Es ist kein schöner Gedanke. Aber jedes Paar trennt sich einmal. Wenn nicht durch Scheidung, dann durch den Tod. Und spätestens dann stellt sich die Frage nach Dein und Mein – es kommt zu einer güterrechtlichen Auseinandersetzung. Und manchmal auch zu bösen Überraschungen und Streit. Bei Paaren mit einem Ehevertrag passiert das weniger. Zunehmend machen sich Bauernpaare in guten Zeiten über solche Dinge Gedanken, so an einem Online-Kurs zum Thema «Ehe- und Erbvertrag» am Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg.
Ehepaare sichern sich mit Ehevertrag gegenseitig ab
«Der Ehevertrag ist nach wie vor mit negativen Vorurteilen behaftet», sagte die Referentin Irene Koch, die als selbstständige Rechtsanwältin mit Praxis in Wohlen arbeitet. Sie hört beispielsweise, das sei nur etwas für reiche Leute, die ihr Vermögen schützen wollten. Oder es sei ein Knebelvertrag, damit ein Ehegatte leer ausgehe, wenn er davonlaufe.
Die Juristin hält dagegen: «Mit einem Ehevertrag kann sich ein Ehepaar gegenseitig absichern, etwa im Todesfall, es kann die Weiterführung des Landwirtschaftsbetriebs im Todes- und Scheidungsfall sichern oder eine friedliche Regelung für einen Scheidungsfall vorbahnen.»
Ehevertrag muss beurkundet werden
So bestehen beispielsweise folgende ehevertragliche Gestaltungsmöglichkeiten:
- Hof als Eigengut festlegen
- Finanzierung von Eigengut festhalten
- Mehrwertbeteiligung abändern
- Vorschlagsteilung abändern
Ein Ehevertrag ist nur gültig, wenn er durch einen Notar beurkundet wird. Er kann vor oder während der Ehe abgeschlossen werden. Die Wirkung kann auf das Datum der Eheschliessung zurückbezogen werden. Ohne Ehevertrag gilt automatisch die Errungenschaftsbeteiligung, mit Abstand der häufigste Güterstand. «Nicht nur, weil viele Paare keine Eheverträge haben, sondern auch, weil viele Paare mit Ehevertrag bei der Errungenschaftsbeteiligung bleiben, sie einfach nach ihren Bedürfnissen optimieren», sagt Irene Koch.
Errungenschaft wird mit dem Partner geteilt
Beim Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung werden die Vermögenswerte in Eigengut und Errungenschaft unterteilt. Zum Eigengut gehören alle Vermögenswerte, die in die Ehe eingebracht werden, dazu kommen Schenkungen oder Erbschaften im Verlauf der Ehe. Bei einer Auflösung der Ehe bekommt jeder Ehegatte sein Eigengut zurück. Die Errungenschaft jeder Person hingegen ist das, was sie während der Ehedauer aus der Arbeitstätigkeit erwirtschaftet hat, und das muss sie bei einer Auflösung mit ihrem Partner teilen.
Das ominöse Agrarkonto kann heikel sein
Im Alltag einer Ehe vermischt sich das Vermögen beider Ehegatten, besonders auf Bauernbetrieben: Einkommen fliesst auf ein gemeinsames Konto, ein Ehegatte investiert seine Errungenschaft in das Eigengut des anderen. Darum kommt es bei der Auflösung des Güterstands zu Ersatzforderungen und es gilt zu klären, was Eigengut ist und was Errungenschaft. «Es gibt heute noch Landwirtschafts-betriebe mit einem einzigen Konto, dem sogenannten Agrarkonto, über das alles läuft. Direktzahlungen, Getreidegeld, Futterrechnungen, Kranken- kasse, Ferien», sagt Irene Koch. «Wird das Vermögen beider Ehegatten derart vermischt, profitieren in einer strittigen Scheidung vor allem die Anwälte. In solchen Fällen Forderungen geltend zu machen und vor allem zu beweisen, ist enorm aufwendig.»
