Kaum ist das Wort ausgesprochen, zeichnen sich zumindest kritische Blicke beim Gegenüber ab. Wegen des typischen Geschmacks, hervorgerufen durch Caprinsäure, ist Ziegenmilch nicht bei allen beliebt. Ist es möglich, daraus eine Schokolade herzustellen, die nicht «geisselet»? Um es vorweg zu nehmen: Ja (siehe Kasten).

Ziegenmilchpulver ist rar

Ausgangsprodukt einer jeden Milchschokolade ist Milchpulver. Sei das bei der herkömmlichen oder der neu entwickelten Ziegenmilch-Schokolade. Doch Ziegenmilch ist rar, erst recht Ziegenmilchpulver. Die Menge ist für grosse Milchverarbeiter zu klein, als dass es für sie lukrativ wäre. Der Ziegenhof Blüemlisberg liegt auf 1200 m ü. M. oberhalb Schwyz in der Bergzone III. Von den 42 Hektaren, die zum Betrieb gehören, sind 26 Hektaren landwirtschaftliche Nutzflächen fürs Weiden und hofeigenes ­Raufutter. Im Moment werden 67 Ziegen gemolken; zwei Drittel weisse Saanenziegen, der Rest Gämsfarbige Gebirgsziegen.

Zwei bis drei Liter Milch pro Geiss

Im Stall, der 2017 gebaut wurde, haben die Ziegen freien Zugang in den oberen Stock und in den Aussenbereich. Zwei bis drei Liter gibt eine Geiss pro Mal. Damit die Milchmenge für die ­Herstellung von Milchpulver ­genügend gross ist, hat sich Thomas Schmid, der Inhaber der Blüemlisberg AG, mit einem Käsereibetrieb aus Dallenwil  NW zusammengeschlossen. Die Ufag-Laboratorien in Sursee LU verarbeiten die Milch  in einen Sprühturm mit Sprühtrocknung zu Pulver.

Caprinsäure in Harmonie 

Ein Raunen ging durch die Firma Max Felchlin AG in Schwyz, als zwei Dosen dieses Ziegenmilchpulvers in der Entwicklungsabteilung standen. Ob sich daraus etwas machen lässt? Die Firma ist bekannt für hochwertige Kuvertüren, die Ausgangslage für viele Schokoladenspezialitäten von Spitzenconfiseuren ist. Der Ehrgeiz war geweckt. Zumal das Milchpulver von Ziegen stammt, die im Blickfeld der Firma leben. Die Chance, etwas Lokales und Innovatives zu schaffen, spornte an. «Bereits die ersten Versuche zeigten, dass es möglich ist, daraus etwas Genussvolles zu entwickeln», beschreibt Lucas Peier, Leiter Verkauf Produzenten, die erste Phase der Neuentwicklung.

Caramelnote erwünscht

Während die Aromaentfaltung des vielfach standardisierten Kuhmilchpulvers bei der Kuvertüreproduktion bekannt sind, mussten die Entwickler diese mit Ziegenmilchpulver zuerst ausloten. So braucht der geringere Milchzuckeranteil im Vergleich zur Kuhmilch eine andere Temperaturführung, um die gewünschte Caramelnote hervorzubringen. Neu war auch die Säure, hier in Form der Caprinsäure, die in eine Harmonie mit den anderen Zutaten gebracht werden musste. «Unser Vorteil ist, dass das Blüemlisbergmilchpulver nicht unangenehm ‹geisselet› und damit nicht zu dominant ist. Das hat sicher auch mit der hochwertigen Fütterung und Haltung zu tun», erklärt Lucas Peier. Als passende Kakaobohne erwies sich eine Bohne aus Madagaskar von einer Kooperative, mit der die Max Felchlin AG seit über 15 Jahren zusammen arbeitet.

Feiner Gaumen gefordert

«Als ich erfuhr, dass die Max Felchlin AG in Schwyz eine Milchkuvertüre aus Ziegenmilchpulver vom Blüemlisberg herstellt, wusste ich, dass wir daraus ­Schokoladenspezialitäten entwickeln», sagt Josef Felchlin von der Confiserie Chilestägli in Arth SZ, das rund zehn Kilometer von der Schokoladenfabrik entfernt liegt. Der Familienbetrieb, den er mit seinem Bruder in sechster Generation führt, zeichnet sich immer wieder darin aus, mit lokalen Zutaten zu arbeiten.  Aus der «Limited Edition Grand Cru Blüemlisberg 38%» hat das Chilestägli drei verschiedene Produkte kreiert:

  • Das Bettmümpfeli: Ein rundes Schokoladenplättchen mit Farbtupfer aus Stücken von Mandeln, Pistazien und Cranberrys.
  • Das Knusperbranchli: Ein Schokoladestängeli mit Giandujafüllung und Knusperanteil im Boden.
  • Ein rundes Mürbeteigkonfekt: Das Konfekt ist mit Ziegenmilch-Kuvertüre überzogen und mit einer Pralinenfüllung aus der gleichen Kuvertüre gefüllt.

Fachwissen gefordert

«Ob ich als Confiseur mit einer Kuvertüre  aus Kuhmilch oder mit der neu entwickelten ‹Grand Cru Blüemlisberg 38%› aus Ziegenmilch arbeite, ändern nichts am Handwerk», erklärt Josef ­Felchlin. Sein Fachwissen ist besonders beim Kreieren neu gefordert: «Die Ziegenmilch-Kuvertüre kann nicht wie eine Milchschokolade kombiniert werden. Es braucht neue Rezepturen, um einen Gaumengenuss zu erzielen». Die Resultate überzeugen. Die drei Schokoladenspezialitäten der Confiserie Chilestägli sind bestes Beispiel für Innovation und lokale Zusammenarbeit zwischen Bauer, Verarbeiter bis zum Veredler.

 

Ziegenmilch Schokolade

Die Ziegenmilchschokolade der Blüemlisberg AG ob Schwyz und die Schokoladenkreationen von der Confiserie Chilestägli in Arth SZ «geisselen» nicht. Das Aroma der vollmundigen Milchschokolade aus «Grand Cru Blüemlisberg 38» mit 38 Prozent Kakaoanteil hat Nuancen von Blütenhonig, Rahm-Caramel und Kakao. Im Abgang kommt eine für Schokoladenliebhaber und Feinschmecker neue, spannende Note dazu. Das Aroma der Ziegenmilch ist nun dezent spürbar. Da Ziegenmilch von Natur aus laktosearm ist, enthält diese Schokolade weniger Laktose als solche aus Kuhmilch.

Mehr Informationen:
www.bluemlisberg.swiss
www.chilestaegli.ch