Wann ist eine Frau eine Bäuerin? Das Thema werde unter den Frauen aktiv diskutiert, weiss Elisabeth Rüttimann, seit einem Jahr Präsidentin der Luzerner Bäuerinnen und Vizepräsidentin des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbands.
Wie sind Sie Bäuerin geworden?
Elisabeth Rüttimann: Ich habe die Ausbildung zur Bäuerin mit Fachausweis gemacht und bin mit einem Landwirt verheiratet.
Sie sind also eindeutig eine Bäuerin.
Bin ich das? Mit Definitionen tue ich mich schwer. Ich sage jeweils, «mer puured». Weil das Aufgabenfeld jeder Bäuerin anders ist.
Was macht eine Bäuerin aus, gibt es «richtige» oder «halbe»?
Jede Frau muss sich ganz persönlich auf ihre eigene Art damit identifizieren können. Niemand muss den Vorstellungen der Gesellschaft entsprechen. Meiner Meinung nach kann sich eine Frau auf einem Bauernhof unabhängig von ihrer landwirtschaftlichen Ausbildung Bäuerin nennen, muss aber nicht.
«Mein Garten ist geschrumpft und es war unglaublich befreiend.»
Elisabeth Rüttimann gibt nichts auf Bäuerinnen-Klischees.
In der Schweiz sind über 50 000 Frauen in der Landwirtschaft tätig. Es ist schwierig, hier Richtige und Halbe zu definieren und auch gar nicht nötig. Viele Faktoren spielen eine Rolle.
Kann eine Frau ohne Tiere, Garten oder Selbstversorgung Bäuerin sein?
Natürlich! Mein Garten ist im letzten Jahr um zwei Drittel geschrumpft und es war unglaublich befreiend. Selbstversorgung mache ich für meine persönliche Werte und Tiere sind nun mal unsere Betriebsstrategie. Das eine schliesst das andere nicht aus. Zum Vergleich: Ein Gemüseproduzent hat auch keine Kühe, um sich Landwirt nennen zu dürfen.
Solche Definitionsfragen sind unter den Bäuerinnen ein aktiv diskutiertes Thema. Es schmerzt mich, wenn Frauen beschämt abwehren, sie seien keine Bäuerinnen, weil sie zum Beispiel keinen Fachausweis haben. Und es verwundert mich, wie viele Frauen die gesamten Betriebsarbeiten selbstständig erledigen und sich trotzdem nicht Bäuerin nennen.
Es gibt die Vorstellung der Bäuerin als «Superwoman», motiviert oder belastet das?
Natürlich sind wir Superwomen! Das sind aber alle, die Haushalt, Kinder, externe Arbeit, Sozialengagement und anderes unter einen Hut bringen. In der Landwirtschaft gibt es Vor- und Nachteile beim Lebensraum, bei der Kinderbetreuung und beim Zeitmanagement.
«Nein sagen» ist das Thema an der Frühjahrestagung der Luzerner Bäuerinnen. Warum ist das wichtig?
Ich glaube, wir Frauen tendieren manchmal zum Ja-Sagen dem Frieden zuliebe, um zu gefallen, sich zu beweisen oder weil wir die Notwendigkeit erkennen. Und genau da muss man sich schützen, vor allem wenn Arbeitsort und Privatleben so nah liegen wie in der Landwirtschaft. Ein Nein ist auch ein Bekenntnis zu sich selber.
Frühjahrestagung der Luzerner Bäuerinnen
Am Mittwoch, 8. März, 13.45 Uhr, findet im Gemeindesaal in Ballwil die Frühjahrestagung der Luzerner Bäuerinnen statt. «Sag nicht Ja, wenn du Nein sagen möchtest», unter diesem Titel gibt die Referentin Heidi Hofer Schweingruber Anleitung dazu, heilsame Grenzen zu setzen. Eine Anmeldung ist nicht nötig, der Unkostenbeitrag beträgt 10 Franken.
Sie haben Ja gesagt zum Präsidium der Luzerner Bäuerinnen. Was hat Sie gereizt?
Ich war erst mal hin- und hergerissen und etwas überfordert, meine Komfortzone zu verlassen. Dann habe ich entschieden: Ja, das mache ich! Weil ich daran wachsen werde und weil ich Herausforderungen mag. Punkt.
Was ist Ihnen wichtig in diesem Amt?
Mir ist der Austausch zwischen Bäuerinnen, Bauersfrauen, Frauen in der Landwirtschaft sehr wichtig. Sie sollen spüren, dass sie eine Kommission und einen Verband im Rücken haben, die ihre Interessen stützen und ihre Anliegen wahrnehmen.