Ende März verlässt Direktor Jacques Bourgeois den SBV, seine Nachfolge tritt Martin Rufer an. Der 62 Freiburger mit Waadtländer Wurzeln hat das Amt seit 2002 ausgeübt. Wir haben ihm zum Abschied einige Fragen gestellt.

Herr Bourgeois, welche Entwicklungen waren in Ihrer Amtszeit besonders wichtig?

Jacques Bourgeois: Politisch hat es Veränderungen durch die vier AP-Reformen gegeben, begleitet von einem zunehmenden Rückzug des Staates und einer Verlagerung hin zu Direktzahlungen mit Finanzierung von Umwelt-, Tierschutz- und Dienstleistungen. Dazu kamen die Öffnung der Märkte und die Unterzeichnung zahlreicher Freihandelsabkommen. Die Gründung von Branchenorganisationen hat dazu beigetragen, die Interessen der Landwirtschaft in diesem zunehmend liberalisierten Kontext zu verteidigen.

Was war Ihre erste Aufgabe?

Meine erste Aufgabe war unter John Dupraz' Ägide die Gründung der Branchenorganisation Swiss Granum.

Welche wesentlichen Veränderungen gab es verbandsintern?

Der Verband hat sich professionalisiert, um effizienter zu werden. Kommunikation ist sehr wichtig geworden und das Präsidium öffnete sich den Frauen. Ich habe mich immer mit starken und kompetenten Persönlichkeiten umgeben, vor allem an den Abteilungsspitzen. Ich habe versucht, eine motivierende Unternehmenskultur zu etablieren, um ein kollektives Engagement innerhalb der SBV-Mitarbeitenden zu fördern. Ich glaube, dass diese Innenpolitik erfolgreich war und die Organisation in ihren Kämpfen gestärkt hat.

Welche Agrarreform ist Ihnen am nachhaltigsten in Erinnerung geblieben?

Die AP 14–17 brachte zahlreiche Umwelt- und Nachhaltigkeitsanforderungen. Die Landwirte mussten sich an einer ganzen Reihe neuer Programme beteiligen, um ihr Einkommen zu erhalten. Ich ziehe meinen Hut vor ihnen. Alle vier Jahre müssen sie den Betrieb ihrer Tätigkeit in Frage stellen, um die ihnen vom Gesetzgeber auferlegten Anforderungen zu erfüllen. Das ist die perverse Wirkung des Systems der Direktzahlungen: Wer zahlt, bestellt. Niedrigere Marktpreise für landwirtschaftliche Erzeugnisse haben zu einer zunehmenden Abhängigkeit von öffentlichen Beiträgen geführt.

Der SBV hat sich oft gegen die zunehmende Ökologisierung gewehrt, war das die richtige Strategie?

Der SBV ist nicht grundsätzlich gegen die Änderungen für mehr Ökologie. Aber diese müssen relevant sein und den Bauernfamilien Chancen bieten. Die Landwirtinnen sind sich bewusst, dass sie mit der Natur arbeiten müssen, nicht gegen sie. Fast 98% der Betriebe erfüllen die ÖLN-Normen, IP- und Bio-Produktion haben zugenommen, was das Interesse der Landwirte zeigt, für die Umwelt und die Tiere zu arbeiten. Die Bauern haben auch erhebliche Anstrengungen unternommen, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Antibiotika zu reduzieren. Welche anderen Sektoren zeigen so bemerkenswerte Verbesserungen?

Haben Sie sich als Romand von der Deutschschweizer Mehrheit in Ihren Projekten zeitweilig «gebremst» gefühlt?

Nein, nicht wirklich. Der SBV sorgt für nationalen Zusammenhalt, indem er für eine gute französischsprachige Vertretung in den Gremien sorgt. Dennoch muss anerkannt werden, dass die Empfindlichkeiten und die Probleme zwischen den Regionen verschieden sind.

Was waren die grössten Erfolge des SBV in den letzten zehn Jahren?

Die Einführung von Artikel 104a zur Ernährungssicherheit im Jahr 2017 mit fast 80% Ja-Stimmen, die Einführung eines glaubwürdigen Swissness-Gesetzes, das GVO-Moratorium und die beeindruckende Bauerndemo mit rund 10 000 Teilnehmenden in Bern 2015. Tatsächlich ist es uns seit mehr als zehn Jahren immer gelungen, die Vorschläge des Bundesrates zur Kürzung des Agrarbudgets zu kippen.

Wo hatten Sie Misserfolge?

Zweifellos bei der Industriemilch, auch wenn der SBV hier beschränkte Einflussmöglichkeiten hat. Ich bedauere, dass wir keine Lösungen für diesen Vorzeigesektor der Schweizer Landwirtschaft finden können. Ich hoffe, dass das Parlament beschliessen wird, die Vertragsvereinbarungen zwischen Milchproduzenten und -käufern zu verstärken. Ich bedaure auch, dass es uns nicht gelang, die Bürokratie zu vermindern, die für viele Betriebe überwältigend geworden ist.

Die Verbandsleitung steht immer wieder in der Kritik der Basis, sie sei zu politisiert. Was sagen Sie dazu?

Die Basis ignoriert oft unsere Aktivitäten, wir müssen unsere Arbeit und die Ergebnisse besser kommunizieren. Der SBV zieht Dialog und Verhandlungen den Knalleffekten vor. Wir suchen meist den gutschweizerischen Kompromiss, weil wir damit langfristig besser Ergebnisse erzielen werden. Aber wenn es nötig ist, sind wir bereit, die Basis zu mobilisieren. Es ist jedoch ein Druckinstrument, das seine Wirkung nur dann entfaltet, wenn wir es als letztes Mittel nutzen.

Der SBV unterstützt das Referendum gegen das Freihandelsabkommen mit Indonesien nicht. Viele Landwirte verstehen das nicht. Wie rechtfertigen Sie das?

Wir haben die von uns geforderten Garantien erhalten: Die Einfuhr von Palmöl wird von den derzeit vermarkteten Mengen abhängen, sie werden Nachhaltigkeitskriterien erfüllen müssen und gefährden die einheimische Rapsölproduktion nicht. Die Schweiz wird eingreifen können, wenn diese Anforderungen nicht erfüllt werden. Der SBV will sich nicht grundsätzlich gegen Palmöl stellen und Exportmöglichkeiten für andere Schweizer Wirtschaftssektoren blockieren.

Was ist mit dem Mercosur-Abkommen, ist der SBV bereit, es zu akzeptieren?

Wir kennen den Inhalt dieses Abkommens zum jetzigen Zeitpunkt nicht, daher können wir uns noch nicht positionieren. Sobald wir ein offizielles Dokument haben, werden wir es eingehend analysieren, mit der Priorität, die Interessen der Schweizer Produzenten zu wahren, denen ein solches Abkommen Konkurrenz bescheren könnte.

 

Freiburger mit Waadtländer Wurzeln

Der 62-jährige Jacques Bourgeois ist Ing. agr. HTL und sitzt seit 2007 für die FDP im Nationalrat. Der Freiburger mit Waadtländer Wurzeln war vor seiner Tätigkeit beim Schweizer Bauernverband Direktor des Verbands der Schweizerischen Gemüseproduzenten. Der passionierte Radfahrer stiess 1998 zum Schweizer Bauernverband und übernahm 2002 das Direktorium.