Wenn Geld an Wert verliert
Das Ertragswertprinzip macht die Situation in der Landwirtschaft noch komplexer. Denn alles eheliche Vermögen wird zum Verkehrswert berücksichtigt – ausser ein landwirtschaftliches Gewerbe, bei dem der viel tiefere Ertragswert gilt. Das führt salopp gesagt dazu, dass ein Franken, der in ein landwirtschaftliches Gewerbe investierter wird, keinen Franken mehr wert ist. Steckt der Besitzer eines landwirtschaftlichen Gewerbes sein Einkommen fortlaufend in Gebäude und Land, «vernichtet» er damit Geld, zumindest auf dem Papier.
Investiert hingegen seine Partnerin ihre Errungenschaft in den Betrieb, hat sie bei einer Auflösung der Partnerschaft Anrecht auf die Rückerstattung ihrer Investition zum Nominalwert. Dies kann einen Landwirtschaftsbetrieb bei einer Scheidung in Nöte bringen. Andererseits kann eine Frau, nachdem sie jahrelang ohne Lohn auf dem Hof mitgearbeitet hat, nach einer Scheidung auch mit leeren Händen dastehen, wenn der Betrieb verschuldet ist und sie ihre Investitionen nicht beweisen kann.
Über den Wert der Arbeit nachdenken
«Wie viel ist meine Arbeit auf dem Hof wert? Diesen Gedanken müssen sich Bauernehepaare machen», fordert Irene Koch darum. So beugen Sie bösen Überraschungen vor, mit oder ohne Ehevertrag.
Fragen aus dem bäuerlichen Ehealltag
Wenn ich meinen Kontoauszug vor der Hochzeit aufbewahre, habe ich das bis dahin Ersparte als Eigengut auf sicher?
Kein Problem, solange der Kontostand stabil ist oder steigt. Sinkt er unter den ursprünglichen Stand, wird es heikel. Am besten wird ein voreheliches Sparkonto stehen gelassen, dann ist das Eigengut eindeutig belegt.
Der Landwirtschaftsbetrieb gehört mir. Mein Partner hilft auf dem Betrieb mit, dafür übernehme ich den grösseren Betreuungsanteil unserer Kinder. Brauchen wir eine schriftliche Regelung?
Ehepaare sind selbstverständlich frei darin, Kinderbetreuungsleistungen und Mitarbeit auf dem Hof quasi miteinander zu verrechnen. Sofern die Mitarbeit auf dem Betrieb auf ein kleines Pensum beschränkt ist, erscheint eine solche Lösung auch aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht machbar.
Der Landwirtschaftsbetrieb gehört meinem Partner. Dabei arbeite ich ja auch mit, das ist doch nicht fair und ein Nachteil für mich?
Es muss kein Nachteil sein, wenn man auf dem Hof des Partners mitarbeitet, ohne dass der Hof einem ebenfalls gehört. In solchen Konstellationen ist es aber umso wichtiger, dass die Mitarbeit mit einem Lohn oder einem selbstständigen Erwerbseinkommen entschädigt wird und dass diese Entschädigung auf ein separates Konto ausbezahlt wird. Wird von diesem Konto später wieder in den Hof investiert, kommt es im Falle einer Scheidung zu einer Ersatzforderung zum Nominalwert. Investiert man aber in den eigenen Hof und kommt der Ertragswert zum Tragen, verlieren die Investitionen an Wert
Wir wollen als Paar klare und einfache Verhältnisse, darum vereinbaren wir Gütertrennung.
Gütertrennung ist häufig nur dann eine faire Sache, wenn beide Partner selbstständig sind und die Aufgaben gleichmässig verteilt sind. Lebt ein Ehepaar unter dem Güterstand der Gütertrennung und leistet ein Ehegatte Arbeit auf dem Hof oder kümmert sich ausschliesslich um Haushalt und Kinderbetreuung, erscheinen Lohnzahlungen für diese Leistungen nicht nur gerechtfertigt, sondern auch zwingend. Zu beachten ist ausserdem, dass die Gütertrennung nur dann einfach ist, wenn die Güter wirklich getrennt werden. Kommt es trotz Gütertrennung zu einer Vermischung der Vermögen beider Ehegatten, stellen sich bei einer Scheidung allenfalls schwierigere Fragen als bei einer Errungenschaftsbeteiligung