Der Gefrierpunkt ist ein Parameter für den Wassergehalt und diverse andere Faktoren. Er wird in den monatlichen Milchproben gemessen. Liegt er zu hoch, das heisst über −0,52°C, kann das Resultat zu Abzügen führen. Das ist namentlich in der Käsereibranche der Fall, in der Industrie wird mit Gehaltsmessungen operiert, deshalb spielt der Gefrierpunkt bei der Bezahlung keine Rolle.

Viele Einflussfaktoren

Nun sorgt der Gefrierpunkt nicht zum ersten Mal für Unstimmigkeiten in der Branche. Der Grund: Er liegt heuer aussergewöhnlich hoch und niemand weiss so richtig warum (s. Grafik).

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Dass es Produzenten gibt, die Wasser in die Milch schütten, an das glaubt heute niemand mehr. Ursprünglich war die Messung des Gefrierpunkts nämlich eingeführt worden, um Panschern das Handwerk zu legen. Wenn man mit Experten spricht, können sie sich vorstellen, dass Wasserrückstände in Rohrmelkanlagen den Gefrierpunkt negativ beeinflussen könnten. In einem Merkblatt von Suisselab wird aber noch eine ganze Reihe weiterer Faktoren genannt, die den Gefrierpunkt beeinflussen:

  • Futterzusammensetzung
  • Stoffwechsel-Stress bei Temperaturen über 25 °C
  • Salzmangel
  • Schnellwachsendes Gras, Schattenseiten-Gras und Waldrand-Gras mit weniger Zucker und Inhaltsstoffen
  • Schlechtere Nährstoffaufnahme wegen Durchfall
  • Schnelle Futterumstellungen
  • Nährstoffversorgung
  • Dauer der Futteraufnahme

Ursachen sind also schwierig zu finden und der Unmut der Milchproduzenten, denen in den privatrechtlichen Verträgen Abzüge gemacht werden deshalb gross. In der Westschweiz haben die Proteste bereits dazu geführt, dass der regionale Käserverband AFR den Parameter Gefrierpunkt suspendiert hat, wie Geschäftsführer Olivier Isler sagt.

Viele Milchproduzenten seien der Meinung, dass die Resultate der Messungen nicht stimmen könnten, sagt Jacques Gygax, Direktor von Fromarte, dem Dachverband der Käser. Er selber habe auch gewisse Zweifel.

Davon will Daniel Gerber, Geschäftsführer von Suisselab, aber nichts wissen. Die Ergebnisse des Tests seien mehrfach abgesichert. Die Mutter aller Fragen, nämlich diejenige nach dem Warum, könne er aber auch nicht beantworten. Ähnlich geht es Stephan Hagenbuch, dem Direktor der Schweizer Milchproduzenten (SMP): «Wir tappen im Dunkeln, müssen aber schnell Klarheit haben», sagt er.

Gefrierpunkt abschaffen?

Fest steht, dass die Gefrierpunkt-Sanktionen für betroffene Milchproduzenten schmerzhaft sind, auch weil ihnen im Falle einer Überschreitung teilweise die gesamten Qualitätszuschläge gestrichen werden. Heute Freitag will sich der Zentralvorstand von Fromarte mit dem Thema befassen. Dabei werde es auch um die Grundsatzfrage gehen, ob man den Gefrierpunkt überhaupt weiter berücksichtigen wolle und ob es für die gewerblichen Milchkäufer eine valable Alternative gibt, so Jacques Gygax. Diese Frage beschäftigt auch die SMP: «Die Diskussion ist offen», sagt Direktor Stephan Hagenbuch. Man werde diese mit der zuständigen Branchenkommission in Kürze diskutieren.