Es ist paradox, was sich mitten in der diesjährigen Rapsernte in der Anbauplanung bei den Ölsaaten für kommendes Jahr mit Blick auf die Palmölproblematik abspielt. Die Schweizer Landwirtschaft bekundet grosse Mühe, der steigenden Nachfrage nach einheimischem Rapsöl gerecht zu werden.
Es fehlen 13'000 Tonnen Raps
Gemäss der Rahmenvereinbarung haben die Schweizer Ölmühlen den Ölsaatenproduzenten die Verarbeitung von rund 106'000 t Suisse Garantie-Raps und 13'000 t Sonnenblumen zugesichert. Deren Produktion ist mit Anbauverträgen abgesichert. «Die Nachfrage nach Rapsöl ist auch in diesem Jahr hoch aufgrund des Wechsels von Lebensmittelverarbeitern von Palm- auf Rapsöl. Bisher wurden 93'000 t Raps angemeldet. Somit ist die Zielmenge nicht erreicht», schreibt der Schweizerische Getreideproduzentenverband in einer Pressemitteilung.
Zu den Verarbeitern gehört beispielsweise der Chipshersteller Zweifel, welcher ganz auf Swissness setzt, indem er nebst Salz aus Bex auch Schweizer Rapsöl verwendet. Damit hat er eine durchaus beachtliche zusätzliche Nachfrage angekurbelt.
Der Raps liefert wertvolles pflanzliches Öl oder daraus gewonnenes Pflanzenfett, welches aus der modernen Küche nicht mehr wegzudenken ist.
Auch in Fleischersatzprodukten enthalten
Zugleich werden Öl und Fett auch in vielen Fleischersatzprodukten mit wachsender Nachfrage eingesetzt. Dabei sind die Transport- und Verarbeitungswege kurz. Von den dezentralen Sammelstellen werden die wenigen Ölmühlen beliefert. Etwas mehr als ein Drittel des Gewichtes kann als Öl genutzt werden.
Die Nebenprodukte Rapskuchen und Rapsschrot können in der inländischen Nutztierhaltung in der Schweine- und Rindviehfütterung eingesetzt werden, ohne das lange Transportwege anfallen. Damit werden auch mögliche Importe von proteinhaltigen Futtermitteln ersetzt und Food Waste verhindert.
Erschwerte Bedingungen seit 2014
Die Misere im Rapsanbau begann mit dem seit 2014 bestehenden Verbot der Saatgutbeizung. Dabei sei in Erinnerung gerufen, dass das Beizen von Saatgut nicht eine Erfindung der Neuzeit, sondern schon im vorletzten Jahrhundert zum Schutz des Saatkorns teilweise gar mit giftigen Schwermetallen angewendet worden ist.
Das gebeizte Saatgut wurde zur präventiven Bekämpfungdes Rapserdflohs eingesetzt. Im Herbst nach der Aussaat können die jungen Pflanzen nach dem Keimstadium dank diesen Wirkstoffen vor dem gefrässigen Rapserdfloh geschützt werden. Dieser setzt nun den jungen Pflanzen während der Keimphase massiv zu. Nach der vegetativen Winterruhe sind es dann Rapsstängelrüssler und Rapsglanzkäfer, welche zu Ertragseinbussen oder Totalausfall führen können. Dies ist auch einer der Hauptgründe, warum der Rapsanbau im Biolandbau mit einigen Hundert Tonnen nur ein Mauerblümchendasein fristet.
Ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln führe zum Aus des innländischen Rapsanbaus
Um den Rapserdfloh präventiv etwas in Schach zu halten, sollte eine weite Fruchtfolge angestrebt werden. Zugleich sind neue Rapsparzellen möglichst weit entfernt von der letztjährigen Rapskultur einzuplanen und kreuzblütige Unkräuter rigoros zu bekämpfen. Sollte es gar mit den anstehenden Initiativen zum Verbot von synthetischen Pflanzenschutzmitteln kommen, droht dem inländischen Rapsanbau ganz der Tod.
Gefangen in Widersprüchen
Die aktuelle Situation zeigt die absurden Widersprüche innerhalb der globalen Agrarpolitik auf. Man wünscht sich kein Palmöl, welches auf Kosten von gewaltigen Urwaldflächen produziert wird. Gleichzeitig plädiert man im Inland für ökologische Produktion und träumt von Landwirtschaft ohne synthetischen Pflanzenschutz.
Jetzt prallen gerade in diesem Bereich sehr bildlich diese Widersprüche voll aufeinander und zeigen auf, dass es mit Blick auf die Ernährungssicherheit bei steigender Bevölkerungszahl keinen grossen Spielraum für Experimente bei der Produktion gibt.
Ökoprobleme exportieren?
Ohne Pflanzenschutz gibt es weder einen versorgungssichernden inländischen noch ausländischen Rapsanbau. Wo auf synthetische Hilfsstoffe verzichtet werden muss und nur einfache Präparate zur Verfügung stehen, hat es der Rapsanbau sehr schwer. Verschiedene Schädlinge und auch die anspruchsvolle Unkrautbekämpfung lassen nur kleine Erträge zu oder oftmals mussten Rapskulturen vor der Ernte vernichtet werden.
Wer sich gegen den Raubbau am Urwald und damit unter anderem gegen die Ausdehnung des Palmölanbaues einsetzt, muss sich logischerweise für eine inländische produzierende Landwirtschaft einsetzen, welche auch die immer mehr gefragten pflanzlichen Fette und Öle produziert. Es wäre entsprechend auch unehrlich, die einheimische Produktion durch Importe zu ersetzen, welche irgendwo auf dem Globus unter dem (unkontrollierten) Einsatz von synthetischen Pflanzenschutzmittel produziert werden.