Ein lautstarkes «Muh» ertönt aus der Hosentasche von Bruno Schütz. Der Milchviehproduzent nimmt sein Handy hervor. Die App «Moocall» hat sich soeben bei ihm gemeldet: «Bald kommt das nächste Kalb zur Welt», weiss er.
Bruno Schütz ist einer von wenigen Landwirten in der Schweiz die den Sensor Moocall in ihren Stall geholt haben. Eine irische Innovation, die das Einsetzen der Wehen ermittelt und die Geburt eines Kalbes voraussagt.
Familie Schütz ist seit 47 Jahren innovativ
Familie Schütz aus Wahlendorf BE war schon immer ihrer Zeit voraus. «Nach dem Kauf unseres Hofs 1969 hat mein Grossvater den Stall mit Futterlager neu erstellt. Der Stall war damals ein Anbindestall, jedoch für damalige Verhältnisse sehr grosszügig gebaut, so dass heute auch mit grossen Maschinen gearbeitet werden kann. 1995 haben wir die Milchviehhaltung auf Laufstall umgestellt und einen der ersten Tandemmelkstände in der Region errichtet», erzählt Bruno Schütz stolz. Er hat im Januar den Vollweidebetrieb mit 40 Holstein- und Red-Holstein-Milchkühen und 42 Hektaren Acker- und Grünland von seinem Vater Walter Schütz übernommen.
Die Unabhängigkeit überzeugte ihn
Von den 40 Milchkühen auf Schützs Betrieb sind aktuell zwei hochträchtig. Eine Kuh steht kurz vor der Geburt und trägt ein auffällig grünes Band um ihren Schwanz. «Wir haben diese Manschette vor etwa fünf Jahren in einer Zeitungsreklame entdeckt», erinnert sich Walter Schütz. Bei einer Agrimesse stellte Thomas Moser von Moser Stalleinrichtungen die Manschette namens Moocall vor und überzeugte ihn von einem Vorteil ganz besonders: «Wir müssen jetzt nicht mehr permanent da sein, wenn eine Kuh kurz vor der Geburt steht.»
Warnung per SMS-Nachricht
Moocall ist eine Manschette mit einem Bewegungssensor, die am Schwanz der Kuh befestigt wird. Der Sensor nimmt die vertikale Bewegung des Schwanzes auf und erkennt aufgrund des Bewegungsmusters das Einsetzen der Wehe. «Das Gerät schickt eine Warnung per SMS an mein Handy, bevor das Abkalben beginnt», erzählt Bruno Schütz. Der 28-jährige nimmt sein Handy hervor und öffnet die gleichnamige App. Eine Reihe von Nachrichten wird angezeigt. «Hohe Aktivität in den letzten zwei Stunden», informiert eine der Nachrichten. «Ich erhalte die erste Nachricht, sobald das Gerät das vertikale Schwanzwedeln der Kuh registriert.
Wird das Wedeln heftiger, steht die Kuh kurz vor der Geburt. Die zweite Nachricht geht bei mir ein. Für mich heisst es dann, dass ich losgehen kann, denn innerhalb von einer Stunde kommt das Kalb zur Welt», erzählt Bruno Schütz. Das lohne sich vor allem bei einem Vollweidebetrieb, wie ihn Schütz besitzt. «Ich muss nicht immer raus auf die Weide gehen und nachschauen, oder nachts aufstehen.» Früher musste er drei bis vier Mal pro Tag nach der trächtigen Kuh sehen. Nun spare Schütz etwa 15 Minuten pro Gang, etwa eine Stunde pro Tag mit Moocall ein.
Einfache Handhabung von Moocall
Aktuell setzt Bruno Schütz nur ein Gerät auf seinem Hof ein. «Eins reicht für 30 bis 40 Kühe, denn nicht jede Woche kalbt eine Kuh.» Die handygrosse Manschette bringt der junge Landwirt etwa zwei Tage vor dem Abkalben am Schwanz der Kuh an. «Länger sollte sie nicht dran hängen. Es kann Druckstellen verursachen», weiss er aus Erfahrung. Wenn die Manschette mehr als vier Tage an der Kuh befestigt ist, informiere ihn Moocall auch darüber per SMS-Nachricht.
