Frage: Ich, 28, habe Zimmermann gelernt und arbeite gerne auf diesem Beruf. Mein Bruder, 30, übernimmt nächstes Jahr den elterlichen Betrieb und wird mit der Familie vom Hof leben können. Er zahlt für den Hof mit Haus 900'000 Franken. Ich kann mir bei den heutigen Preisen vermutlich nie ein Einfamilienhaus leisten. Ist das gerecht?

Antwort: Sie sprechen ein heikles Thema an. Wenn man die beiden Kaufpreise anschaut, scheint es tatsächlich ziemlich ungerecht. Ich unterteile die Antwort in zwei Bereiche – den Handel zwischen den Eltern und dem Hofnachfolger und die Gleichberechtigung unter den Geschwistern.

Eltern und Nachfolger

Die Landwirtschaft bewegt sich in einem ganz anderen Preisfeld als die übrige Gesellschaft. Wohnen und Lebenskosten sind tiefer, aber auch der Lohn. Der Boden ist in der Schweiz knapp und die Bodenpreise steigen und steigen. Deshalb musste für die familieninterne Hofübernahme ein eigenes System entwickelt werden.

Wenn kein Kind den Hof übernimmt, kann man alles zu einem viel höheren Wert verkaufen. Das würde dann die Chance für ein mögliches Erbe aller Geschwistermassiv erhöhen.

In Ihrer Familie verkaufen die Eltern den Hof an einen Sohn. Dann gelten die Regeln des Ertragswertes.Der Ertragswert definiert einen realistischen Wert für den Übernehmer, um nachher mit normaler Bewirtschaftung des Betriebes davon leben zu können.

Das Berechnungssystem wird immer wieder den neuen Verhältnissen angepasst. Bei grösseren In-vestitionen in den letzten zehn Jahren wird der Wert verhältnismässig nach oben korrigiert, um die Investitionen unter den Generationen fair zu verteilen. 

Der Hofverkauf zu diesen Bedingungen ist in erster Linie ein Handel zwischen Ihren Eltern und IhremBruder. Im Idealfall lösen die Eltern genug für einen ruhigen Lebensabend.Wenn sie das Geld nicht aufbrauchen, dann ist der Rest normale Erbmasse.

Der Hofnachfolger schuldet seinen Geschwistern also nichts! Falls der Hofnach-folger den Hof oder Teile davon innerhalb einernormalen Generationszeit (25 Jahre) zu einem höheren Preis verkauft, haben die Geschwistern selbstverständlich ein Gewinnanspruchsrecht.

Gleichberechtigung

Sie haben recht. Sie müssen viel Geld verdienen, damit Sie sich bei den heutigen Bodenpreisen ein Haus kaufen können. Auf der anderen Seite müssen Sie auch eingestehen, dass Ihr Bruder vermutlich in seinem Berufsleben als Landwirt mehr Stunden zu einem massiv tieferen Stundenlohn arbeiten wird.

Jeder Beruf hat Vor- und Nachteile. Es ist hilfreich, wenn die Geschwister einen guten Kontakt untereinander pflegen und sich immer wieder über diese Vor- und Nachteile der verschiedenen Berufsmodelle austauschen.

Eine absolute Gleichberechtigung unter den Geschwistern erreicht man nie. Deshalb ist die beste Gleichberechtigung unter den Geschwistern, wenn alle Kinder lernen dürfen, was sie wollen. Nach der Ausbildung sollten alle Kinder auf eigenen Beinen stehen können und selber für ihr Glück die Verantwortung übernehmen.

Weitere Informationen: www.cornelrimle.ch