Vera und Samuel Kessens übernahmen per 1. Januar 2020 den Gemüsebetrieb von ihrem Vater Gerd Kessens im zürcherischen Furttal, wo auf Moosböden viel Gemüse angebaut wird. Die 30-jährige Ernährungswissenschaftlerin Vera und der 32-jährige Agrarwissenschaftler Samuel arbeiteten schon vorher auf dem «Brüederehof» bei ihrem Vater. So kannten sie bereits das System mit dem Gemüsetaschen-Lieferdienst für Abonnenten in den Städten Zürich und Baden.

Lockdown als Bestellwunder

Aber von dem, was mit dem Lockdown ab dem 16. März auf ihrem Betrieb abgehen würde, hatten sie zuvor keine Ahnung. «Wir wurden überrumpelt von der Flut der Bestellungen neuer Abos», erinnert sich Vera Kessens. Auf dem Hof mit seinen 1,2 Hektaren Bio-Gemüseanbau in Tunnels und im Freiland musste investiert werden, um die Verdoppelung der Abonnenten auf 1100 zu meistern:

  • Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden angestellt.
  • Zusätzliche Rüst- und Packräume wurden angemietet.
  • Zusätzlich zur Eigenproduktion wurde mehr Bio-Gemüse von Bio-Bauern und vom Bio-Handel eingekauft.
  • Weil Kessens nicht alle Neuabonnenten beliefern konnten setzten sie diese erst mal auf eine Warteliste.

«Wir arbeiteten gefühlt Tag und Nacht!», erinnert sich Vera Kessens. Zum Glück hätten sie schon Anfangs Jahr ein neues Online-Bestellsystem eingeführt «dank dem wir den Ansturm bewältigen konnten» betont sie und zusätzlich kauften die Geschwister Kessens einen neuen, elektrischen Transporter, um die rund 100 Depots in Zürich und Baden mit den Gemüsetaschen zu beliefern.

Samuel Kessens erinnert sich genau, wie schwierig es war, ­wegen der Verdoppelung der Abonnenten die Anbauplanung ­umzustellen. «Wir bestellten zusätzliche Setzlinge und mehr Samen», schildert er die stürmische Zeit. Leider bekam er kurzfristig nicht alles, was er wollte. Denn nicht nur sie, sondern «auch die Setzlingsproduzenten und Samenhandel waren eine Zeit lang ausverkauft», musste Samuel Kessens erfahren.

Sehr lange Arbeitstage

Es war eine hektische Zeit «und nach langen Arbeitstagen auf dem Betrieb wartete zu Hause eine Unmenge Büroarbeit», erzählt Vera Kessens, die vor einem Jahr Mutter einer Tochter geworden war. «Das ganze war sehr streng – aber lieber so als die Arbeit zu verlieren wie es vielen wegen Corona passiert ist», blickt sie zurück.

Jetzt Ende August ist der grosse Ansturm vorbei. Man habe die Warteliste abgebaut und die grosse Zahl der Neuabonnenten habe man «plus/minus halten können», zieht Vera Kessens vorläufige Bilanz des hektischen Neustarts. Ihr System habe den Vorteil, man den Anbau nach dem voraussichtlichen Absatz planen könne, schildert Vera Kessens den grossen Vorteil vom Aboverkauf. Sie beschreibt das System so:

  • Inhalt der Tasche: Der Brüederhof bestimmt den Inhalt. Nur wenige Abonnenten schliessen bestimmte Gemüse aus.
  • Saisonalität: In die Taschen kommt, was Saison hat. Entweder auf dem Brüederhof oder auf den Biohöfen, welche Lagergemüse oder Obst liefern.
  • Zusätzlich betreiben Kessens jeweils Samstags einen Marktstand in Baden.

Schon 1983 fing alles an

Wegen der vielen Neuabonnenten wurde der Anbau ausgedehnt. Zum Glück konnten Kessens auf dem Herterenhof in Wettingen eine zusätzliche Fläche für Gemüseanbau dazu pachten. Vater Gerd Kessens hat das Geschäft zwar übergeben, aber er arbeitet nach wie vor mit und bewirtschaftet die zusätzlich gepachtete Fläche. «Schon seit 1983 beliefern wir Konsumenten im Abonnement mit Bio-Gemüse», erzählt Gerd Kessens von seinen Anfängen.

Start als Genossenschaft

Erst habe er das Gemüse für die damaligen Genossenschafter auf dem Brüederhof gepflanzt. «Die Idee der Genossenschafter war, ohne grossen Aufwand zu saisonal produziertem Biogemüse geliefert zu bekommen», erzählt Gerd Kessens. Von 1987 bis 1999 pflanzte er das Gemüse auf dem Herterenhof in Wettingen, anschliessend kehrte er auf den Brüederenhof zurück. In der Zwischenzeit wurde die Genossenschaft in Gemüseabos umgewandelt.