Der Betrieb von Ursi und Ueli Hüppi ist umgeben von Weiden und Wald. Raue Kuhstimmen hallen durch die Hügellandschaft, sie erinnern an das Röhren von Hirschen. Vor wenigen Minuten hat Ueli Hüppi seine Eringerkühe mit den Kälbern auf die Weide gelassen. Nachts bleiben sie im Stall. Zu oft mussten Hüppis ausgebüxte Kälber suchen.

Mit ihren behornten Köpfen traktieren die kräftigen Tiere den Boden, reissen ganze Erdstücke aus. «Das lieben sie, besonders, wenn die Erde feucht ist. Manchmal sieht die Wiese aus wie geackert», sagt Ursi Hüppi. Eine Kuh baut sich vor den Besuchern auf, stolz hebt sie ihren Kopf. Das Sonnenlicht lässt ihr schwarz-bronzenes Fell glänzen. Die kräftige Schulterpartie und der breite Rücken machen Eindruck. Die Beine sind etwa 30 Zentimeter kürzer als bei anderen Kühen, ideal im steinigen Gebirge. Zu Recht werden Eringer als die Königinnen der Alp- und Bergweiden betitelt.

Langsamer Herdenaufbau

2007 kaufte Ueli Hüppi seine ersten beiden Eringerkühe. Doch von diesen beiden leben keine Nachkommen auf dem Betrieb, sie bekamen je ein gesundes Stierkalb. Ursi Hüppi erinnert sich: «Im Winter gingen wir mit ihnen spazieren. Die beiden waren handzahm und wurden von uns auch verwöhnt.» Vielleicht war die allzu gute Fütterung der Grund, dass beide Kühe kein zweites Mal trächtig wurden.

In Schübelbach SZ erstanden Hüppis eine weitere Kuh mit Kalb. Dreimal erkrankte das Kalb an Lungenentzündung. Die Mutter verunfallte im Klauenstand und wurde bösartig. Trotz des schwierigen Starts investierten Hüppis ein weiteres Mal, endlich mit Erfolg. Die heutige Herde ist 35 Tiere stark. Der Stall ist ausgelastet. Mit der Aufzucht von fremden Rindern hat die Familie aufgehört – zu wenig Platz.

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Eine starke Rangordnung

Die Tiere seien nicht aggressiv gegenüber Menschen, erklärt Ursi Hüppi. Tochter Tamara fügt hinzu: «Man kann gut im Stall ausmisten, auch wenn die Tiere dort sind. Sie sind ruhig und schlagen kaum.» Auch wenn Hüppis ihre Tiere als friedlich gegenüber Menschen bezeichnen, sollten Fremde die Weide nicht betreten. Unter ihresgleichen sind die Kühe knallhart. Ihre Rangordnung ist stark ausgeprägt, täglich kommt es zu Kämpfen. Dadurch können auch für Menschen heikle Situationen entstehen. Ueli Hüppi erzählt von einem Gallowaystier, den er mit der Herde mitlaufen lassen wollte: «Die Kühe attackierten ihn übelst. Wir mussten den Stier aus der Weide nehmen. Der arme Kerl hatte keine Chance!»

An den Kuhkämpfen im Wallis nimmt Familie Hüppi nicht teil, der Transport wäre für ihre Tiere zu weit. Trotzdem hat sich durch die Eringer der Kontakt mit dem Wallis verstärkt. Da Hüppis Mitglieder des Schweizerischen Eringerviehzucht-Verbandes sind, reisen sie mindestens jedes dritte Jahr ins Wallis an die GV. Gemäss Verbandsstatuten ist das Pflicht.

Weidpflege à la Eringer

Zum Familienbetrieb gehören zwei Standorte in der Bergzone eins und zwei. Gesamthaft bewirtschaften Ursi und Ueli Hüppi 31 Hektaren im Nebenerwerb. Bis vor einigen Jahren bauten sie Silomais an. Der Mais sorgt für ein gutes Wachstum der Kälber. Die Kühe bekommen nur Heu, Emd und Grassilage. «Sonst werden sie zu dick und haben Mühe mit der Trächtigkeit», weiss Ueli Hüppi. Er bezeichnet seine Kühe als gute Aufräumer. Kein Busch oder Strauch ist vor ihnen sicher. Die Weidpflege erübrigt sich.

