Bis am Mittwoch Nachmittag war unklar, ob der Branchenstandard für nachhaltige Schweizer Milch per 1. September eingeführt wird. Zu reden gaben zuletzt die Verwendung der Kennzeichnung, und die Umsetzung des Vorhabens. Denn wie so oft, steckte der Teufel auch dieses Mal im Detail. Letztlich konnte sich der Vorstand der Branchenorganisation Milch (BOM) aber auf drei Umsetzungsreglemente einigen.

Auszeichnung kann auch für B-Milch verwendet werden

Die Reglemente umfassen die Weisungen an die Produktion sowie jene an Handel und Verarbeitung. Hinzu kommt das Reglement für die Nutzung der Kennzeichnung, mit der die nachhaltige Schweizer Milch ausgelobt werden soll. Während die Produzenten zehn Pflicht- und zwei von acht Wahlpflicht-Kriterien erfüllen müssen, verpflichten sich der Handel und die Verarbeiter unter anderem, den Nachhaltigkeitszuschlag separat auf der Milchgeldabrechnung auszuweisen.

Die Kennzeichnung indes darf sowohl für A- als auch für B-Milch eingesetzt werden. Wie es im entsprechenden Reglement heisst, ist die Verwendung bei der B-Milch möglich, ohne dass der Nachhaltigkeitszuschlag auf der B-Milch ausgewiesen werden muss. Wie BOM-Geschäftsführer Stefan Kohler auf Anfrage erklärt, wird der Fokus der Kennzeichung auf dem A-Segment liegen. «Aber wenn die Kennzeichnung hilft, die Marktchancen im Export zu erhöhen, dann ist das auch in unserem Sinne», so Kohler weiter.

Verzögerung wollte man vermeiden

«Wir haben weitere Grundlagen beschlossen und können nun wie geplant in die konkrete Umsetzung starten», sagt der Direktor der Schweizer Milchproduzenten, Stephan Hagenbuch, auf Anfrage. Wie er erklärt, waren gewisse Kompromisse notwendig, um die Verabschiedung der Reglemente nicht zu gefährden. Auf die Frage, in welchen Punkten die Milchproduzenten Konzessionen machten, verweist Hagenbuch auf die Reglemente, welche heute unter www.ip-lait.ch aufgeschaltet werden. «Wir haben da etwas verabschiedet, das für die ganze Branche und damit für die ganze Wertschöpfungskette von Bedeutung ist», so Hagenbuch weiter.

Offenbar wollte sich niemand dem Vorwurf aussetzen, dass der erste September als Stichtag für die Einführung des Branchenstandards nicht eingehalten werden kann.

 

Jetzt für den Zuschlag registrieren

Wer als Milchproduzent vom Branchenstandard für nachhaltige Schweizer Milch und dem dazugehörigen Preisbonus von drei Rappen je Kilo A-Milch profitieren will, muss sich über die DB-Milch registrieren. Ab heute sind die entsprechenden Module offen. Die Produzenten müssen nun angeben, welche der zehn Pflicht- und der acht Wahlpflicht-Kriterien sie erfüllen. Mit der Registration verbunden ist eine Einverständniserklärung, dass die TSM Treuhand einen Teil der Daten abgleicht und so die Selbstdeklaration der Milchproduzenten prüfen kann.

Von den acht Wahlpflicht-Kriterien müssen deren zwei erfüllt werden. Damit die Milchkäufer die Angaben erhalten, müssen die Eingaben in der DB-Milch gespeichert und freigegeben werden. Die Erfassung ist ab heute Mittag möglich und muss bis am 31. August 2019 erfolgen, damit man bereits im September vom Zuschlag profitieren kann.

 

Seilziehen im Hintergrund

Das Problem beim Standard ist nicht unbedingt dessen Ausgestaltung. Stattdessen ist es, wie eigentlich immer bei erfolgreichen oder erfolglosen Projekten und Vorhaben, die Umsetzung. Und diese ist vor allem von den zwei orangen Riesen geprägt. Migros ist nicht Mitglied der BO-Milch und sagt von sich, dass sie einen überdurchschnittlichen Milchpreis ausbezahlt. Coop ist Mitglied der BOM, ist also daran interessiert, dass der Branchenstandard umgesetzt wird. Allerdings ist der Basler Detailhändler nur dann bereit, eine Preiserhöhung an den Konsumenten weiterzugeben, wenn es auch seine Zürcher Kollegen tun.

Allerdings bedeutet die Zurückhaltung bei Migros offenbar nicht unbedingt das Ende des Grünen Teppichs, weshalb man letztlich am Mittwoch den Umsetzungsreglementen zustimmen konnte. Schon im Mai hat der BOM-Vorstand die Richtpreiserhöhung für A-Milch per 1. September von 68 auf 71 Rappen je Kilo Milch franko Rampe beschlossen. Was jetzt noch fehlt, ist der Abgleich mit der Realität. Die Erwartungen der Branche sind dennoch schon lange klar: «Wir erwarten nun, dass am Markt ein Mehrpreis geholt wird und die Bauern davon profitieren», sagt Stefan Kohler.

 

Auszahlung Prüfen

Für die Umsetzung des Branchenstandards gelten laut einem Informationsschreiben an die Produzenten «strenge Datenschutzregeln». BOM, SMP und TSM-Treuhand fordern die Produzenten deshalb auf, selbst zu prüfen, ob ihre Milchkäufer ab September den Zuschlag tatsächlich bezahlen und separat auf der Milchgeldabrechnung ausweisen.