Vor einigen Jahren erlebte die Gründung von Betriebsgemeinschaften einen Boom. Mittlerweile ist dieser abgeflaut. Etwas mehr als 2 Prozent der Schweizer Betriebe werden in einer Betriebsgemeinschaft geführt. Dabei wäre das Potenzial für Kosteneinsparungen gross. Der Strickhof Milchtag nahm sich dem Thema am 24. Januar an und griff verschiedene Aspekte der überbetrieblichen Zusammenarbeit auf.

Neue Lösungswege dank Zusammenarbeit

Aus der Sicht von Ueli Straub, Agridea, stösst die Schweizer Landwirtschaft mehr und mehr an ihre Grenzen. Die hohen Fixkosten bei sinkenden Produktpreisen sind für die Betriebe oft nicht mehr tragbar. Trotz zunehmender Mechanisierung ist die Arbeitsbelastung gross und viele Bauernfamilien sind auf ein Zusatzeinkommen angewiesen. «Die überbetriebliche Zusammenarbeit eröffnet interessante Lösungswege», hielt Straub fest. «Sie bringt arbeitswirtschaftliche Vorteile, aber auch mehr Fachwissen.»

Eine Kooperation kann von einer überbetrieblichen Arbeitsteilung (z.B. Aufzuchtvertrag) bis zum Vollzusammenschluss zweier Betriebe gehen. Die Betriebszweiggemeinschaft (BZG) und Betriebsgemeinschaft (BG) sind rechtlich im Zivilgesetzbuch geregelt. Aber unabhängig von der Form gibt es Punkte, die von Anfang an klar geregelt sein müssen:

  • Zielstrebigkeit: Gemeinsame Unternehmensstrategie
  • Klarheit: Verständliche, vertragliche Regelungen
  • Ausgewogenheit: Gerechte Verteilung von Gewinn und Verlust
  • Koordination: Kompetenzen und Arbeitsorganisation
  • Konfliktfähigkeit: Offene und faire Kommunikation
  • Grosszügigkeit: Wohlwollender Umgang miteinander

Als wichtigsten Aspekt erachtet Straub die Grosszügigkeit: «Wer nur den eigenen Gewinn im Kopf hat, sollte alleine weitermachen.» Das Killerkriterium ist seiner Ansicht nach fehlende Wertschätzung und Toleranz dem Vertragspartner gegenüber.

 

Vor- und Nachteile der überbetrieblichen Zusammenarbeit im Überblick

Vorteile:

  • Rationellere Produktion
  • Kostensenkung
  • Zusätzliche Einkommensmöglichkeit (Nebenerwerb)
  • Arbeitsentlastung
  • Flexibilität
  • Risikoteilung
  • Grössere Sicherheit bei Krankheit oder Unfall
  • Geteilte Verantwortung

Nachteile: 

  • Eigenständigkeitsverlust
  • Aufwändige Administration
  • Langfristige Bindung (je nach Form)
  • Höheres Investitionsrisiko
  • Erhöhtes Haftungsrisiko
  • Längere Entscheidungswege
  • Verpflichtung zu Offenheit und Toleranz
  • Hohe Ansprüche 

Ein Beispiel aus der Praxis

Dass sich überbetriebliche Zusammenarbeit auch im kleinen Rahmen lohnen kann, zeigte das Beispiel von Stefan Ramp und Thomas Kappeler. Sie haben eine Fahrsilogemeinschaft gegründet. 2004 plante Ramp den Bau eines Laufstalles, Kappeler kam dann bezüglich gemeinsamer Silonutzung auf ihn zu. Es wurde entschieden, dass Ramp zwei Fahrsilos auf eigene Kosten, aber für die gemeinsame Nutzung baut und für den Unterhalt aufkommt. Kappeler gewährte ihm dafür ein Darlehen. Für die Futterlagerung zahlt er einen Miete.

Bis zur Schwad ernten die beiden Bauern jeder für sich das Futter und bereiten es auf. Das Einfüllen in die Fahrsilos wurde dem Lohnunternehmer übertragen. Anhand der Anzahl Ladungen wird berechnet, wer wie viel Futter eingebracht hat. Bei der Futterentnahme wird die Silage gewogen. So habe man rasch den Überblick, wie sich die Kosten aufteilen, meinte Ramp am Milchtag.

Den Futtermischwagen haben sie gemeinsam angeschafft, jeder benutzt aber seinen eigenen Traktor. «Wir wollten eine einfache Regelung», führte Ramp aus. Da jeder einen Traktor besitzt, sind die beiden recht flexibel. Auch mit dem Futtermischwagen kommen sie aneinander vorbei. Ramp richtet die Ration jeweils am Morgen, Kappeler am Nachmittag. Mit dieser Variante der überbetrieblichen Zusammenarbeit sparen Kappeler und Ramp pro Tag 10 Franken bei den Futterkosten. Pro Jahr sind das Kosteneinsparungen von 3500 Franken pro Betrieb.

Eigene Fremdkosten kennen

Christian Gazzarin, Agroscope Tänikon, wies darauf hin, dass Wachstum nicht automatisch ein höheres Einkommen bedeutet. Er sagte: «Theoretisch gilt: Eine höhere Produktionsmenge kann auf gering höhere Fixkosten verteilt werden. Die Kosten sinken, das Einkommen steigt. In der Praxis sieht das aber anders aus.» 

Anhand verschiedener Beispielberechnungen zeigte er auf, dass Wachstum nur dann mehr Einkommen bringt, wenn der Betrieb die Fremdkosten im Griff hat. Das sind zunächst die Sachkosten, die für Produktionsfaktoren und die Abschreibungen von Maschinen, Gebäuden und Ähnlichem anfallen. Unter die Fremdkosten fallen auch Löhne fürs Personal, die Pacht- und Mietzinsen sowie die Zinsen fürs Fremdkapital. «Wenn der Fremdkostenanstieg höher als das Erlöswachstum ist und nur Direktzahlungen das Einkommen garantieren, wird der Betrieb zum Durchlauferhitzer», sagte er etwas überspitzt.

Weniger ist manchmal mehr

Sehr häufig trifft es Christian Gazzarin an, dass die Bauern keine Ahnung haben, wie hoch die Fremdkosten für einen Betriebszweig, z.B. in der Milchwirtschaft, überhaupt sind. «Das ist ein grosses Problem», betonte der Referent. Er warnte auch vor teuren Investitionen wie Melkroboter oder Futtermischwagen. «Diese rechnen sich nur, wenn sie auch wirklich ausgelastet sind.» Überbetriebliche Zusammenarbeit wäre da ein Ansatz. Gazzarin rät Einzelbetrieben, besser in Maschinen oder Geräte zu investieren, die wenig kosten, aber den Arbeitsaufwand erheblich reduzieren. Als Beispiel nannte er die Futternachschiebe-Automatik. «Wachstum alleine reicht nicht, um das Einkommen zu verbessern», meinte Gazzarin zum Abschluss. Es brauche ein cleveres Arbeitsmanagement und eine klare Strategie.

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