Gleichzeitig vertritt er die Meinung, dass seine Eringer für steiles Gelände nicht ideal sind. «Sie sind schwer. Ich schätze, die Kühe erreichen bis 800 kg.» Er erinnert sich an ein Rind, das nach mehreren Versuchen nicht trächtig wurde. Schliesslich musste es geschlachtet werden. Das Schlachtgewicht betrug 440 kg. Das Fleisch der Eringer erinnert im Aussehen an Wildfleisch und enthält wenig Fett. Besonders das Trockenfleisch sei fantastisch, schwärmt Ursi Hüppi. Im Bekanntenkreis vermarkten Hüppis Mischpakete à 10 kg. Die meisten Rinder werden über den konventionellen Kanal abgesetzt.

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Und plötzlich ein Kampf

Um die Kühe mit ihren Kälbern zu locken, benutzen Hüppis hartes Brot. So auch für das Fotoshooting. Als die Eringer Ueli Hüppis Stimme und das vertraute Klopfen des Brotes im Kessel erkennen, eilen sie sofort zu ihm. Er wirft einige Brotstücke über den Zaun. Alle seine Weiden sind mit zwei Litzen eingezäunt. Die Kälber sollten dadurch weniger abhauen. Doch die Kleinen sind nicht gleicher Meinung und oft müssen Hüppis die Kälber im nahen Wald suchen. Deshalb trägt jedes der Kälber ein Halsband mit Schelle.

In das Gespräch vertieft, passiert «es» plötzlich. Eine rangtiefe Kuh drängt sich vor zum beliebten Brot. Das passt einer anderen gar nicht. Mit voller Wucht rammt diese gegen den Bauch der Vordrängenden. Diese fällt auf die Seite, ihre Herausforderin drückt sie durch die Abzäunung. Hüppis und die Journalistin springen auf die Seite. Beide Kühe sind nun auf den Beinen und beginnen den Kampf. Diese Kraft. Diese Wucht. Für jemanden, der das noch nie live miterlebt hat, ist das sehr eindrücklich. Mit bestimmter Stimme beordert Ueli Hüppi seine Kühe wieder auf die Weide und beginnt, den Zaun zu flicken. An der Bauchseite der Unterlegenen sieht man eine Hornverletzung von etwa 40 Zentimetern. Für Hüppis nichts Aussergewöhnliches. «Das Kämpfen gehört zu dieser Rasse.»

Kräftige, kompakte Kämpferinnen

Die Vorfahren der Eringer gelangten möglicherweise mit den Römern im ersten Jahrhundert nach Christus ins Wallis. Erst 1884 wurden sie als eigenständige Schweizer Rasse anerkannt. Die Tiere zeichnen sich durch folgende Merkmale aus:

Widerristhöhe: 120 bis 130 cm (Kuh), 125 bis 135 cm (Stier)
Gewicht: 500 bis 650 kg (Kuh), 650 bis 900 kg (Stier)
Kennzeichnung: Kräftige Konstitution, dunkelrotes bis schwarzbraunes Haarkleid. Gescheckte Tiere sind selten. Kurzer, breiter Kopf mit konkaver Stirnlinie. Feine Gliedmassen, stark bemuskelt, kräftige Hörner.

Stabile Populationen
Während der Weltkriege schrumpfte die Population der Eringer stark. Sie konnten mit den steigenden Milch- und Fleischleistungen anderer Rinderrassen nicht mithalten. Heute ist die Population mit 13 000 Tieren stabil, ein Grossteil dieser Rasse wird im Nebenerwerb gehalten.

«Reine des reines»
Etwa 90 % der Züchter kommen aus dem Wallis. Dort gelten Eringerkühe als Statussymbol und werden als Dreinutzungsrasse bezeichnet. Die durchschnittliche Milchleistung der Eringer liegt bei 3300 kg pro Laktation. Die Kälber erreichen Tageszunahmen von etwa 1100 g. Die dritte Nutzung ist der Kampf. Die Kühe treten in Arenen zu Kuhkämpfen gegeneinander an. Die Siegerin wird zur Königin gekürt, zur «reine des reines». Kuhkämpfe sind für Eringerzüchter von grosser Bedeutung und beeinflussen die Zucht.

Betrieb Hüppi

Ursi und Ueli Hüppi

Ort: Rüeterswil SG
LN: 31 ha in der Bergzone 1 und 2, Nebenerwerb Baggerbetrieb
Viehbestand: Insgesamt 35 Tiere – 18 Kühe mit Aufzucht und Kälbern