Ende August stellte die Thurgauer Kantonsregierung ihr Projekt Thur+ vor. Dieses verfolgt die folgende Ziele: Der Hochwasserschutz soll gewährleistet und die Biodiversität soll erhöht werden.Der Hochwasserschutz ist im Thurtal besonders herausfordernd. Denn die Thur verfügt über keinen vorgelagerten See, der bei Extrem-Niederschlägen sozusagen als «Rückhaltebecken» dienen könnte. Kommt hinzu, dass die Thur über weite Strecken kanalisiert ist. Dies schränkt die Biodiversität erheblich ein.

Vernehmlassung läuft noch

Das Konzept Thur+ sieht im Wesentlichen vor, dass dem Lauf der Thur zwischen den bestehenden Dämmen mehr Freiraum gegeben werden soll. Die Dämme sind auf Schwächen zu überprüfen und wo nötig zu verbessern. Das heutige Flussbett soll von50 auf 80 Meter aufgeweitet werden. Zu diesem Zweck sollen etwa Blocksteine der Uferverbauung entfernt werden.Die Vernehmlassung zum Projekt Thur+ läuft noch bis Ende Jahr. Der Verband Thurgauer Landwirtschaft hat sich noch nicht im Detail zum Projekt geäussert. Massgebend für ihn ist die Frage, in welchem Ausmass mit Landverschleiss gerechnet werden muss und wie mit den Fruchtfolgeflächen umgegangen wird. Am Mittwoch hat die IG Lebendige Thur den Medien ihre Stellungnahme zum Konzept Thur+ vorgestellt.

Zu kleine Gewässerräume

Die Interessengemeinschaft, in der sich Umwelschutzorganisationen und die Fischereiverbände der Kantone Thurgau und St. Gallen  zusammengeschlossen haben, stellt ihre Stellungnahme unter den Titel «Das Konzept Thur+ hält nicht, was es verspricht». Der Hochwasserschutz hänge in erster Linie von der Grösse des Gewässerraums und der Geschiebemenge ab, hält die IG in ihrer Stellungnahme fest. Der Hochwasserschutz sei im vorliegenden Konzept aber nicht gegeben, weil die vorgesehenen Gewässerräume zu klein bemessen seien. Ausserdem gehe die Thurgauer Regierung von viel zu kleinen Geschiebemengen aus. Weiter kritisiert die IG, dass die Gewässerräume mit beidseitig 15 Metern generell zu tief angesetzt seien. Bei der Umsetzung von geplanten Revitalisierungsmassnahmen werde es schwierig, diese auszuweiten.

Vor Weggabelung

Christian Hossli, der Geschäftsführer der IG, kritisierte vor ­allem die im Konzept vorgesehenen Reaktions- oder Beobachtungslinien innerhalb der bestehenden Dämme. Wenn der Wasserlauf der Thur diese Linien erreicht, soll eine Ausweitung des Gewässerraums gestoppt werden.

Das Konzept Thur+ präge die Zukunft der Thur über Jahrzehnte, sagte Toni Kappeler, der Präsident von Pro Natura Thurgau. Man stehe vor einer Weggabelung und es sei wichtig, dass der Thur zwei bis drei Prozent der Fläche zurückgegeben werde, die ihr im 19. Jahrhundert genommen wurde.

«Wo Wasser auf Land stösst, entstehen neue Lebensräume», sagte Robin Stacher, der Geschäftsführer vom WWF Thurgau. Es sei wichtig, dass die Auengebiete entlang der Thur ökologisch aufgewertet werden.

Parlament entscheidet über Konzept

Nach Ablauf der Vernehmlassung wird die Thurgauer Regierung ein Konzept erarbeiten, das vom Kantonsparlament genehmigt werden muss. Die Umsetzung soll gestaffelt in einem Zeitraum von 30 Jahren erfolgen.