Frage: Ich, 55, verheiratet, mag nicht mehr. Es ist mir alles zu viel. Meine Frau redet dauernd von Veränderungen und Hilfe holen. Mein Sohn möchte alles anders machen. Ich arbeite von früh bis spät und doch können wir kaum die laufenden Rechnungen zahlen. Was soll ich nur machen?

Antwort: Das sind viele Fragen und ich weiss selber kaum wo anfangen. Am besten wohl bei Ihrem Alter. Sie haben vermutlich fast 40 strenge Arbeitsjahre hinter sich. Sie haben es verdient, ruhiger zu treten und nicht mehr so viel Verantwortung tragen zu müssen. Lassen Sie sich also als erstes darauf ein, nicht mehr alles im Griff haben zu müssen. Sie dürfen einen Schritt zurücktreten und Hilfe annehmen.

Wenn ich Sie richtig verstehe, haben Sie einen Sohn, der auf dem Hof mitdenkt und mithilft. Das ist doch schön! Geniessen Sie es, dass er Freude hat an diesem Beruf und mit eigenen Ideen die Zukunft gestalten möchte.

Ideen von aussen

Reden Sie mit ihm über seine Veränderungsideen. Vielleicht verstehen Sie im Gespräch seine Ideen besser und können so eher loslassen. Überlassen Sie ihm schrittweise Verantwortung in denjenigen Bereichen, die ihn interessieren. Geniessen Sie, dass Sie in diesen Bereichen nicht mehr die volle Verantwortung tragen müssen. Achten Sie aber gleichzeitig darauf, dass sich Ihr Arbeitspensum in diesen Bereichen auch echt reduziert.

Sie tönen für mich ziemlich «müde» und ausgebrannt. Das ist durchaus verständlich und darf auch so sein am Ende der Berufsjahre. In diesem Zustand nehmen bei den meisten Menschen die Leistungen noch mehr ab. Also hat Ihre Frau schon recht.

In Gespräche investieren

Es macht Sinn in solchen Lebenssituationen über Veränderungen nachzudenken. Vermutlich ist Ihre Frau diejenigen Person, die Sie am besten kennt. Also sollten Sie mit ihr zusammen als gutes Team gemeinsam über neue Ideen austauschen. Sie müssen ja nicht gleich alles umsetzen, aber einige brauchbare Ideen werden schon dabei sein.

Solche guten Paargespräche können sehr viel Energie und Kraft geben, wenn man miteinander gestaltet, statt gegeneinander kämpft. Vielleicht leben Sie ja noch 30 und mehr Jahre mit dieser Frau zusammen. Da lohnt es sich auf jeden Fall in eine gute Gesprächskultur zu investieren.

Konkret umsetzen

Nehmen Sie sich zum Beispiel gemeinsam zwei Stunden Zeit. Dann schreiben Sie beide kleine Veränderungsideen auf und besprechen sie miteinander. Mindestens drei von beiden müssen umgesetzt werden!

Falls dies nicht gelingt, sollten Sie gemeinsam Hilfe von aussen beiziehen. So kommen hoffentlich neben der Verbesserung der Gesprächskultur auch noch zusätzliche Ideen dazu. Und dann noch das leidige Thema mit den laufenden Rechnungen. Als erstes versichere ich Ihnen, dass die Leistungsfähigkeit von Ihnen allen dreien viel besser sein wird, wenn Sie für eine gute Stimmung untereinander sorgen.

Und ja, wenn das Einkommen trotz guter Leistungen einfach nicht ausreicht um die laufendenden Rechnungen zu bezahlen, dann muss entweder auf dem Betrieb etwas ver-ändert werden oder das Einkommen muss durch Nebenerwerbe ergänzt werden. Wer von Ihnen dreien könnte am ehesten Einkommen von aussen hereinholen?

Der Winter steht vor der Türe. Nutzen Sie die ruhigeren Monate für Strategiegespräche. Und zeihen Sie Beratungspersonen bei, wenn das Gespräch zwischen Ihnen nicht ins Rollen kommt.

Mehr Informationen: www.cornelrimle.ch