Der Weideaustrieb auf den Heimbetrieben und der Auftrieb auf die Sömmerungsflächen stehen kurz bevor. Neben den üblichen Vorbereitungsarbeiten bedürfen zwei eher neue Ausgangslagen unserer besonderen Beachtung.

Wanderer und Grossraubtiere

Die Sömmerung von Nutztieren hat im Alpenraum eine lange Tradition und eine grosse wirtschaftliche Bedeutung. Die Rahmenbedingungen haben sich aber in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend verändert. Dafür verantwortlich sind die Landwirtschaftspolitik, der zunehmende Sommertourismus und die Einwanderung von Grossraubtieren. Die immer raschere Entwicklung der Wolfspopulation bereitet dabei besonders Sorgen.

Noch vor vierzig Jahren gehörte die Geburt eines Kalbes während der Sömmerungszeit zur absoluten Ausnahme. Seit aber die Mutterkuhhaltung in der Schweiz Fuss gefasst und sich zu einem bedeutenden Betriebszweig der Rindviehhaltung entwickelt hat, gehören Abkalbungen während der Weideperiode zum Alltag in der Mutterkuhhaltung. Die auf der Weide vorherrschenden Bedingungen stellen eine natürliche und grundsätzlich geeignete Situation für die Geburt – ein natürliches Ereignis –, dar. Sie sind aus der Sicht des Tierwohls zu befürworten. Es bedingt aber, dass die dafür notwendigen Voraussetzungen gegeben sind.

Diese Weiden müssen für das Betreuungspersonal gut einsehbar und mit zwei elektrifizierten Litzen umzäunt sein. Für eine Hilfestellung vor, während und nach der Geburt muss die Weide mit einer Einrichtung versehen sein, die das Fixieren der Tiere ermöglicht (z. B. Pferch mit Panels und eine Fangvorrichtung). Nur so werden die Betreuungspersonen als Verantwortliche den Vorgaben des Tierschutzgesetzes und gleichzeitig auch einem genügenden Herdenschutz gegenüber dem Grossraubwild gerecht. Zudem stellen sie damit sicher, dass Interaktionen zwischen Mutterkühen und Sommertouristen bei entsprechender Verhaltensweise vermieden werden können.

Checkliste abarbeiten

Auf Anregen des Bündner Amtes für Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit hat eine breitabgestützte Arbeitsgruppe eine Wegleitung erarbeitet, die auf den kantonalen Weisungen für die Sömmerung GR/GL basiert. Inhalt dieser Wegleitung ist auch eine Checkliste, die jeder Alporganisation, die Mutterkühe sömmert, wärmstens empfohlen ist. Sie stellt zusammen mit der Checkliste der BUL zum gleichen Thema sicher, dass alle getroffen Massnahmen dokumentiert sind. Das ist Basis bei der Frage nach der Verantwortung bei Unfällen. Gleichzeitig stellt sie sicher, dass Übergriffe von Grossraubtieren als Risse von geschützten Nutztieren anerkannt werden.