Im Schlosshof oben sorgt ein frischer Wind für kalte Ohren, beim Abstieg auf der Treppe zwischen mächtigen Eibensäulen wird es wärmer, im Neugarten unten tragen die Gärtnerinnen kurze Ärmel. Sie haben Schwarzwurzeln und Schabzigerklee ausgesät, setzen Wurzelgemüse zurück ins Beet, das sie im Herbst zum Überwintern ausgegraben haben, jäten Unkraut und bringen Kieswege in Ordnung.
Gemüse wird vermehrt
Im Garten vom Schloss Wildegg wachsen seit Jahrhunderten Raritäten. In diesen Tagen haben die Tulpen ihre Kelche zu einem Blütenmeer geöffnet; sie waren einst exotische und kostbare Pflanzen, die wohlhabende Schlossbewohner von ihren Reisen mitbrachten. Heute sind die Raritäten anderer Art: Lea Walzer, Chefgärtnerin im Lust- und Nutzgarten vom Schloss Wildegg, lässt selten gewordenes Gemüse aufblühen und gewinnt daraus Samen für Pro Specie Rara.
[IMG 2]
Die Anlage ist nicht nur als Nutzgarten, sondern auch als Lustgarten angelegt. (Bild Ruth Aerni)
Im Sommer brauchts Schutz
«Gegen 350 verschiedene Pflanzen wachsen hier auf rund 3300 Quadratmetern», erklärt die Gärtnerin. Trotz Hochsaison nimmt sie sich Zeit für einen Gartenrundgang. Von Hektik ist ihr nichts anzumerken, dafür die Freude an der prächtigen Anlage. Lea Walzer mag sich nicht auf ein Lieblingsplätzchen im Garten festlegen. «Überall», sagt sie mit einem Lächeln, schiebt dann aber doch nach, dass ihr der Kräutergarten sehr ans Herz gewachsen sei.
«Ich staune, wie die Pflanzen trotz der Hitze hier gedeihen.»
Die Schlossgärtnerin Lea Walzer unterstützt sie dabei nach Kräften.
An diesem Frühlingsmorgen sind die Temperaturen angenehm, aber im Sommer wird es brütig heiss. «Dann trage ich fast mehr Kleider als im Winter, um mich zu schützen», erzählt Lea Walzer. Es ist ein anspruchsvolles Klima für die Pflanzen, auch der Boden verwöhnt sie nicht. Er ist lehmig und steinig, schon bald treffen die Wurzeln auf den Felsen, aus dem die Terrasse gehauen wurde.
Aber das ist dem Garten nicht anzusehen. Er ist schliesslich nicht nur ein Nutzgarten, sondern auch ein Lustgarten. Mit seinen Pavillons und den kunstvoll geschnittenen Buchshecken hat er ausdrücklich den Auftrag, die Sinne der Besucher zu erfreuen.
[IMG 3]
Im warmen Garten sind die Mandelbäume schon aufgeblüht. (Bild Ruth Aerni)
Unersetzliche Helferinnen
Lea Walzer und ihre Mitgärtnerin Brigitte Freudiger – «sie ist unersetzlich» – werden von einem Landschaftsgärtner in Teilzeit, Zivildienstleistenden und Praktikantinnen unterstützt. «Ich staune, wie viele Pflanzen hier trotz der Hitze gut gedeihen», sagt Lea Walzer. Sie verbessert den Boden mit Kompost, verrottetem Mist und Mulch. Einen Teil des Gartens lässt sie dieses Jahr unter einer Gründüngung ruhen. Dank der farbenfrohen Mischung aus Tagetes, Öllein und anderen Blumen bekommen die Besucherinnen kaum etwas von der Anbaupause mit.
Der Pro-Specie-Rara-Setzlingsmarkt auf Schloss Wildegg findet dieses Jahr am 1., 2. und 3. Mai statt. Wer sich mit alten Gemüsesorten, Obst, Beeren und Zierpflanzen eindecken möchte, muss vor dem Besuch ein Online-Ticket buchen.
Danach wird es bald Zeit für einen Wechsel: Bis im Mai haben die Tulpen ihren Auftritt auf Schloss Wildegg, dann kommen die Dahlien.