«Die Trockenheit wird in Zukunft wahrscheinlich die grösste Herausforderung für den Futterbau bilden.» Das sagt ­Matthias Kern. Als Nachfolger von Voji Pavlovic ist er seit September 2019 Lehrer und Futterbauberater am Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen Rheinhof Salez. Matthias Kern ist im ausserrhodischen Rehetobel aufgewachsen und hat am Rheinhof im Jahr 2015 die praktische Ausbildung als Landwirt EFZ abgeschlossen. 2019 erwarb er an der HAFL in Zollikofen das Diplom als Bachelor of Science. Nebst seiner Anstellung als Lehrer und Berater kann er das Bauern auf einem Betrieb im Heimatdorf praktizieren. Das erlaubt ihm, Brücken zwischen der Praxis und der Theorie zu bauen.

Matthias Kern, welches sind Ihre Ziele als Lehrer und als Futterbauberater?

Matthias Kern: Als Lehrer ist mein Hauptziel, den Schülern die grosse Bedeutung des Futterbaus in der Schweiz zu vermitteln. Über 88 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Kanton St. Gallen und über 97 Prozent im Appenzellerland sind reines Grünland. Auch auf den Ackerbauflächen wird Futterbau in Form von Kunstwiesen betrieben. Die Wiesen und Weiden bilden die Grundlage für das Einkommen der Bauernfamilien in diesen Gebieten. Als Futterbauberater lege ich Wert auf eine naturgemässe und nachhaltige Bewirtschaftung. Auch folgende Generationen sollen damit Lebensmittel produzieren können. Die Förderung der Weidewirtschaft ist ein weiteres Ziel von mir. Denn sie bringt viele Vorteile wie artgerechte Fütterung und Haltung und wirkt sich somit positiv auf die Gesundheit der Tiere aus.

Wo sehen Sie für Ihre Arbeit als Futterbauberater Schwerpunkte?

Die Trockenheit wird in Zukunft wahrscheinlich die grösste Herausforderung für den Futterbau bilden. Bewirtschaftung und Futterkonservierung sind anzupassen. Ein grosser Vorteil bei Extremsituationen bildet die Vielseitigkeit von Grünflächen. Mähweiden, welche in der Ostschweiz häufig praktiziert werden, fördern sowohl rasenbildende als auch horstbildende Gräser. Damit erreicht man einen dichten und tragfähigen Bestand, der dank der horstbildenden Gräser auch ertragreicher und trockenheitstoleranter ist. Voraussetzung für die horstbildenden Gräser ist, dass man sie nicht tiefer als 7 Zentimeter mäht und sie gelegentlich versamen lässt.

Hat die Intensität des Futterbaus einen Zusammenhang mit der Tiergesundheit?

Indirekt ja. Wichtig ist, die Wiederkäuer artgerecht zu füttern. Ein hoher Anteil von Grundfutter guter Qualität und genügender Struktur erhöht die Tiergesundheit. Man sollte «die Kuh nicht zur Sau machen». Genetisch wird beim Milchvieh immer auf mehr Milchleistung ­gezüchtet. Um diese Tiere überhaupt leistungsgerecht füttern zu können, reicht allerdings sehr gutes Wiesen- und Weidefutter allein meist nicht mehr aus. Die Tiere lösen sich ab einer Jahresmilchleistung von 6500 Kilogramm Milch mehr und mehr vom Grasland ab. Hohe Leistungen aus dem Grundfutter sind nur durch gute Futterqualität, Schmackhaftigkeit und eine hohe Futteraufnahme erzielbar. Neben den Gräsern ist auch ein gewisser Anteil wertvoller Kräuter erwünscht. Diese wirken sich dank relativ hoher Mineralstoffgehalte positiv auf die Tiergesundheit und die Schmackhaftigkeit des Futters aus.

Wie sehen Sie die Zukunft der Weidewirtschaft im Kanton St. Gallen?

Sehr positiv. Die Weide ist und bleibt die günstigste, artgerechteste und natürlichste Art der Futteraufnahme unserer Wiederkäuer. Maschinen- und Gebäudekosten lassen sich durch die Weide je nach Betriebsstrategie deutlich senken. Zudem ist Weidehaltung verkaufswirksam gegenüber unseren Konsumenten, sie verleiht ihnen ein positives Bild unserer Landwirtschaft und weckt traditionelle, heimatliche Gefühle. Auch für die Wiesenbestände ist wie bereits gesagt die Weidehaltung sehr wertvoll. Um Weiden möglichst effizient nutzen zu können, sind arrondierte Betriebe von Vorteil.

Was könnte sich futterbaulich in der Alpwirtschaft oder allgemein im Berggebiet in Zukunft ändern?

Der Klimawandel führt wahrscheinlich zu einer Erhöhung der Jahresdurchschnittstemperatur und damit zu längeren Vegetationszeiten, weniger Schneemengen und längerdauernden Trockenperioden. Verschiedene Gräserarten und auch Bäume werden in höhere Lagen «hinaufsteigen». Es wird immer schwerer werden, der Verbuschung im Alpgebiet Einhalt zu gebieten. Die Weidepflege, das Roden von Stauden, und der Einsatz verschiedener Tierarten werden immer wichtiger.