Bis ins Jahr 2050 leben neun Milliarden Menschen auf der Erde. Um sie ausreichend ernähren zu können, muss sich die Nahrungsmittelproduktion laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Ver-einten Nationen (FAO) nahezuverdoppeln.

In einer Online-Veranstaltungsreihe der Berner Fachhochschule (BFH) wurde diese Prognose unter dem Aspekt der Proteinversorgung diskutiert. Dabei ging es auch um die Frage, ob Proteine pflanzlichen oder tierischen Ursprungs sein sollen. Im Fokus stand die Kuh.

Die Schweiz ist ein Grasland und das spricht für die Kuh

Ist die Kuh nun Proteinlieferantin oder konkurrenziert sie die menschliche Ernährung mit ihrer Fütterung? Die Frage kann nicht einfach so beantwortet werden. Man muss jedoch wissen:

  • Eine Konkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Futterproduktion existiert.
  • Wiederkäuer sind im Ge­gensatz zu Monogastriern(z. B. Schweine) relativ ineffiziente Futter- bzw. Eiweissverwerter.
  • Wiederkäuer können Nahrungsquellen (z. B. Gras) erschliessen, die für den Menschen nur schlechtnutzbar sind.

Die Schweiz ist ein Grasland. Im EU-Vergleich steht sie  mit nicht ganz 70 % Graslandanteil nach Irland gleich an zweiter Stelle. Zum Vergleich Deutschland: 40 % Graslandanteil. Das spricht eigentlich für die Kuh.

Wollen wir Futter oder Lebensmittel produzieren?

Zahlen belegen, dass die Spezialisierung und Intensivierung in der Milchproduktion zunimmt. Die Betriebsflächen werden grösser, die Anzahl Kühe pro Betrieb steigt und die vermarktete Milchmenge pro Betrieb ebenfalls. Parallel zur gesteigerten Milchleistung nimmt auch der Kraftfuttereinsatz zu. Aber führt dies gezwungenermassen zu einer Flächenkonkurrenz?

Eine Studie hat dies untersucht. Man stellte den Futterbedarf und die Produktion einer Kuhherde der Nahrungsmittel- und der Flächenkonkurrenz gegenüber: Wie viel Nahrungsproteine und -energie für den Menschen stecken in der Fütterungsration und wie viel pflanzliche Nahrungsproteine und -energie für den Menschen hätten auf der Futterfläche produziert werden können?

Bei der Nahrungsmittelkonkurrenz schneidet die Kuh wegen des hohen Raufutterverzehrs gut ab (besser als Nichtwiederkäuer wie Schweine oder Hühner). Doch nur bei Betrieben im Berggebiet besteht keine Flächenkonkurrenz, da im Talgebiet viel ackerfähiges Land futterbaulich genutzt wird.

Ein paar Empfehlungen und Überlegungen

  • Eine Reduktion der Futterproduktion auf ackerfähigen Flächen im Talgebiet wäre sinnvoll. So könnten die dadurch frei gewordenen Flächen für die menschliche Proteinproduktion genutzt werden.
  • Die Milchproduktion sollte mehr auf die regionalen Begebenheiten abgestimmt werden.
  • Eine Steigerung der Effizienz bei Futterverwertung durch bessere Futterqualität und Verminderung von Verlusten wäre anzustreben.
  • Vor allem muss man die Rolle der Wiederkäuer ganzheitlich betrachten: Ihre Ökosystemleistungen, ihre Rolle als Nährstofflieferantin und beim Erhalt der Biodiversität.