Frage: Ich, 50, möchte gerne mit meiner Frau vernünftige Gespräche führen können. Aber immer, wenn wir uns hinsetzen und versuchen zu reden, explodiert einer von uns beiden, schreit herum oder läuft davon. Wir machen einander nur noch Vorwürfe und dies geht schon lange so. Ich möchte gerne zusammen alt werden. Wie können wir wieder lernen, gute Gespräche zu führen?

Antwort: Wenn Gespräche nur aus Vorwürfen bestehen, ist es besser, wenn Sie sie abbrechen. Denn wenn Sie dort weitermachen, werden die Kränkungen nur noch heftiger. Selbstverständlich müssen Sie aber hinschauen und herausfinden, weshalb es eskaliert. Genau das machen Sie ja mit dieser Anfrage – mein Kompliment!

Die echten Bedürfnisse suchen

Wenn Sie also klärende Gespräche führen wollen, dann müssen beide herausfinden, weshalb Sie sich gegenseitig nicht verstanden fühlen. Sie müssen beide zuerst Ihre echten Bedürfnisse dahinter suchen und diese dann lernen, auszusprechen.

Anhand der Grafik unten erkläre ich Ihnen, wie Sie Ihre Gesprächskultur in drei Schritten verbessern können. Sie sind das «Ich» in der Mitte. Oben Links steht Ihre Partnerin. Wenn Sie ihr Vorwürfe machen, dann kritisieren Sie ihre ganze Person. Das nimmt ihr den «Boden unter den Füssen» weg.

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Nur themenbezogenes Verhalten kritisieren

Der erste Verbesserungsschritt ist also, wenn Sie nur das themenbezogene Verhalten kritisieren, das Sie im Moment nervt. Das hilft ihr, dass sie sich nicht als ganzer Mensch abgewertet fühlt, sondern nur ihr spezifisches Verhalten bei diesem Thema.

Noch besser ist es, wenn Sie im Moment der Wut erst einmal gar nichts sagen, sondern probieren, herauszufinden, was Sie in diesen Situationen wütend macht. Analysieren Sie einfach ihre Wut. Wenn Sie dann genau herausfinden, was Sie wütend macht, können Sie sich auf den Weg machen, Ihre Bedürfnisse hinter der Wut zu suchen.

Vielleicht nervt Sie ja, dass Ihre Partnerin dauernd Ferienhefte studiert, während Sie «in der Arbeit ertrinken». Bei dieser sorgfältigen Analyse finden Sie vielleicht heraus, dass Ihnen selbst Ferien auch gut tun würden. Im Moment der Überlastung machen Sie Ihrer Frau aber Vorwürfe, weil sie Reiseheftli studiert, statt Ihnen zu helfen.

Ich-Botschaften formulieren

Wenn beide auf die Suche nach echten Bedürfnissen gehen, können beide lernen, anstatt mit destruktiven Vorwürfen mit guten «Ich-Botschaften» über ihre Bedürfnisse zu reden. Dann können Sie sich auch wieder besser zuhören.

Ihre Partnerin träumt vielleicht vom Reisen, weil sie nicht immer nur arbeiten möchte. Sie selbst möchten vielleicht lieber zuerst die Arbeit erledigt haben, bevor Sie vom Reisen träumen. Menschen sind verschieden. Im Konflikt bekämpfen wir einander mit den unterschiedlichen Ansichten. Im sorgfältigen Gespräch lernen wir, einander mit den unterschiedlichen Bedürfnissen besser zu verstehen.