen Modulen wie z. B. einem elektronischen Wiesen- und Auslaufjournal ergänzt ist. Verknüpfungen zum Melk- oder Fütterungsroboter oder auch Funktionen im Bereich Arbeitsmanagement oder Buchhaltung fehlen allerdings.
Grosser Bedarf vorhanden
Das Bedürfnis nach ganzheitlichen Systemen, mit denen sämtliche Betriebsbereiche überblickt und geführt werden können, ist hoch. Das zeigte sich bei einer Befragung von Bäuerinnen und Bauern in der Deutschschweiz im Zusammenhang mit einer Diplomarbeit am Strickhof. Zudem ist es für den Grossteil der Befragten sehr wichtig, dass sie die Datenhoheit auf dem Betrieb behalten und die Anbieter eines solchen Systems unabhängig sind. Die laufende Entwicklung von digitalen Systemen deutet darauf hin, dass die Verfügbarkeit eines ganzheitlichen Systems in rund fünf Jahren realistisch ist.
Hans Fässler hat Bedarf, Nutzen und Risiken von Farm Management Information Systems im Rahmen seiner Diplomarbeit am Strickhof untersucht. Betreut wurde er von Prof. Dr. Matthias Schick und Lukas Schulthess.
«Digitale Hilfsmittel müssen einen Mehrwert bieten»
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Josias Meili aus Eschlikon TG ist Landwirt EFZ und Agronom FH. (Bild zVg)
Josias Meili, welche Hilfsmittel nutzen Sie für das Führen Ihres Milchviehbetriebes?
Josias Meili: Wir setzen auf unserem Betrieb ein einfaches Wiesen- und Auslaufjournal ein. Zudem arbeiten wir mit dem Herdenmanagementsystem T4C von Lely. Über Agate machen wir die Hoduflu- und Tierverkehrsmeldungen und für die Buchhaltung nutzen wir die Software A-Twin.Cash. Unter uns Betriebsleitern kommunizieren wir über WhatsApp und einem Whiteboard im Stall.
Welche Chancen sehen Sie in der digitalen Betriebsführung über ein FMIS?
Durch die Verknüpfung verschiedener Systeme kann sicher der administrative Aufwand reduziert werden, da eine Mehrfacherfassung gleicher Daten wegfällt und man benötigte Daten schneller findet.
... und Risiken?
Die Datensicherheit ist da ein wichtiges Thema. Ich muss die volle Kontrolle haben, wann welche Daten den Betrieb verlassen. Zudem frage ich mich, was passiert, wenn das System ausfällt. Oder wenn ich einige Tage kein Internet habe.
Was fehlt Ihnen derzeit noch bei den elektronischen Hilfsmitteln für die Landwirtschaft?
Im Moment fehlt mir die Vernetzung unterschiedlicher Programme und Plattformen. Dadurch sind mir viele Systeme noch zu wenig schlau. Ausserdem stimmt heute bei vielen digitalen Hilfsmitteln das Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht.
Ihr kurzes Schlusswort dazu?
Digitale Hilfsmittel müssen einen Mehrwert bieten. Entweder durch Erhöhung der Einnahmen oder durch Einsparung von Zeit, Betriebsmitteln oder Kosten.
Interview Hans Fässler