Der Transport vom Stall zum Schlachthof bedeutet für Geflügel eine fremde Umgebung, ungewohnte Geräusche und eine räumliche Enge. Kurzum: Stress. Die Innovation des österreichischen Landwirtes Matthias Mayr bietet eine Lösung, um den Tieren den belastenden Transport zu ersparen. Er hat eine mobile Geflügelschlachtung entwickelt, die es jedem Landwirt ermöglicht, sein Geflügel direkt auf dem eigenen Hof schlachten zu lassen oder, mit entsprechendem Sachkundenachweis, selbst zu schlachten.
Keinen langen Transportweg
Der Landwirt hält in Kematen im Tirol gemeinsam mit seiner Familie unter anderem 3000 Masthühner und investiert viel in das Wohlergehen seiner Tiere. Nach rund neun Wochen Aufzucht steht die Schlachtung an. An diesem Punkt sah der Landwirt Verbesserungspotenzial, denn wie sich herausstellte, gab es keine offizielle Schlachtmöglichkeit in der Nähe des Betriebes. Dies hätte einen langen Transportweg für die Tiere bedeutet. «Diesen Stress wollte ich meinen Hühnern ersparen und dachte mir, da muss es doch eine Lösung geben», sagt Matthias Mayr dem deutschen Landwirtschaftsmagazin «Top Agrar».
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Im vorderen Teil der Schlachteinheit werden die Tiere betäubt, entblutet, gebrüht und gerupft. Danach wird der Schlachtkörper durch eine Trennwand gegeben und weiterverarbeitet. (Bild: Christian Knapp)
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Der Transportweg der Tiere ist sehr kurz. Sie werden vom Stall direkt zur Schlachteinheit auf dem Hof gebracht. (Bild: Christian Knapp)
Die mobile Schlachtung als Angebot vom Maschinenring
Matthias Mayr entwickelte in den letzten Jahren das entsprechende Konzept inklusive Managementvorgaben und hygienerechtlicher Vorgaben. Als Berater der Geflügelwirtschaft hat er ein Pilotprojekt mit der Landwirtschaftskammer Tirol und dem Maschinenring Tirol umgesetzt. Mittlerweile wird die mobile Geflügelschlachtung vom Maschinenring Tirol überbetrieblich ausgeführt.
Das Schlachtmobil
Ist das Schlachtmobil im Einsatz, können etwa 60 Tiere pro Stunde geschlachtet werden. Diese Zahl orientiert sich nach der Art der Ausschlachtung und der Personenzahl. Alle Leitungen und Rohre sind unter dem Innenputz verlegt, so dass eine glatte Oberfläche entsteht, die leicht zu reinigen ist. Insgesamt zwei Abwasserrinnen sind in der Bodenversiegelung eingelassen und ermöglichen die zentrale Abführung des Schmutzwassers.
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Im vorderen Bereich der Schlachteinheit werden die Tiere elektronisch betäubt. (Bild: Christian Knapp)
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Nach dem Rupf kann der Schlachtkörper durch eine Durchreiche in der Trennwand zur Weiterverarbeitung gegeben werden. (Bild: Christian Knapp).
Unterschiedliche Ausführungen erhältlich
Neben der elektrischen Betäubungsanlage stehen Trichter zur Entblutung, sowie Brühkessel und Rupfmaschine zur Verfügung. Eine Trennwand mit Durchreiche trennt den sogenannten «schwarzen» Bereich, vom «weissen» Bereich, in dem dann ein Edelstahlarbeitstisch für die Weiterverarbeitung zur Verfügung steht. Das Schlachtmobil gibt es wahlweise mit oder ohne integrierter Kühlzelle. Ebenfalls wird das Schlachtmobil in unterschiedlichen Längen hergestellt (vier bis acht Meter).
Mayr hat eine tierartübergreifende Vision
Es soll nicht nur beim Geflügel bleiben. «Alle Tiergattungen können mobil geschlachtet oder getötet werden, und der leidige Tiertransport und der einhergehende Stress der Tiere gehört minimiert, beziehungsweise komplett verhindert. Deshalb arbeiten wir bereits an weiteren Lösungen», so schreibt Mayr auf seinem Blog. Mit der Gründung der «Gesellschaft für mobile Schlachtung», will Matthias Mayr das Schlachtmobil an viele Höfe bringen. Dabei wird er von den Herstellern Daniel und Christoph Stückler aus Kärnten unterstützt.
Findet die mobile Schlachteinheit auch ihren Weg in die Schweiz?
Willi Neuhauser, Geschäftsführer der Schweizer Genossenschaft Gallo Circle berichtet: «Auch wir sind auf diese innovative Idee aufmerksam geworden. Eine Arbeitsgruppe des Gallo Circle befasst sich mit dem Thema und hat im Herbst 2020 eine Anfrage beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), betreffend den rechtlichen Bedingungen in der Schweiz eingereicht.» Der Projektverantwortliche für die mobile Geflügelschlachtung bei Gallo Circle, Daniel Eschbach, ergänzt: «Grundsätzlich steht einer mobilen Geflügelschlachtanlage für kleine Geflügelherden vonseiten des BLV nichts im Wege.»
Initianten werden unterstützt
Es gäbe auch schon in Betrieb genommene Anlagen in Deutschland, welche für Schweizer Verhältnisse nur wenig optimiert werden müssen. Das BLV habe bereits Unterstützung zuge-
sichert. Die mobile Schlachtung müsse den Lebensmittelvorschriften entsprechen. Dies wird mit den zuständigen Behörden noch geklärt. «Aus Sicht der kleinen Geflügelhalter und der Produzenten besteht ein reges Interesse an einer kostengünstigen und effizienten Lösung, um eine zeitlich passende Ausstallung gewährleisten zu können», so Daniel Eschbach. Bislang ist in der Schweiz noch keine mobile Schlachtanlage in Betrieb. Der Gallo Circle würde Initianten eines solchen Projektes sehr unterstützen.
Weitere Informationen:
www.mobile-schlachtung.at