2019 wurden in der Schweiz 39'648 Ehen und Partnerschaften eingetragen. Im gleichen Jahr wurden 16'885 Ehen geschieden. Vier von zehn Ehen gehen also in die Brüche – auf Bauernbetrieben weniger, Tendenz jedoch steigend.

Frauen verzichten oft auf das, was ihnen zusteht

«Zum Zeitpunkt der Hofübergabe steht die Ehe oft kurz bevor oder wurde soeben geschlossen, da stossen Ratschläge in Bezug auf eine allfällige spätere Trennung meist auf taube Ohren», sagt Treuhänder Wendelin Emmenegger aus Schüpfheim LU mit Bedauern. Besonders wenn die Partnerin* für die Finanzierung der Hofübernahme oder für Bauvorhaben Geldmittel einbringe, weise er diese in der Buchhaltung als Eigengut oder Darlehen aus (siehe Kasten).

 

Wem gehört was?

Wird nichts anderes geregelt, tritt bei der Eheschliessung der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung ein.

Die Errungenschaft ist der Teil, der während der Ehe erwirtschaftet wird. Davon hat bei einer Güterteilung jeder Ehepartner das Anrecht auf die Hälfte des andern.

Das Eigengut ist das Vermögen, das jeder einzelne Partner in die Ehe einbringt oder ihm durch Schenkungen oder Erbschaften zufällt.

Ein innerfamiliär übernommener landwirtschaftlicher Betrieb wird in der Regel zum Eigengut gezählt, fällt jedoch in die Errungenschaft, wenn er nach der Eheschliessung vorwiegend mit Geldern aus der Errungenschaft oder über Kredite finanziert wurde.

 

«Die Frau hat bei einer Trennung Anrecht auf das eingebrachte Geld aus Eigengut und ihren Anteil an der Errungenschaft. Wenns hart auf hart geht, könnte es so weit kommen, dass ein Hof verkauft werden muss», erläutert Emmenegger. Sei ein Betrieb zum Zeitpunkt der Scheidung über den Ertragswert hinaus verschuldet und keine Aufstockung mehr möglich, hänge das Weiterbestehen des Hofes davon ab, dass die Frau – in der Regel zugunsten gemeinsamer Kinder – freiwillig auf einen Teil ihres Guthabens verzichte.

Wird in den Betrieb investiert (auch der Lohn aus Nebenerwerbstätigkeiten), wird die Errungenschaft quasi wieder «vernichtet». Frau sollte sich dessen bewusst sein, dass dieses Geld bei einer allfälligen späteren Trennung nicht mehr vorhanden ist und dem Betrieb kaum mehr entzogen werden kann. Investiert sie darüber hinaus eingebrachtes Eigengut, kann sie bei einer Trennung in einen finanziellen Engpass geraten.

 

Tipps für die Dokumentation der finanziellen Verhältnisse

Aufbewahren der letzten eigenständigen Steuererklärungen, die vor der Eheschliessung ausgefüllt wurde.

Führen von separaten Konti mit dem Eigengut (und allenfalls auch der Errungenschaft) auf den Namen der jeweiligen Person.

Führen einer Liste, in der das eingebrachte Eigengut und dessen Veränderungen während der Ehe laufend festgehalten werden. Die dazugehörigen Dokumente muss man ebenfalls aufbewahren.

Schriftlich – evtl. in einem Ehevertrag – festhalten, dass der Ehegatte die Differenz zwischen dem Ertrags- und Verkehrswert als Eigengut des Eigentümers anerkennt.

Investitionen in den Betrieb des Ehepartners schriftlich mit einem Darlehensvertrag inkl. Rückzahlungsmodalitäten festhalten und dies in
der Buchhaltung ausweisen. Entsprechende Belege aufbewahren.

 

Ehevertrag wäre wichtig

Es stellt sich die Frage, ob die Ehefrau besser abgesichert wäre, wenn sie als Miteigentümerin im Grundbuch eingetragen ist? «Es kann nicht gesagt werden, dass eine (Mit-)Eigentumsstellung am landwirtschaftlichen Betrieb per se geeignet wäre, die rechtliche und soziale Stellung der Bäuerin zu verbessern. Das Anrecht auf die geldwerten Guthaben kann auch als Nicht-Eigentümerin sichergestellt werden», erklärt Raphael Kottmann, Rechtsberater des Verbandes Luzerner Bäuerinnen und Bauern, der auch Scheidungsvereinbarungen für Paare erarbeitet, die sich einvernehmlich und ohne Anwälte trennen wollen.

Gemäss Severina Alder, Juristin bei Agriexpert, ist bei einer innerfamiliären Betriebsübernahme bezüglich einer Miteigentümerschaft sogar Vorsicht geboten: «Ist eine Bäuerin am Landwirtschaftsbetrieb im Mit- oder Gesamteigentum beteiligt, investiert sie innerhalb der eigenen Gütermassen und erhält im Scheidungsfall nur das zurück, was wertmässig noch vorhanden ist». Sie rät, zu prüfen, ob das Beabsichtigte in einem Ehevertrag geregelt werden kann, besonders bei grösseren Investitionen.

Von Anfang an zusammen offen reden

Knifflig wird es, wenn der Betrieb während der Ehe nicht mehr als landwirtschaftliches Gewerbe betrieben und zu «Privatvermögen» wird. Dann müsste der Hofeigentümer beweisen, dass ihm die Differenz zwischen Ertrags- und Verkehrswert bereits bei der Hofübergabe unentgeltlich zugeflossen ist und damit Eigengut darstellt. Idealerweise wird auch dies bereits bei der Eheschliessung schriftlich festgehalten. Denn über solche Themen von Anfang an offen zu diskutieren, ist auf jeden Fall eine gute Voraussetzung, dass es nie zu einer Trennung kommt.       

* Meist heiratet eine Frau in den Betrieb ein. Im Artikel wird deshalb von dieser Konstellation geschrieben. Dasselbe gilt aber auch, wenn ein Mann einheiratet.