Die Schadholzmengen im Kanton Thurgau sind in den letzten Jahren stark angestiegen. Nachdem im Sommer 2017 und Anfang 2018 zwei schwere Stürme gewütet hatten, nistete sich der Buchdrucker in das Sturmholz ein. Kürzlich informierte das Forstamt des Kantons Thurgau im Eschenzer Waldgebiet «Schoomet» die Medien über die Schadensbilanz der letzten Jahre und zeigte mögliche Strategien der Wiederbewaldung auf. Kreisforstingenieur Ulrich Ulmer erinnerte daran, dass der Buchdrucker, eine weit verbreitete Borkenkäferart, die Eier unter der Baumrinde ablegt. Diese vermehrten sich im Sommer 2018 explosionsartig. Zahlreiche Fichten wurden dürr und starben ab. «Ein Mutterkäfer kann über 30 000 Käfer hervorbringen», sagte Ulmer. Der Buchdrucker ist bei Temperaturen ab 16 Grad von März bis Oktober unterwegs und kann sich in dieser Zeitspanne über drei Generationen vermehren. Die Stürme Petra und Sabine sorgten zudem zu Beginn des Jahres für weitere Schäden.
Verzicht auf Chemie
Aufgrund der Rekordzahl von 844 gezählten Käfernestern im vergangenen Jahr wurde für dieses Jahr ein extremer Borkenkäferbefall befürchtet. Die gezählten Käfernester gingen jedoch auf 599 Stück zurück. Die geerntete Menge an Käferholz liegt mit 64 000 Kubikmeter bisher rund 5500 Kubikmeter unter dem Vorjahreswert. «Weil noch immer einiges an käfergeschädigtem Holz steht, gehen wir in diesem Jahr von gleichbleibenden Schäden aus», sagte Ulmer.
Der Buchdrucker befällt nur die Fichte. Diese ist allerdings der am häufigsten angepflanzte Baum der Schweiz. Eine chemische Bekämpfung des Borkenkäfers ist im Wald verboten. Ulmer bemerkte, dass es auch schwierig wäre, Pestizide an die richtigen Stellen zu bekommen. Der Forstingenieur setzt stattdessen auf natürliche Gegenspieler wie den Ameisenbuntkäfer. Revierförster Philipp Eigenmann erwähnte noch den Dreizehenspecht als Gegenspieler. Dieser ist allerdings in der Bodenseeregion nicht angesiedelt.
Arbeitskosten nicht gedeckt
Das durch den Borkenkäfer geschädigte Holz ist wegen der typischen Blauschimmelverfärbung am übersättigten Markt nicht gefragt. Der Verkaufspreis liegt bei rund 35 Fr. pro Kubikmeter. Dies ergibt für die Waldbesitzer im besten Fall ein Nullsummenspiel oder aber ein kleines Defizit. Ulrich Ulmer bemerkte, dass Privatwaldbesitzer weniger befallene Käfernester beseitigen müssen, bei grösseren Flächen komme man aber nicht mehr nach. «Ein Zwangsvollzug wäre möglich, wurde jedoch noch nie durchgesetzt», so Ulmer. Privatwaldbesitzer können bei der Aufforstung von der Neugestaltung des Finanzausgleichs (NFA) profitieren. Sie bekommen von Bund und Kanton rund 50 Prozent der Aufforstungskosten ersetzt, wenn gewisse Vorgaben erfüllt werden. Dabei sind vor allem die Herausforderungen des Klimawandels zu berücksichtigen. Ulmer betonte, dass die künftigen klimatischen Bedingungen bei der Wiederaufforstung andere Baumarten erfordern.
Aufforstung geht ins Geld
Das Hauptschadensgebiet im Thurgau liegt zwischen Nussbaumen und Eschenz. Marcel Weber, Präsident der Bürgergemeinde Eschenz erinnerte sich an die Nacht vom 1. auf den 2. August 2017, als ein Hagelsturm mit 37 Liter Niederschlag über das 80 Hektaren umfassende Waldgebiet «Schoomet» zog. Innerhalb von zehn Minuten fällte dieser fünf Hektaren Wald der Bürgergemeinde. «So etwas habe ich bisher noch nie erlebt», sagte Weber. Die Bürgergemeinde Eschenz besitzt an vier Standorten insgesamt 62 Hektaren Wald. Acht Hektaren davon wurden durch den Sturm beschädigt. «Die Kosten für die Wiederaufforstung würde sich für die Bürgergemeinde auf rund 120 000 Franken belaufen», sagte Revierförster Philipp Eigenmann. Dazu würden jährliche Pflegekosten von 2500 Franken pro Hektare hinzukommen.
Marcel Weber betonte, dass der Wald nicht nur Naherholungsgebiet und Biodiversitätsfläche ist, sondern auch eine wirtschaftliche Einnahmequelle sein sollte. Eine Hektare der Bürgergemeinde wurde bisher aufgeforstet. Die Aufforstung wird über mehrere Jahre verteilt, damit sich auch die Pflegemassnahmen staffeln. Der Standort «Schoomet» ist ein von der Buche dominierter Mischwald, in dem auch andere standortgerechte Baumarten wie Eiche, Linde, Ahorn, Weisstanne, Lärche und Hagenbuche gepflanzt werden können.
Den Wald verjüngen
Durch die Pflanzung von zehn bis zwölf verschiedenen Baumarten soll das durch den Klimawandel verursachte Risiko verteilt werden. Bei der Wiederaufforstung wird die temperaturanfällige Fichte allerdings nicht mehr gepflanzt. Zudem wird auf eine Naturverjüngung gesetzt. Die verschiedenen Sprösslinge werden mit Einzelbaumschützen vor dem Wildverbiss bewahrt. Je nach Licht und Temperaturbedürfnisse werden die verschiedenen Baumarten mit Baumschützen aus Käferholz, Kunststoff und Drahtgeflecht eingehaust. Weil die Eiche mit der Trockenheit am besten zurechtkommt, wurde eine Fläche mit jungen Eichen bestockt und mit einem speziellen Zaun geschützt, der vom Forstamt Seerücken aus Käferholz gefertigt wurde.