Zu den wichtigsten Schaderregern von Mais, Weizen und Gerste gehören Fusarium-Pilze. In der Schweiz kann vor allem Fusarium graminearum, Verursacher der Ährenfusariose, zu hohen Ertragsverlusten und einer Belastung der Ernte mit Mykotoxinen in Weizen und Gerste führen. Infizierte Ernterückstände können Mais als Nachfolgekultur anstecken. Die reduzierte Bodenbearbeitung fördert die Infektion.
Agroscope-Forschende haben entdeckt, dass der natürlich vorkommende Bodenpilz Clonostachys rosea Fusarien auf Mais-Ernterückständen zurückdrängen kann. Am Standort Reckenholz ZH wurden Feldversuche am Weizen durchgeführt, um diesen Effekt unter Freilandbedingungen zu prüfen. Ihre Forschungsergebnisse präsentierten die Wissenschaftler in der neusten Ausgabe der UFA-Revue. Diese zeigen sich erfolgversprechend.
Bis zu 92 Prozent Wirkung
Für die Untersuchungen haben die Forschenden die Maisstängel nach der Ernte gesammelt und künstlich im Labor mit F. graminearum infiziert. Die infizierten Maisstängel wurden anschliessend mit verschiedenen Formulierungen von C. rosea oder nur mit Wasser als Kontrolle behandelt und im Freiland zwischen die Reihen von zwei Winterweizen-Sorten ausgebracht. Nach dem Ernten im Jahr 2017 und 2018 zeigte sich, dass der Befall und die Mykotoxin-Belastung in den beiden Sorten durch die Behandlung mit C. rosea stark reduziert wurde:
Sorte Forel (mittlere Fusarium-Anfälligkeit): In den Körnern wurde im Vergleich zur Kontrolle Deoxynivalenol (DON) um bis zu 90 Prozent und Zearalenon (ZEN) um bis zu 78 Prozent reduziert. Die Erträge konnten um bis zu 21 Prozent gesteigert werden.
Sorte Levis (hohe Anfälligkeit): DON wurde um bis zu 87 Prozent und ZEN um bis zu 92 Prozent reduziert. Die Erträge konnten um bis zu 39 Prozent gesteigert werden.
Die mit dem Bodenpilz behandelten Maisstängel zeigten eine deutlich geringere Bildung von Fruchtkörpern, die im Frühjahr normalerweise ihre Sporen verbreiten.
Weiterführende Versuche
Agroscope konnte mit diesen Ergebnissen belegen: Der Krankheitsdruck sowie die Mykotoxin-Belastung können mit einer biologischen Behandlung der Mais-Ernterückstände im nachfolgend angebauten Winterweizen reduziert werden.
In einer neuen Versuchsreihe prüfen die Agroscope-Forschenden den Einsatz von C. rosea direkt beim Mulchen der Mais-Ernterückstände. Ihr Ziel: Eine anwendbare und nachhaltige Lösung in einem einzigen Arbeitsschritt zu entwickeln, um die Belastung mit Mykotoxinen zu reduzieren.
«Bis das Produkt registriert ist, kann es 5 bis 10 Jahren dauern»
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Susanne Vogelgsang ist Leiterin der Forschungsgruppe Ökologischer Pflanzenschutz im Ackerbau bei der Agroscope Reckenholz in Zürich.
In den Agroscope-Versuchen konnte F. graminearum mit C. rosea bis zu 90 Prozent reduziert werden. Können Landwirte also bald mit einem solchen Produkt auf dem Markt rechnen?
Susanne Vogelgsang: Wir müssen zunächst noch die Formulierungsstrategien verbessern. In den ersten Versuchen haben wir die Maisstängel im Labor infiziert und erst danach aufs Feld ausgebracht. In einem aktuellen Versuch testen wir nun die Applikation von C. rosea während dem Mulchvorgang direkt nach der Maisdrusch und mit einem Pilzstamm, der in der Schweiz isoliert wurde, statt dem ursprünglich getesteten Stamm aus den Niederlanden. Das ist wichtig für die Registrierung. Zudem muss noch gezeigt werden, dass der in der Schweiz natürlich vorkommende Pilz keine nützlichen Organismen gefährdet. Wir rechnen also noch mit zwei bis drei Jahren, bis wir die nächsten Ergebnisse erhalten.
Wie geht es weiter, nachdem der aktuelle Versuch abgeschlossen ist?
Wenn eine Firma Interesse für das Produkt zeigt, reicht diese dann beim Bundesamt für Landwirtschaft ein Gesuch ein. Bis ein Produkt registriert wird, ob chemisch-synthetisch oder biologisch, kann es durchaus fünf bis zehn Jahre dauern.
Wie könnte die Applikation des Pilzes zukünftig in der Praxis aussehen?
Wir haben ein Mulchgerät angepasst, mit dem in einem Arbeitsgang der Pilz mit der Feldspritze auf die Mais-Ernterückstände appliziert wird. Weil der Pilz aber oberhalb und nicht unter der Erde zum Einsatz kommt, muss er gegen Austrocknung und UV-Strahlung geschützt werden. Wir sind mit einer Firma in Kontakt, die C. rosea durch eine Mikrokapselierung vor diesen Einflüssen schützt und zudem bewirkt, dass das Produkt mit gewöhnlichen Düsen gespritzt werden kann.
Interview Katrin Erfurt