Im Stall demonstriert Bruno Schütz die Anbringung des Geräts an einer trächtigen Kuh. Mit nur einem Klippverschluss ist die Manschette am Schwanz angebracht. Zum Ein- und Ausschalten gibt es nur einen Knopf. «Da kann man nichts falsch machen», sagt Schütz. Der Akku hält bei ihm etwa 3 bis 4 Monate, der Anbieter spricht von einem Monat. Die Aufladung erfolgt mit USB-Aufladegerät. Die App sei sehr bedienungsfreundlich und logisch erklärt und funktioniere auch bei schwachem Netz.
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Bisher nichts Vergleichbares auf dem Markt
Ein vergleichbares Gerät haben Vater und Sohn Schütz bisher nicht auf dem Markt gesehen. «Als Alternative gibt es zwar Überwachungskameras, aber selbst da muss man immer nachschauen», sagt Walter Schütz. Die Benachrichtigung der Moocall-App sei zuverlässiger. Nach dem Kauf des Geräts zahlt Familie Schütz jährlich 150 Franken (siehe Kasten). «In diesem Abo ist der Service enthalten. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt für uns», ist Bruno Schütz überzeugt.
Bisher sind Bruno und Walter Schütz mit dem Gerät zufrieden. Als nächste Anschaffung könnten sich beide den «Moocall Heat» vorstellen. «Das Halsband erkennt durch Bewegungen des Stieres, wenn die Kühe brünstig werden», weiss Bruno Schütz. Doch vor einem Kauf möchte sich der Landwirt bei Moser Stalleinrichtungen zuerst gut beraten lassen.
Wo ist es in der Schweiz erhältlich?
Etwa 350 Schweizer Landwirte nutzen Moocall in ihrem Stall. Das irische Produkt ist bei Moser Stalleinrichtungen ab Fr. 380.–/Stück (exkl. MwSt.) erhältlich. Die Servicegebühr beträgt zirka 150 Franken pro Jahr. Darin enthalten sind:
- Kostenlose App für iOS und Android.
- Abdeckung aller Schweizer Mobilfunkanbieter (bei
schwachem Netz durch GSM). - Kostenlose Updates.
- Deutschsprachiger Support durch Moocall.
Die Servicegebühr entfällt für zwei Jahre bei einer Aktivierung bis zum 30. Juni 2020. Im Stall sind keine Installationen wie WLAN, Basisstationen
oder Strom erforderlich. Eine Manschette reicht i. d. R. für 30 bis 40 Kühe.
«Die Schweiz hat Verbesserungspotenzial bei der Kälbersterblichkeit»
Vincenz Wagner, Marktberater bei Enterprise Irland und für irisch-schweizerische Geschäftsbeziehungen zuständig, erklärt, warum «Moocall» im Stall nicht fehlen sollte.
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Vincenz Wagner, warum brauchen Landwirte «Moocall»?
Der Bauer kann mit Moocall wieder nachts schlafen und tagsüber anderweitig arbeiten ohne immer wieder nach der hochträchtigen Kuh zu schauen. Erst wenn er eine SMS-Warnung erhält, ist es soweit und er
kann direkt bei der Geburt Komplikationen entgegen-
wirken.
Kommen normalerweise viele Kälber bei der Geburt ums Leben?
Weltweit führen 3 Prozent der Kalbungen zu einem toten Kalb. 18 Prozent der Färsen haben Schwierigkeiten beim ersten Kalben und benötigen Unterstützung. 8 Prozent aller Kühe haben Abkalbe-Schwierigkeiten. In der Schweiz liegt die Kälbersterblichkeitsrate bei 3 bis 5 Prozent. Die Schweiz liegt damit etwas über dem Durchschnitt und hat damit deutlich Verbesserungspotenzial.
Setzt Moocall denn die Sterblichkeitsrate der Kälber herab?
Ja, da der Landwirt rechtzeitig da sein kann, um seiner Kuh zu helfen, falls sie Hilfe beim Kalben benötigt, z. B. wenn Fehlpräsentation, Uterusprolaps und Zwillingsgeburten auftreten. Im schlimmsten Fall kann der Tierarzt rechtzeitig gerufen werden, um einen Kaiserschnitt durchzuführen.
Was unterscheidet Moocall von anderen Produkten auf dem Markt?
Moocall ist ein nicht-invasiver Abkalbesensor. Invasive Abkalbesensoren, die auch auf dem Markt sind, können bakterielle Infektionen verursachen.
Interview: Katrin Erfurt