Drei Frauen, die 61-jährige Paula Zurfluh, die 35-jährige Andrea Wyrsch und die 28-jährige Karin Kempf, gewährten an einer Podiumsdiskussion Einblicke in ihren Alltag auf einem Bauernbetrieb. Eingeladen zu diesem Abend mit Podiums- und Saalgesprächen hatte das Institut «Kulturen der Alpen». Der Anlass von vergangener Woche wurde als Teil des Projekts «Uri im Wandel – Bevölkerung und Wissenschaft im Dialog» organisiert und wird von einer Begleitgruppe ausgewertet.

Rollenverteilung gewandelt

«Viel lieber arbeite ich im Stall als im Haushalt», gestand Karin Kempf auf die Frage nach bevorzugten Arbeiten. Auch die Isenthaler Bäuerin Paula Zurfluh verriet, dass sie nicht wirklich gerne putzt. «Unser Alltag ist immer wieder anders, als Bäuerin muss man extrem flexibel sein», sagte sie. Andrea Wyrsch gab indes an, dass sie die Flexibilität in ihrem Familienmodell schätzt – sie arbeitet 70 Prozent als Pflegefachfrau am Kantonsspital Uri, während ihr Mann nebst einem kleinen Pensum als Maschinist den Kleinbauernbetrieb oberhalb von Bürglen führt.

Die drei Bäuerinnen stellten sich den Fragen der Moderatoren, Historikerin Rahel Wunderli und Historiker Martin Schaffner, und gingen dabei auf Themen wie Arbeitsteilung oder potenzielle Konflikte ein. Sie nahmen Bezug auf den schnellen und tief greifenden Wandel, in dem sich die Landwirtschaft seit einiger Zeit befindet. «Bei uns ist es nicht die Bäuerin, die dafür sorgt, dass der Tisch rechtzeitig gedeckt ist. Wir teilen uns die Arbeiten auf», hielt Andrea Wyrsch zum Thema Rollenteilung fest. Auch Karin Kempf nimmt diesbezüglich eine Veränderung wahr, insbesondere wenn es um den Haushalt geht. «Dafür packe ich tatkräftig im Stall an», ergänzte sie und gestand, dass sie dabei manchmal körperlich an ihre Grenzen stösst.

Doch was tun die Bäuerinnen für ihre Gesundheit, für den Ausgleich? Sie fahren E-Bike, sie gönnen sich regelmässige Pausen während der Arbeiten auf dem Land, sie pflegen den Austausch mit anderen, lauteten die Antworten. Und wie funktioniert es, dieses Konstrukt eines Bauernbetriebs in der heutigen Zeit? «Es ist nicht weniger als ein hochkomplexes System, ein familiäres Konstrukt, das es zusammenzuhalten gilt», fasste Martin Schaffner zusammen. Dem pflichtete Paula Zurfluh bei und sie ergänzte: «Es sind auch heute noch Familienbetriebe, die auf viel Hilfe von guten Seelen angewiesen sind», so die Bäuerin, die im Isenthal sieben Kinder grossgezogen hat.

Arbeit wird nicht entlöhnt

Nach einer Weile griff die Gesprächsrunde auch auf das Publikum über. Frauen aus der Saalmitte erzählten von ihren Erfahrungen und berichteten, dass zwar Maschinen und Geräte auf dem Betrieb wie auch im Haushalt vieles erleichtern würden, die Arbeitsbelastung hingegen keinesfalls abgenommen hätte. «Heute bewirtschaftet ein Betrieb mehr Land als früher, das erhöht den Zeitdruck bei der Arbeit», lautete ein Votum. Arbeit, für die die Bäuerinnen häufig nicht entschädigt werden, zumindest nicht mit Geld, so die Erfahrung oder Beobachtung vieler Anwesenden. «Das bedeutet, dass Bäuerinnen, die keinen Erwerb ausserhalb des Betriebs haben, sozial schlechtergestellt sind», erläuterte die vierte Podiumsteilnehmerin, Juristin Gabriela Riemer-Kafka. Sie ermunterte die Frauen, für eine Gleichstellung im Betrieb einzustehen. «Ich kenne kein Paar, das sich die Betriebsleitung teilt», kam daraufhin das Votum aus der Saalmitte. Die Juristin führte aus, dass jedoch eine Teilung der Betriebsführung einen Mehrwert für den gesamten Bauernbetrieb darstellen würde. Sie gab den Frauen auch Tipps, wie sie sich sozial besser absichern könnten. Auch die Thematik und Wichtigkeit von Erbverträgen wurde in der Diskussion, die mehr und mehr zu einer grossen Gesprächsrunde wurde, zur Sprache gebracht.

«Familienbetriebe sind auf Hilfe von guten Seelen angewiesen.»

Paula Zurfluh, Bäuerin, Isenthal.

Das Ende der Veranstaltung bildete eine Sequenz «offenes Mikrofon», wobei alle Teilnehmenden die Chance erhielten, anonym eigene Episoden und Erfahrungen mit den Projektbeteiligten zu teilen. Diese Möglichkeit wurde rege genutzt, vielmehr noch nutzten die Teilnehmenden aber nach der Veranstaltung die Gelegenheit, sich in der Aula des Berufs- und Weiterbildungszentrums Uri in Altdorf im kleineren Kreis auszutauschen.

«Es ist ein grosser Erfolg, dass die Leute noch hiergeblieben sind, um zu diskutieren. Die Themen, die wir angesprochen haben, haben offensichtlich einen Austausch angeregt», fasste Co-Projektleiterin Rahel Wunderli zusammen. Und Martin Schaffner ergänzte: «Wir haben Themen angesprochen, über die man sonst nicht redet, zumindest nicht öffentlich. Und genau darüber sprechen jetzt die Teilnehmenden, sie reflektieren gemeinsam den Abend. Und das war letztlich auch das Ziel.» «Urner Wochenblatt»