Die meisten Gärtnerinnen greifen im Herbst zur Schere und schneiden alles rigoros zurück. Die Nachbarn könnten sich ja über Unordentlichkeit mokieren. Mit dieser veralteten Haltung vermasselt man sich aber die Gartenfreuden im Winter. 

Überwinterung für Insekten

Gräser und Stauden bezaubern mit dezenten Braun- und Beigetönen und ihren Strukturen. Grauweisse Blütenschleier legen sich übers Beet, Silhouetten treten im abendlichen Gegenlicht hervor. Es raschelt im Wind. Doldengewächse mit ihren fingerstarren Blütenständen ragen in die Luft. Distelfinken verlustieren sich an Karden und picken Samen. Hohle Stängel bieten Insekten Wohnraum. Wo sonst sollen sie und die Spinnen überwintern? Nicht umsonst machen sich die Insekten zunehmend rarer. Es fehlt ihnen der Lebensraum in einer ausgeräumten Landschaft. 

Unordung braucht etwas Mut

Der Mut zu etwas Unordnung belohnt also mit stimmigen Winterbildern und mehr Natur. Zugegeben, es braucht etwas Mut, die Stauden stehen zu lassen und erst gegen Frühling zur Schere zu greifen. Ab und zu kann man im Winter etwas Ordnung schaffen: wenn Schneelasten die Gräser doch zum Erliegen brachten und der Schnee wieder verschwindet, je nach Lage und Witterung. Im Frühling braucht es Zeit, alles zurückzuschneiden. Gleichzeitig bietet sich jedoch die Gelegenheit, auch Unkräuter zu entfernen, und die Staudenpflanzung startet wohlgerüstet und geputzt ins Gartenjahr.

Wirkungsvolle Stauden stehen lassen

Einige Stauden werden durchaus im Herbst zurückgeschnitten, denn sie sehen bald unordentlich aus. Frauenmantel gehört dazu, es sei denn, Weinbergschnecken hätten sich genau unter deren Blättern eingewintert. Wirkungsvolle Stauden mit ästhetischen Samenständen wie Brandkraut (Phlomis), Kandelaber-Ehrenpreis (Veronicastrum), Crocosmien, Prachtscharten (Liatris spicata) und Rudbeckien lassen wir stehen. Staudige Sonnenblumen bleiben bis im Frühling standhaft, das blaugraue Laub von Färberhülsen (Baptisia) wirkt geheimnisvoll. Dekorative Gräser wie Chinaschilf, Diamantgras (Calamagrostis brachytricha) oder Rispenhirse (Panicum virgatum) und Reitgras (Calamagrostis x acutiflora 'Karl Foerster') stehen lassen.

Gräser nicht binden

Gräser werden nicht zusammengebunden, sie wirken sonst unnatürlich. Wie wenn eine Gouvernante rigide Erziehungsmethoden durchsetzen möchte. Allenfalls kann man bei nicht so standhaften Gräsern eine dezente Staudenstütze montieren.

Rückschnitt liegen lassen

Im Februar/März ist Zeit für den Rückschnitt, man beginnt mit Gräsern, die bereits langsam austreiben, wie dem Reitgras. Staudenstängel kann man vor Ort zerkleinern und liegen lassen, dies gibt eine erste Mulchschicht, es sei denn, der Austrieb von Zwiebelpflanzen sei schon zu stark. Vorsichtig tritt man ins Beet, gerade wegen den Zwiebelpflanzen kurz vor dem Durchbruch. In einem grösseren Staudenbeet empfiehlt es sich generell, da und dort Trittplatten zu legen für Pflegearbeiten. All zu schnell zertritt man sonst Triebe und ärgert sich.

Kranke Stauden im Herbst schneiden

Kranke Stauden schneidet man im Herbst zurück. Das kranke Laub soll nicht vor Ort verrotten und deren Pilzsporen den Neuaustrieb nicht gleich wieder befallen. Für Gehölze (Sträucher, geschnittene Hecken) ist im Spätherbst oder gegen Frühling der optimale Schnittzeitpunkt, Vögel nisten dann sicher nicht im Geäst.