Ein stechender Duft bohrt sich in die Nase. Essig! «Wenn man noch andere Produkte aus Obstsäften herstellt, müssen die Essig- und die Saftproduktion streng voneinander getrennt werden, sonst hat man am Schluss überall nur noch Essig», mit diesen Worten begrüsst Bruno Muff die Besucherin auf dem Haldihof in Weggis LU. Das bedeutet, es braucht separate Verarbeitungsräume und Gerätschaften.
Die Qualität ist entscheidend
Bruno Muff bewirtschaftet zusammen mit seiner Frau
Rebecca einen Biobetrieb mit sechs Hektaren Land, auf denen 500 Hochstammbäume stehen. Edelbrände, Essig und andere Obst-Produkte verkaufen sie in ihrem Hofladen, ein hübsches Hofkaffee lädt Wanderer zum Verweilen ein. Vor zwölf Jahren übernahmen sie als Quereinsteiger mit einem Herz für Ökologie und Qualität den Haldihof, über den man bereits seit 1750 schriftliche Quellen findet.
«Das Endprodukt wird nur so gut wie das Ausgangsprodukt, das man verwendet», gibt Bruno Muff das Erfolgsrezept für guten Essig preis. Sein Ausgangsprodukt ist ungespritztes Obst von Hochstammbäumen in bester Bioqualität. Kupfer setzt der Landwirt nicht ein. Durch die Jahre haben sich auf dem Hof nur die robusten Sorten durchgesetzt. Es sind verschiedene alte und sogar einige hofspezifische Sorten, wie beispielsweise eine Unterart der Fellenberg-Zwetschge, die besonders süss ist. «Klar haben wir zum Teil auch Ertragsausfälle.»
Essigherstellung auf dem Haldihof
Man presst einen süssen, gesunden und naturtrüb belassenen Obstsaft. Diesem gibt man Hefe für die Weinherstellung bei.
Der Alkohol bestimmt die Säure
Die Vergärung des Zuckers in Alkohol dauert etwa drei Wochen. Es entsteht Apfel- oder Birnenwein mit zirka acht respektive neun rozent Alkohol. Grundsätzlich kann alles, was flüssig und alkoholhaltig ist, zu Essig weiterverarbeitet werden.
Im zweiten Schritt wird jedes Prozent Alkohol in ein Prozent Essigsäure umgewandelt. Bruno Muff misst immer wieder den Säuregehalt, damit er weiss, wann der Prozess abgeschlossen ist. Es entstehen also Essige mit ungefähr acht respektive neuen rozent Säure. Auf dem Haldihof wird der fertige Essig nicht mit Wasser verdünnt. Laut Gesetz muss Bioessig mindestens fünf Prozent Säure haben, bei konventionellem reichen vier Prozent.
Den Produktionsprozess starten
Beim Fesselverfahren müssen die Holzschnitzel bei Inbetriebnahme der Anlage mit Essigbakterien geimpft werden. Dafür lässt man naturbelassenen Essig durch die Schnitzel durchlaufen. Beim Submers-Verfahren gibt man zu Beginn der Produktion Essigbakterien bei.
Es braucht etwas Start-Kapital
Als Einstieg in die Essigproduktion benötigt man zirka 15'000 Franken Kapital für eine 150-Liter-Submers-Anlage, Occasions-Tanks und Kleinmaterial. Zusätzlich kommen geeignete Räumlichkeiten dazu. Bruno Muff verkauft seine Qualitäts-Essige im Schnitt für 24 Franken den Liter.
Weitere Informationen: www.haldihof.ch
Verschiedene Herstellungs-Verfahren
Überall stehen verschiedene Plastik- und Holzfässer sowie Stahltanks. Es sieht aus wie in einem Weinkeller. In einem Stahlbehälter gärt Essig vor sich hin. Die Temperatur liegt idealerweise zwischen 28 und 32°C. «Das ist eine 150-Liter-Submers-Anlage», erklärt Fachmann Bruno Muff. «Das kommt von ‹unter Wasser.›» Die Essigbakterien schweben in der Flüssigkeit oder anders gesagt, sind untergetaucht.
Wenn die Anlage einmal läuft, kann man alle sieben bis acht Tage 50 Liter fertigen Essig abzapfen. «Diese müssen dann durch 50 Liter Wein ersetzt werden, damit die Essigbakterien wieder etwas zu beissen haben.» Wenn Muff von seinen Essigbakterien spricht, tönt das, als seien es Haustiere. «Sie sind Lebewesen und richtige Diven», meint er mit einem Schmunzeln.
Auf dem Haldihof gibt es noch ein zweites Verfahren, um Essig herzustellen: das Fesselverfahren. Hierzu zeigt Bruno Muff stolz auf ein grosses «Holzfass». Der obere Teil der Anlage ist mit Holzschnitzeln, die mit Essigbakterien geimpft wurden, befüllt. «Gemäss traditioneller Herstellungsweise verwendet man Buchenholzschnitzel», erklärt der Profi. Im unteren Teil des «Fasses» sind 200 Liter Wein eingefüllt, die immer wieder nach oben gepumpt und über die Holzschnitzel gebraust werden. Nach zirka einer Woche hat man 200 Liter fertigen Essig, «der einen leichten Geschmack nach Holz hat», beschreibt Bruno Muff das Endprodukt.
Nicht einfach nur Essig
Die fertigen Essige des Haldihofs sind unfiltriert und nicht pasteurisiert. Die Geschmacksstoffe bleiben so voll erhalten. Es kann sich aber mit der Zeit auch eine Essigmutter bilden. «Das spricht für Qualität, denn das naturbelassene Produkt lebt. Solchen Essig muss man unbedingt als Qualitätsprodukt positionieren», erklärt und rät Bruno Muff. Auch macht er nicht einfach Apfelessig, sondern sortenreine Essige, wie Gelbmöstlerbirnenessig oder Bohnapfelessig. «Solche Produkte sind gefragt.»