Der Gemeindeverband Baldegger- und Hallwilersee (GVBH) führt die Delegiertenversammlung wie bereits im Vorjahr im Zirkularverfahren durch. In ihrem Kontrollbericht an die Verbandsgemeinden beantragt die dreiköpfige Kontrollstelle, die Leistungsvereinbarung und den darauf basierenden Finanzplan 2023 bis 2026 abzulehnen. Ferner soll der Kanton den Beitrag für den Hallwilersee wieder wie früher an den Verband ausrichten. Und die Gemeindebeiträge für 2021 seien um 20 Prozent zu kürzen.

Umfassender abklären

«Die alleinige Fokussierung auf den Phosphoreintrag erscheint uns zu einseitig», erklärt Christian Budmiger. Er ist Präsident der Kontrollstelle und Gemeindepräsident von Aesch. «Wir wollen, dass der Kanton auch den Einfluss von andern Schadstoffen auf das Leben im See untersucht.» Als Beispiele nennt er Hormon- und Antibiotikarückstände aus den ARAs, Schwermetallrückstände durch Bremsstaub, Pneuabrieb und die ungefilterte Strassenentwässerung. Der Phosphorgehalt im Baldeggersee sei nämlich tiefer als im Boden-, Zürich- oder Zugersee. Ungeklärt sei beispielsweise der atypische Zusammenhang zwischen Phosphorgehalt und Burgunderblutalgen (ein Bakterium): «Im Hallwilersee wachsen die Felchen nicht mehr richtig. Deshalb zweifeln wir, dass in Sachen Forschung genug getan wird. Wenn wir die Leistungsvereinbarung in der vorliegenden Fassung gutheissen, geschieht diesbezüglich in den nächsten vier Jahren nichts.»

Die Frage, ob die Kontrollstelle damit Anliegen aus der Landwirtschaft aufnehme, verneint Budmiger. Es gehe um die Gemeinden. «Laut Statuten sind sie für die Gesundung beider Seen zuständig.» Diesem Grundsatz widerspreche die Praxis des Kantons Luzern, den Beitrag direkt an den Aargau zu zahlen. «Wir wollen wie früher einen Beitrag an die Verbandsaufgaben. Die Sanierung der beiden Seen ist nicht nur eine Aufgabe der Anrainergemeinden, sondern liegt im öffentlichen Interesse.» Mit dem Rabatt von 20 Prozent auf die Gemeindebeiträge will die Kontrollstelle verhindern, dass der Verband übermässig öffentliche Gelder anhäuft.

Seesanierung braucht viel Zeit

Demgegenüber steht der Vorstand nach Aussage von Präsident Roland Moser einstimmig hinter der Leistungsvereinbarung. Natürlich müsse man die Schadstoffeinträge gesamtheitlich betrachten, aber: «Unser Verband ist im Wesentlichen für die Seebelüftung zuständig. Grund für die notwendige Sauerstoffzufuhr ist und bleibt die Überdüngung.» Der Phosphoreintrag sei in den letzten 20 bis 30 Jahren zwar zurückgegangen, die Altlasten in den Sedimenten bauten sich jedoch nur langsam ab. «Langfristig sind wir auf einem guten Weg, es braucht einfach viel Zeit.» Eine deutliche Entlastung verspricht sich Moser von der geplanten ARA in Wildegg, welche die Anlagen in Hochdorf und Mosen ersetzen soll.

Massiver Investitionsbedarf

Einen festen jährlichen Beitrag an die Betriebskosten verlangt auch der Vorstand. Die Forderung wurde zwar nicht erfüllt, ist aber explizit in der Leistungsvereinbarung deponiert. Moser begründet sie mit den Kosten von rund 150 000 Franken für den Reinsauerstoff, die beim Baldeggersee jährlich anfallen. Dies im Gegensatz zum Hallwiler- und Sempachersee, sie werden nur noch mit Druckluft belüftet.

Dank des Beitrags von je 50 000 Franken für die Jahre 2020 und 2021 aus dem Lotteriefonds resultiere statt eines Defizits ein Überschuss. «Wir sind auf Reserven angewiesen», betont Roland Moser. «Denn in den kommenden Jahren müssen wir unsere Belüftungsanlagen komplett erneuern. Die Kosten werden sich auf mehrere hunderttausend Franken belaufen.» Die gute Eigenkapitalsituation erlaube es, auf eine künftige Beitragserhöhung zu verzichten.

Gesetz fordert Massnahmen

Was geschähe bei einer Ablehnung der Leistungsvereinbarung durch den GVBH? Natürlich würde man mit dem Vorstand diskutieren, sagt Werner Göggel, Abteilungsleiter Gewässer und Boden bei der kantonalen Dienststelle Umwelt und Energie. Allerdings bleibe die Ausgangslage unverändert: «Die Gemeinden sind gesetzlich verpflichtet, die Massnahmen zum Schutz der Gewässer zu treffen. Die Aufgaben erwachsen nicht aus der Leistungsvereinbarung an sich, sondern aus der Gesetzeslage. Die Vereinbarung beschreibt lediglich die Rolle der Partner bei der Seesanierung und die Modalitäten der Zusammenarbeit.» An dieser Zuständigkeit ändere sich nichts, unabhängig davon, ob der Verband die Vereinbarung unterschreibe oder nicht.

Die Forderung nach einer stärkeren finanziellen Beteiligung des Kantons sei bekannt. Der Kanton leiste vor allem im Rahmen des Phosphorprojekts einen wesentlichen finanziellen Beitrag an die Reduktion der Phosphoreinträge in die Seen und damit an die Seesanierung. Mit Verweis auf das hängige Verfahren vor Kantonsgericht wollte sich Göggel nicht zur Thematik der Schadstoffeinträge äussern.