Urs Leuenberger produziert den weltbesten Käse: «Um gewinnen zu können, muss alles stimmen»

Der 12-monatige Le Gruyère AOP surchoix von der Bergkäserei Vorderfultigen im Gantrischgebiet ist der beste Käse der Welt. Zu diesem Entschluss kamen die 250 Jurymitglieder an den World Cheese Awards vom 2. November 2022 in England. In einem mehrstufigen Verfahren kürten sie den Schweizer Klassiker zum Siegerkäse. Dieser Gruyère AOP schmelze regelrecht auf der Zunge, sei blumig und brilliere im Nachgang mit einem leichten Ledergeschmack, so das Juryurteil. So einfach war es aber nicht: Immerhin musste der Gruyère AOP die anderen 4434 Käse aus 42 Ländern aus dem Weg räumen.

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Käser mit Leidenschaft

Hergestellt wurde der Gruyère AOP von Urs Leuenberger von der Bergkäserei Vorderfultigen. Leuenberger ist Käser mit Leidenschaft, schon sein Vater führte eine Käserei in der Unterlangenegg. Der Preis an den World Cheese Awards habe ihn etwas überrascht, mache ihn aber stolz. «Die tägliche Arbeit wird ausgezeichnet, und man weiss, dass man auf dem richtigen Weg ist», so der 57-jährige Käsermeister. Er, der jahrelang Emmentaler hergestellt hat. Er, der nicht im Ursprungsgebiet des Gruyère-Käses zu Hause ist, hat bewiesen, dass er sein Handwerk versteht.

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Die BauernZeitung besuchte Urs Leuenberger diese Woche frühmorgens an seinem Arbeitsort in Vorderfultigen. Es ist noch dunkel, trotzdem fliesst die Morgenmilch von den acht Milchlieferanten schon im 3200 Liter fassenden Kessi. Zusammen mit der Abendmilch gibt es heute sieben Laibe Gruyère AOP à 35 kg. Seit 2015 ist Leuenberger in der Käserei Vorderfultigen tätig, seit 2017 ist er deren Milchkäufer. Zusammen mit seinem Mitarbeiter Pius Hitz verarbeitet er jährlich rund 1,2 Mio kg Milch zu 80 Tonnen Gruyère-AOP-Käse.

Dazu kommen die hauseigenen Käsespezialitäten wie Fultiger-, Fultigerchrüsch-, Crémeux- und Chrüterzauber-Käse. Auch eine eigene Fondue-Mischung steht auf ihrer Verkaufsliste. Seit 1883 wird in der Käserei Vorderfultigen gekäst. Vor rund 50 Jahren habe man vom Emmentaler auf den Gruyère gewechselt. «Obwohl die Käserei mit ihren acht Milchlieferanten eher klein ist, ist sie trotzdem gut unterwegs», sagt Urs Leuenberger. So betrage der Nettomilchpreis für Gruyère-Milch zirka 89 Rp/kg.

Es muss alles stimmen

Damit man mit seinem Käse an den World Cheese Awards gewinnen könne, müsse einfach alles stimmen: «Dies fängt schon bei der Milchqualität an», sagt der Käsermeister und windet sogleich ein grosses Kränzchen an seine Milchlieferanten. «Ohne einwandfreien Rohstoff kein guter Käse und ohne guten Käse auch keine hohe Punktzahl», bilanziert er. Zwei Monate lang bleiben die Gruyère-Laibe in den Kellern der Vorderfultiger Käserei. «Aus Platzmangel werden sie für weitere zwei Monate in einer anderen Gruyère-Käsrei gelagert», so Leuenberger.

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Mit vier Monaten werden die Laibe dann an den Käseaffineur Gourmino verkauft, welcher einen grossen Teil der Käse für weitere neun Monate in Reichenbach im Kandertal reifen lässt, bevor er in den Handel gelangt. Gourmino war es übrigens, der den Käse von Leuenberger nach England zum Wettbewerb eingeschickt hatte. «Der Weltmeistertitel ist sicher nicht nur für den Gruyère AOP, sondern auch für die gesamte Schweizer Käsebranche beste Werbung», ist Leuenberger überzeugt. «Ob ich oder die Käserei Vorderfultigen vom Erfolg profitieren können, lasse ich mal offen», sagt er augenzwinkernd. Er wisse nur, dass sich nach der Bekanntgabe des Triumphs ein norwegischer Händler bei Gourmino gemeldet habe, um an den Gruyère AOP zu gelangen.

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Das Zepter übergeben

Nun ist es 9 Uhr, höchste Zeit, die Käsemasse aus dem Kessi zu pumpen. Jeder Handgriff sitzt, geredet wird dabei nicht viel. Obwohl Urs Leuenberger jetzt mit dem Weltmeistertitel richtig durchstarten könnte, will er doch Ende Jahr das Zepter in die Hände seines Mitarbeiters Pius Hitz übergeben. «Dann bin ich nicht mehr Milchkäufer, sondern nur noch Angestellter von der Käserei Vorderfultigen», sagt er zufrieden.

Und zufrieden kann Leuenberger allemal sein, denn einen Weltmeistertitel trägt man ein Leben lang, ob man Käsermeister ist, ein Milchkäufer oder eben «nur» ein Angestellter.