Begegnungen mit Bauern sind inspirierend. Der Obstbauer in Mörschwil, der Milchbauer im Berner Jura, der Ackerbauer aus dem Oberaargau und andere mehr waren nicht nur interessante Gesprächspartner, ihr feines Gespür für die klimabedingten Veränderungen in der Natur bildeten stets auch den Ausgangspunkt für ausgiebige Diskussionen rund um die Frage, was diese Veränderungen für Landwirte bedeuten.

Gemeinsames Problemverständnis

In diesen Gesprächen entstand ein gemeinsames Problemverständnis. Und genau ein solches braucht es, wenn zukunftsfähige Lösungen gefragt sind. Kennen aber die Forschenden, die Wissenschaft schlechthin diese Realität vor Ort, die täglichen Herausforderungen, mit denen sich die Bauern konfrontiert sehen?

Vor wenigen Jahren veröffentlichte das Nationale Forschungsprogram 61 (NFP 61), das sich mit einer nachhaltigen Wassernutzung beschäftigte, Empfehlungen für die Landwirtschaft zum Umgang mit sommerlichen Trockenheiten. Trockenheiten nota bene, welche in Zukunft immer häufiger auftreten werden. Die Landwirtschaft müsse sich gemäss NFP 61 schrittweise an die Folgen des Klimawandels anpassen.

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Rolf Weingartner ist emeritierter Professor für Hydrologie am Geographischen Institut der Universität Bern und Mitinhaber der Firma Ecosfera GmbH. (Bild Uni Bern) 

So sei zwar die Bewässerung eine geeignete Massnahme, sie müsse aber durch Nutzungsvorschriften, durch Auflagen zur standortgerechten Produktion sowie durch technische und betriebliche Verbesserungen begleitet werden. Auch werden Regeln zur Wasserentnahme in Trockenzeiten und ökonomische Anreize zum Wassersparen vorgeschlagen. Kennen die Bauern und ihre Organe solche wissenschaftlichen Empfehlungen, die dazu beitragen können, eine klimakompatible schweizerische Landwirtschaft aufzubauen?

So machen sich die Bauern noch abhängiger vom Wasser

Gegenwärtig findet eine Anpassung der Bewässerung statt: Überall im Land werden neue Bewässerungsinfrastrukturen geplant und gebaut. Das neu verfügbare Wasser führt dazu, dass einerseits die intensiv genutzten Flächen rapide zunehmen (Gemüseanbauflächen +24 % zwischen 2012–2017) und andererseits die bereits intensiv genutzten Anbauflächen noch intensiver genutzt werden. Dieser Intensivierungsschub kann und darf aber nicht das Ziel der Übung sein. So macht sich die Landwirtschaft noch abhängiger vom Wasser.

In Trockenzeiten – und gerade um diese geht es ja bei dieser Anpassungsmassnahme – kann man sich nicht darauf verlassen, dass genügend Wasser zur Verfügung steht. Die oft einseitige Fokussierung auf die Bewässerungsfläche, die heute nur wenige Prozent der landwirtschaftlichen Fläche ausmacht, verhindert zudem den Blick aufs Ganze, der angesichts der klimabedingten Herausforderung aber unbedingt nötig ist.

Dabei müssen auch unkonventionelle Ansätze wie beispielsweise eine Versicherung gegen Ernteverluste in Trockenperioden aufs Tapet kommen. Sie sichert nicht nur das bäuerliche Einkommen vor dem Hintergrund des Klimawandels, sondern trägt auch dazu bei, dass in wasserknappen Zeiten nicht auf Biegen und Brechen um den letzten Tropfen gekämpft wird – und dies auf Kosten der anderen Wassernutzer und des Ökosystems.

Der Klimawandel findet bereits statt

Der Klimawandel findet bereits statt, auch in der Landwirtschaft. Dies ist allen klar. Aber es gibt offensichtlich eine tiefe Kluft zwischen Landwirtschaftsplanung und Wissenschaft in der Frage, wie man damit umgeht. Es bestehen nahezu geschlossene Zirkel; ein Austausch findet viel zu wenig statt. Dialog ist aber der Schlüssel zu tragfähigen Lösungen, die dann in den politischen Prozess einfliessen.

Landwirtschaft und Wissenschaft müssen aufeinander zugehen, miteinander reden, um gemeinsam eine Anpassungsstrategie zu entwickeln, die so konkret sein muss, dass alle Beteiligten wissen, welchen Beitrag sie bis wann zu leisten haben. Die eingangs erwähnten Erfahrungen auf der persönlichen Ebene lassen das Potenzial des Dialogs zwischen Landwirtschaft und Wissenschaft erahnen. Noch haben wir es in der Hand, die Landwirtschaft für den Klimawandel fit zu machen. Denn eines ist klar: Wasser wird nur zu einem Problem, wenn man nichts tut!