Am kommenden Montag kann Markus Ritter ein zehnjähriges Jubiläum feiern. Am 21. November 2012 wurde der Biolandwirt und CVP-Nationalrat zum Präsidenten des Schweizer Bauernverbands (SBV) gewählt.

Wenn Sie heute an Ihre Wahl zurückdenken, welche Erinnerungen kommen hoch?

Markus Ritter: Es war bis zum letzten Moment eine sehr spannende, sehr offene, aber auch faire Wahl. Mit der Wahl bin ich von der Arbeitsgeschwindigkeit her gesehen in einen Intercity-Zug eingestiegen, der bis heute mit enormem Tempo fährt.

Vor Ihrer Wahl haben Sie gegenüber der BauernZeitung gesagt, das Amt sei «eine der spannendsten Aufgaben». Hat sich dieser Eindruck bestätigt?

Ja, in jeder Form. Laufend neue und anspruchsvolle Herausforderungen, die unser ganzes strategisches, taktisches und fachliches Geschick erfordern. Es wird in der Tat nie langweilig.

Sie hatten damals auch angekündigt, als Integrationsfigur wirken zu wollen. Ist Ihnen das gelungen?

Dies ist und bleibt eine zentrale Aufgabe. Wir haben nur Erfolg, wenn wir am gleichen Strick in die gleiche Richtung ziehen. Dies geht nur, wenn wir sehr früh und sehr breit die Meinungsbildung in der Branche fördern und voran treiben. Es gilt, den gemeinsamen Nenner zu finden, den wir geschlossen vertreten können.

Bei Ihrer Wahl haben Sie gesagt, Ihr grösstes Anliegen sei es, die Einkommenssituation der Bauern zu verbessern – und dies bei einer guten Lebensqualität für die Bauernfamilien. Wie sieht hier Ihr Fazit aus?

Wir sind noch nicht am Ziel. Wir kommen aber Schritt um Schritt vorwärts. Der Erlös der Schweizer Landwirtschaft aus dem Produktverkauf ist die letzten zehn Jahre von rund 10 Milliarden auf mittlerweile 11,7 Milliarden Franken gestiegen. An der Steigerung der Wertschöpfung für unser Produkte müssen wir weiter arbeiten und dürfen nie nachlassen. Dies ist neben den Kosten der wichtigste Faktor für die Einkommensbildung. Dazu kommen die Direktzahlungen für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Diese sollen in gleicher Höhe auf rund 2,8 Mrd Franken erhalten bleiben.

Was waren für Sie die grössten Highlights und Tiefschläge in den letzten zehn Jahren?

Highlights gab es viele. Sicher die gewonnenen Volksabstimmungen zur Ernährungssicherheit und die Ablehnung verschiedener Volksinitiativen wie der Massentierhaltungs- und der Trinkwasser-Initiative. Auch freut es mich, dass wir über eine sehr schlagkräftige Mannschaft mit den Organen, mit den Mitarbeitenden, aber auch den Mitgliedsorganisationen verfügen. Hier brauchen wir in der Schweiz kaum einen Vergleich zu scheuen. Wir spüren auch ein grosses Vertrauen bei den vielen Gesprächen mit der Basis. Dies motiviert uns enorm. Tiefschläge gab es auch, aber in der Zahl waren es wenige. Wir haben diese umgehend besprochen, aufgearbeitet und die richtigen Lehren daraus gezogen.

Was gefällt Ihnen immer noch am Amt? Was sind die Schattenseiten?

Ich freue mich jeden Tag, diese Aufgabe ausführen zu dürfen. Es gibt keine interessantere Aufgabe in diesem Land. Die vielen Diskussionen zu den Märkten, zu politischen Themen, aber auch im Bereich der Kommunikation u. v. m. sind sehr spannend und fordernd. Gerne halte ich auch Referate und bin im direkten Kontakt zu den Bäuerinnen und Bauern. Was mich sicher beschäftigt, sind sehr belastende Entwicklungen für unsere Landwirtschaft, wie jene mit der starken Ausbreitung des Wolfes und dem damit einhergehenden hohen Verlust an Nutztieren. Dazu habe ich viele Rückmeldungen. Aber auch der enorme Aufwand auf den Betrieben, damit immer alles korrekt aufgeschrieben und dokumentiert ist, gibt mir zu denken. Darunter leiden viele Bäuerinnen und Bauern.

Wenn Sie einen Blick vorauswerfen auf die nächsten paar Jahre, was sind die grössten Herausforderungen, die Sie anpacken wollen? 

Wir müssen selber die Weichen für die Landwirtschaft aktiv stellen. Dazu gehören die politischen Themen, wie die Erarbeitung einer Ernährungspolitik über die ganze Wertschöpfungskette bis hin zum Konsumenten, in der die Agrarpolitik als wichtiges Element eingebettet ist. Wichtig sind mir in den kommenden Jahren aber vor allem auch die Märkte. Wir müssen noch offensiver agieren, damit wir den Teil an der Wertschöpfung bekommen, um unsere Kosten decken zu können. Daran führt kein Weg vorbei. Als Teil der Wirtschaftsallianz stellen wir uns zur Zeit auch politisch noch schlagkräftiger auf, damit wir Wahl- und Sachgeschäfte langfristig erfolgreich gestalten können.

Werden Sie das Jubiläum feiern?

Wie immer in grosser Bescheidenheit und Zurückhaltung. Mein Blick, zumindest im persönlichen Bereich ist immer nach vorne gerichtet. Auf die Aufgaben und wir diese erfolgreich meistern können. 

Sie sind wegen Ihrer Ämter sehr viel weg – ohne Ihre Frau, Kinder und Mitarbeitende wäre es wohl nicht gegangen die letzten zehn Jahre?

Ohne meine Familie und insbesondere meine Frau Heidi hätte ich die Aufgabe als SBV-Präsident nicht erfüllen können. Der grosse Dank gehört ihnen. Auch die Mitarbeitenden waren immer wichtig für uns.

Wie hat sich eigentlich die Situation auf Ihrem Hof in den letzten zehn Jahren verändert?

Wir sind heute auf unserem Betrieb in einer sehr glücklichen Lage. Der ältere Sohn Adrian  hat nach seiner Ausbildung zum Landmaschinenmechaniker die Zweitausbildung zum Landwirt EFZ absolviert. Der jüngere Sohn Daniel hat die Ausbildung zum Landwirt EFZ als Erstberuf abgeschlossen. Wir wollen nächstes Jahr einen Stallneubau realisieren. Die Baubewilligung ist am 3. November eingetroffen. Dabei sollen unsere Söhne dieses Projekt, das für die kommenden Jahrzehnte für unseren Betrieb wegweisend sein wird, gestalten können. Deshalb dürfen wir unseren Betrieb per 1. Januar 2023 an unsere Söhne in einer Gebrüdergemeinschaft weiter geben. Es ist für meine Frau und mich eine grosse Freude, dass unsere Söhne als junge und gut ausgebildete Fachleute unseren Betrieb weiter führen möchten. Wir werden in einem Teilzeitpensum auf dem Betrieb gerne weiterhin aktiv bleiben.